Ihrem Ex-Oberbürgermeister Konrad Adenauer verdanken die Kölner die Entstehung des Grüngürtels. Auf politischer Ebene schuf er die die rechtlichen Vorraussetzungen und leitete somit die Entstehung der Grünanlagen inmitten des Großstadtrummels ein. Der von Adenauer engagierte Hamburger Stadtbaumleiter Fritz Schumacher erstellte hierfür einen Generalbebauungsplan, der den Inneren wie auch den Äußeren Grüngürtel umfasste. Um den Erhalt der Erholung spendenden Grünanlage zu sichern, gründeten die beiden Enkel Konrad Adenauers, Dr. Patrick Adenauer und Paul Bauwens-Adenauer, im Jahre 2004 die Kölner Grün-Stiftung. Beatrice Bülter, Geschäftsführerin der Stiftung, verrät mehr über die grüne Seite Kölns:
"Der äußere Grüngürtel wechselt sich ab, es ist ein sehr großes Grünsystem, 2000 ha insgesamt, ist städtebaulich ein ganz bedeutendes Gartenbaukunstwerk und dokumentiert auch die Gartenbaukunst vom 20. Jahrhundert sehr deutlich, ist einzigartig noch in Köln erhalten und das ist natürlich damals auch für die Erholungssuchenden geschaffen worden."
Der äußere Grüngürtel der Stadt ist heute fester Bestandteil des Stadtbildes. Nur die Wenigsten wissen aber, dass die nach dem Wiener Kongress 1815 preußisch gewordene Stadt Köln zur am besