Es war tatsächlich, wie das neue geflügelte Wort sagt, ein Jahr des Schreckens, ein wahrliches annus horribilis. Für fast alle Banken und für die gesamte deutsche Wirtschaft, wahrscheinlich das schlechteste seit 50 Jahren.
Dennoch weigert sich der Bankenverband, von einer Bankenkrise zu sprechen. Das Wort Krise hat sein Präsident, Rolf-Ernst Breuer, zwar schon bei Amtsantritt in den Mund genommen, damals, im November 2001:
Die Strukturkrise ist ernsthafter, bedeutender und, wie ich denke, auch fundamentaler, als dies bisher wahrgenommen und realisiert worden ist.
Aber Krise ist offenbar nicht gleich Krise. Ein Jahr später differenzierte Breuer seine Position dahin, dass es zwar eine Kosten- und Ertragskrise gebe, dass die Zahlungsfähigkeit und damit die Stabilität des Bankensystems aber nicht gefährdet sei:
Die deutsche Kreditwirtschaft kämpft derzeit mit Ertrags- und Kostenproblemen. Was wir dagegen nicht haben, ist eine Krise im Sinne fehlender Liquidität oder gar mangelhafter Solvenz.
Wie sind die Banken in diese Situation gekommen ? An vielem haben sie selbst schuld, an vielem ihr Umfeld. Es ist fast gleich, in welche Industrie man hineinschaut, überall regieren Minusraten. In der Druckindustrie sind im vorigen Jahr die Umsätze um 4,8 Prozent gesunken. Und es war nicht das erste Jahr mit rückläufigem Geschäft in der Branche, weiß der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Druck und Medien, Thomas Mayer:
Bereits im Jahr 2001 hatte unsere Industrie einen Rückgang von 3,7 Prozent real zu verzeichnen. Es war also das zweite Jahr in Folge, dass die wirtschaftliche Entwicklung unserer Branche deutlich nach unten ging.
Und auch im Maschinenbau klingt mehr als deutlich durch, dass die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen vom Arbeitsrecht bis zur Steuerpolitik zumindest als Mit-Ursache des konjunkturellen Übels ausgemacht werden. Diether Klingelnberg, Präsident des Verbandes des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus:
Der Inlandsabsatz ist und bleibt der Pferdefuß, weil es uns nicht gelingt, investitionsfreundliche Reformen, vernünftige Rahmenbedingungen hier in Deutschland zu schaffen. Die Stimmung in den mittelständischen Unternehmen ist auf dem Nullpunkt. Wir verzeichnen eine sagenhafte Verunsicherung und einen Vertrauensverlust. Und das ist natürlich kein Wunder angesichts der Wirtschafts- und Steuerpolitik unserer Regierung.
Die Folgen der schlechten Konjunktur zeigen sich in der Pleitenstatistik. Die Auskunftei Creditrefom rechnet damit, dass die Insolvenzen, die damit verbundenen Arbeitsplatzverluste und die Vermögensschäden auch in diesem Jahr weiter zunehmen werden. Helmut Rödl, Hauptgeschäftsführer von Creditrefom:
Wir gehen davon aus, dass bei den Unternehmensinsolvenzen die Entwicklung weiter steigend sein wird. Das heißt, dass wir nach knapp 38.000 Fällen in diesem Jahr im nächsten Jahr mit zwischen 40.000 und 42.000 Insolvenzfällen rechnen, auf der Verbraucherseite mit zwischen 46.000 und 48.000 Insolvenzen, was bedeuten würde in der Summe: 86.000 bis 90.000 Insolvenzfälle im Jahre 2003.
Gerade dies, die Pleiten und Insolvenzen, zehren an der Substanz der Banken. Sie bekommen von den ausgeliehenen Krediten in der Regel – wenn überhaupt - nur kleine Teile zurück. Entsprechend wächst die Risikovorsorge: 1,3 Milliarden Euro – plus 42 Prozent bei der Commerzbank. 2,1 Milliarden – plus 104 Prozent bei der Deutschen Bank, 3,8 Milliarden Euro – plus 83 Prozent bei der Hypovereinsbank. Hinzu kommt, dass mit Börsengängen, Aktienhandel, Wertpapierverkäufen, Anlageberatung und Vermögensverwaltung derzeit nicht viel zu verdienen ist. Zumindest reicht es nicht, um die Einbrüche im Kreditgeschäft auszugleichen. Die ganzen großen Abteilungen, in denen Unternehmen bewertet, neu aufgeteilt und kombiniert, an die Börse gebracht oder sonst wie veräußert werden sollten, das ganze so genannte Investmentbanking also verdient seine Kosten derzeit nicht. Mark Wahrenburg, Professor für Bankbetriebslehre an der Universität Frankfurt, über die aktuelle Lage der Banken:
Wir haben zur Zeit zwei Verlustquellen gleichzeitig, nämlich den Wegfall der Einnahmen im Investmentbankinggeschäft durch die Flaute an den Aktienmärkten und gleichzeitig eine starke Erhöhung von Kreditausfällen.
Hoffnungen, dass zumindest die Börsensituation sich bessere, die Menschen wieder Aktien kauften oder Fonds, um für ihr Alter vorzusorgen, dass Banken und Versicherungen ihre Aktienbestände nicht weiter abwerten müssen, dass die Unternehmen die Aktie wieder als Finanzierungsinstrument erkennen, all diese Hoffnungen sterben schneller als dass sie aufkommen. Beispiel heute: Das bekannteste deutsche Konjunkturbarometer, der Ifo-Geschäftsklimaindex, ist acht Monate lang gefallen und heute erstmals wieder gestiegen. Die Beurteilung der Lage habe sich deutlich gebessert, teilte das Ifo-Institut mit, und die Geschäftserwartungen hätten sich zumindest leicht aufgehellt. Doch die Börse fiel auf ein Sieben-Jahrs-Tief, die Kurse krachten in einer Flut anderer, schlechter Nachrichten ein, wie Markus Schult heute im Deutschlandfunk berichtete:
Da ist zunächst die Irak-Krise. Heute morgen wurden den Börsianern auch die Spannungen in Fernost wieder bewusst gemacht oder, Unternehmensnachrichten: Bayer steht wegen des Lipobay-Skandals am Pranger, gegen die Telekom laufen Ermittlungen wegen der dritten Aktienplatzierung, gefälschte Bilanzen bei Ahold, und die Reihe ließe sich durchaus fortsetzen. Das alles erzeugte Verkaufsstimmung am Morgen. Und als der DAX dann den Tiefststand des vergangenen Jahres erreicht hatte, da gab es nach unten kein Halten mehr. Entnervt schleuderten viele Anleger ihre Papiere auf den Markt.
Von der Börse kann also einstweilen Besserung nicht kommen. Das Investmentbanking wird auf kurze Sicht die Banken nicht aus ihrer Kosten- und Ertragskrise herausbringen können, und auch nicht aus ihrer Strukturkrise. Die besteht darin, dass es in Deutschland ein Überangebot an Bankdienstleistungen gibt. Edgar Klein, Partner der Unternehmensberatung Deloitte Consulting:
Man kann 14.000 bis 15.000 Tankstellen in Deutschland finden. Man kann so um die 15.000, 16.000, 17.000 Bäckereifilialen in Deutschland finden. Aber man findet über 40.000 Bankfilialen in Deutschland. Das ist verdammt viel. Und das zeigt, dass entweder ein großer Bedarf an Bankprodukten da sein muss oder aber dieses Land einfach "overbankt" in Neudeutsch ist. Ich glaube eher, das zweite ist richtig. Das heißt, wir haben einen riesigen Apparat in der Fläche. Das hat auch damit zu tun, dass wir uns drei Banksysteme nebenher leisten. Das eine sind die bekannten Großbanken, Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerzbank, HypoVereinsbank-Gruppe zählen sicherlich dazu. Das andere sind die Sparkassen, die weitaus den größten Teil des Marktes bedienen und die Volksbanken-, Raiffeisen-Gruppe, die sicherlich auch einen sehr großen Teil bedienen, in Summe weitaus größer, als das, was die Großbanken haben. Vergleicht man diese Situation mit der Situation von Banken in anderen Ländern, dann sieht man, dass die dort stehenden Banken, dort verankerten Banken einen weitaus höheren Marktanteil haben als zum Beispiel eine Deutsche Bank, die eine der größten Banken der Welt ist, die wie hier in Deutschland so über 6 bis acht Prozent Marktanteil eigentlich nicht hinauskommt, also eher klein ist. Von der Warte her: Wir sind in einer Situation, wir leisten uns mehrere Banksysteme, wir leisten uns einen teuren Apparat und dieses in einem wirtschaftlich schwierigen Zeitraum.
Gut möglich, dass die Banken derzeit unter der Debatte über eine Bankenkrise nicht nur leiden, sondern auch davon profitieren. Denn sollte diese Debatte dazu führen, dass einige Kreditinstitute aufgeben – den Banken wäre es recht. Commerzbank-Vorstand Klaus-Peter Müller ist nicht der einzige, der einen verstärkten Fusionsprozess innerhalb der Sparkassen- und Genossenschaftsbankengruppe beobachtet, und daran knüpft er Hoffnungen:
Und dies lässt mich hoffen, dass der intellektuelle Elan dann an der Institutsgrenze nicht erschöpft wird, sondern auch den Weg zu größeren Lösungen findet. Gleichwohl gebietet es die realistische Einschätzung dieses Szenarios, daran nicht in den nächsten zwei bis drei Jahren glauben zu wollen. Ich fürchte, dass der Prozess länger wird. Aber immerhin, ich meine, ihnen berichten zu können, dass er begonnen hat.
Wer so redet, ist zwar selbst nicht vor Überraschungen und Übernahmen gefeit, doch wohl auch nicht Teil einer Systemkrise. Bundesbank-Vorstand Edgar Meister, Vorsitzender des Ausschusses für Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank, sagt, es gäbe auch keine Systemkrise. Er fasste seinen Bericht über das europäische Bankensystem gestern so zusammen:
Wir glauben fest daran, dass das europäische Bankensystem stark genug ist, um alle weiteren Schocks in seinem konjunkturellen Umfeld und im Umfeld der Finanzmärkte zu überstehen.
Darin schloss er ausdrücklich das deutsche Bankensystem mit ein, und all das gelte auch im Falle eines möglichen Krieges gegen den Irak.
Dennoch lautet in der augenblicklichen Lage die Devise bei den Kreditinstituten "Rette sich wer kann", egal aus welchem der drei Sektoren sie nun kommen. Denn alle fürchten, noch stärker in den Strudel fauler Kredite hineingezogen zu werden. Dass da auch mancher Kunde beginnt darüber nachzudenken, wie sicher seine Einlagen denn nun seien, ist nur verständlich. Doch darüber brauchen sich die Kunden keine Sorgen zu machen, beruhigt Professor Mark Wahrenburg:
Eine Bank kann durchaus insolvent gehen und vor dem Insolvenzrichter landen. Gleichzeitig brauchen sich die Spareinleger aber keine Sorgen zu machen, weil eine Einlagensicherungsinstitution für ihre Forderungen geradesteht.
Die Sparkassen als größte Säule sind durch die Anstaltslast gesichert. Denn die Gemeinden, Kreise und Länder, die sie gegründet haben, müssen ihre Funktionsweise in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sicherstellen, dazu gibt es die so genannte Gewährträgerhaftung. Auch bei der genossenschaftlichen Bankengruppe gibt es eine so genannte Institutssicherung. Seit Jahresanfang müssen die Volks- und Raiffeisenbanken sogar 1,75 Promille ihres Kreditvolumens an diese Einrichtung zahlen, damit den Instituten aus ihrer Gruppe, die in Schwierigkeiten geraten sollten, geholfen werden kann. Auch die privaten Banken verfügen über einen Einlagensicherungsfonds: Sie können ja nicht auf eine Genossenschaft oder den Staat zurückgreifen, wenn ihnen die Pleite drohen sollte. Dieser Fonds sichert die Guthaben der Kunden bis zu 30 Prozent des haftenden Eigenkapitals ab. Die Einlagensicherung gilt als eine der besten der Welt, die Kunden der Banken können also das Vertrauen haben, ihr Geld auch wiederzusehen. Doch das Zutrauen in die Banken, ihr Ruf hat gelitten, meint Edgar Klein, Partner der Unternehmensberatung Deloitte Consulting, und er sieht nur einen Weg, diesen Ruf wiederzugewinnen:
Wenn Banken natürlich jeden Tag mit Negativschlagzeilen im Markt sind, wird es sehr schwierig, und es werden Dinge miteinander vermischt. Das eine ist das Vertrauen: Kann ich jemandem mein Geld anvertrauen, und habe ich eine Chance es zurückzubekommen? Das andere ist die Reputation des Unternehmens. Und daran muss man, glaube ich, arbeiten. Dazu gehören, dass diese Unternehmen Gewinne machen. Dazu gehört sicherlich auch, dass die Unternehmen aus Negativ-Schlagzeilen herauskommen.
Leichter gesagt als getan: Die Großbanken haben zwar in einem Kraftakt versucht, die Vorsorge für ihre faulen Kredite so hochzufahren, dass im laufenden Jahr keine größeren Überraschungen mehr drohen dürften. So zeigt sich auch der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, recht zuversichtlich:
Bezüglich der Risikovorsorge im Kreditgeschäft gehen wir davon aus, dass der Höhepunkt im dritten Quartal 2002 überschritten worden ist. Wir denken, dass die Perspektiven für das laufende Geschäftsjahr besser sind als im letzten Jahr und gehen davon aus, dass selbst eine weitere Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation in Deutschland nur einen begrenzten Effekt auf unseren Risikovorsorgebedarf 2003 haben sollte.
Ackermanns Vorgänger Rolf Ernst Breuer, derzeit Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, weist den Eindruck jedoch von sich, die Banken könnten nach den Erfahrungen mit den vielen Insolvenzen vom Kreditgeschäft Abstand nehmen:
Ich sehe keinen Anlass und kein Anzeichen im privaten Bankgewerbe, dass dies anders wäre bei unseren Mitgliedern. Die Mitglieder des privaten Bankgewerbes sind nach wie vor daran interessiert, gutes, mittelständisches Kreditgeschäft weiterzubetreiben und neues zu akquirieren.
Die Betonung liegt hierbei wohl auf "gut": Denn eines ist klar: Die Banken versuchen ihr Kreditgeschäft neu zu strukturieren, und durchforsten ihr Kreditportfolio. Dabei bauen sie zwar Kreditvolumen ab, aber das nicht unbedingt nur in Deutschland, meint Breuer:
Dies ist nicht eine Tendenz, die sich auf den deutschen Mittelstand richtet - im Gegenteil, da nehmen unsere Kreditausreichungen zu -, sondern das ist eher zum Beispiel das Auslandskreditgeschäft und ähnliches, aus Gründen, die offensichtlich sind - Lateinamerika, etc. pp. Von daher, glaube ich, muss man die Kreditzahlen sehr aufmerksam daraufhin abklopfen: Sind sie in der Tat und nachhaltig auf deutsche Mittelstandszahlen, oder wird da zuviel in einen Topf geworfen.
Je internationaler eine deutsche Bank also arbeitet, desto größer sind auch ihre Risiken, der Enron-Skandal etwa hat auch die deutschen Banken getroffen. Die bestehenden Risiken versuchen sie zudem mehr und mehr aus der Bilanz auszulagern. So hat die Deutsche Bank angekündigt, in Zukunft alle Kredite an Großkonzerne mit Laufzeiten ab 180 Tagen auf dem Kapitalmarkt mit Derivaten abzusichern. Das bringt eine größere Sicherheit für die Bank, bedeutet aber für die Unternehmen, dass sie höhere Kreditkosten in Kauf nehmen müssen. Auch die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau versucht den Banken mit der Verbriefung von Krediten zu helfen, um sie zu entlasten, erläutert KfW-Chef Hans Reich:
Mit der Verbriefung übertragen wir die Ausfallrisiken von Mittelstandskrediten an den Kapitalmarkt. Dadurch kommt es bei den Kreditinstituten zu einer Risiko- und Eigenkapitalentlastung, so dass es ihnen wiederum ermöglicht wird, kleinen und mittelständischen Unternehmen neue Kredite zu gewähren.
Die Banken nehmen diese Hilfe der KfW gern an, doch vermuten Branchenkenner, dass sie diese Entlastung beim Eigenkapital zunächst einmal zu ihrer eigenen Konsolidierung nutzen, statt das gewonnene Eigenkapital wieder in neue Kredite an den Mittelstand zu geben. Diese Auslagerung an den Kapitalmarkt kann jedoch auch nur die guten Kredite betreffen, denn es dürfte kaum Investoren geben, die freiwillig in schlechte Bonitäten investieren. Großes Aufsehen erregte der Vorschlag von Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann, die faulen Kredite der schwächeren
Banken in einem Institut zu bündeln, neudeutsch also eine "bad bank" aufzumachen, für deren Ausfälle am Ende der Staat gerade stehen solle. Unterdessen wird dieses Konzept in Bankenkreisen eher als "Lachnummer" tituliert. Denn bisher hatten die privaten Banken immer die Entbürokratisierung verlangt, nun aber rufen sie plötzlich nach staatlichen Subventionen. Neben der Durchfrostung ihrer Kreditportfolien gehen die Banken aber auch daran, ihre Kosten zu reduzieren, und das heißt auch Abbau von Mitarbeitern. 30.000 mussten schon gehen, 100.000 könnten allein bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken noch folgen. Mit der Kostenreduzierung ist es aber nicht getan, meint Bankenspezialist Edgar Klein von Deloitte Consulting:
Man muss mehr Kunden haben. Und diese Kunden muss man auch besser auf die Systeme hineinbringen. Das wird so einfach nicht gehen. Man kann sicherlich versuchen durch Marketing-Maßnahmen mehr Kunden hineinzubringen, aber selbst im Fall der größten deutschen Bank, der Deutschen Bank, ist es so, dass man nicht mit 1 Million Kunden schon einen großen Schritt gemacht hat, sondern braucht etliche Millionen zusätzliche Kunden. Das heißt, im Endeffekt wird es hier zu der einen oder anderen Fusion kommen müssen, auch wenn alle derzeit zurückschrecken. Aber dieses Thema ist quasi unvermeidbar, wenn man einen starken deutschen Bankenstandort behalten will.
Von Fusionen wollen die deutschen Bankmanager in der jetzigen Lage nichts hören. Sie müssen aktuell ihre Bilanzen bereinigen, bevor der Blick frei wird für strategische Entscheidungen. Weil aber die deutsche Bankenlandschaft in die drei Säulen Sparkassen, Genossenschaftsbanken und private Banken gegliedert ist, wird es schwer sein, eine wirkliche Bereinigung des deutschen Bankenmarktes zu erreichen. Die Sparkassen etwa haben den öffentlichen Auftrag, die Bevölkerung und die kleinen Unternehmen mit Krediten zu versorgen, sie werden von der öffentlichen Hand für ihre Infrastrukturpolitik gebraucht. Auch die Volksbanken sehen ihre Aufgabe auf dem Land, meint Christoph Pleister, Präsident des Bundesverbandes der deutschen Volks- und Raiffeisenbanken:
Ich glaube sogar, dass wir eine sehr, sehr gute Zukunft haben, denn Deutschland ist ein dezentrales Land, auch in seiner Wirtschaftsstruktur. Der Mittelstand braucht seine Bankpartner weiterhin vor Ort.
Damit aber können die deutschen Großbanken nicht mithalten. Sie sind auf eine möglichst große Gewinnmarge angewiesen, während Sparkassen und Genossenschaftsbanken auch mit weniger Rendite auskommen und diese Konditionen an ihre Kunden weitergeben können. Der Wettbewerb ist für die deutschen Großbanken - zumindest auf dem Land - also kaum zu gewinnen. Auch deshalb müssen sie versuchen, ihre Stellung in ihrer Domäne, den Großkundenkrediten, zu stärken. Das Konzept der bad bank von Deutsche-Bank-Chef Ackermann könnte diesem Zweck gedient haben, vermutet man in Bankenkreisen, nämlich durch Verweis auf das schlechte Kreditportfolio der anderen das Vertrauen in die Konkurrenten zu untergraben und selbst besser dazustehen. Der Wettbewerb in Deutschland ist also beinhart. Zwar versuchen auch Sparkassen und Genossenschaftsbanken, ihre Kräfte zu bündeln. Aber an sektorübergreifenden Fusionen sind sie nicht interessiert. Das aber muss sich ändern, meint Edgar Klein von Deloitte Consulting, soll der deutsche Bankenmarkt bestand haben:
Ist eine Bank ein Unternehmen und schließlich in einem normalen Wettbewerb innerhalb von Europa, und lassen wir es zu oder ermöglichen wir den deutschen Banken zu überleben, oder erwarten wir, dass in mehreren Jahren vielleicht keine wesentliche deutsche Bank mehr existiert? Damit verlieren wir in Deutschland Handlungsfähigkeit. Wir müssen sicherlich irgendwann agieren. Dass die Verbände und auch zwischengeschalteten Unternehmen, die vielleicht im wesentlichen nur von Back-office-Tätigkeiten leben, dagegen sind, ist verständlich. Aber wir brauchen sicherlich eine Handlung hier. Wir müssen Veränderungen herbeiführen. Wir müssen diese Blockade beenden, damit die deutschen Banken eine Überlebenschance haben.
Wirtschaftlich mag das realistisch sein, ob es politisch durchsetzbar ist, scheint zweifelhaft. Der Staat mag das Konzept der "bad bank" ablehnen. Solange er aber am Drei-Säulen-System festhält, trifft auch ihn eine Mitverantwortung für den Zustand des deutschen Bankensektors.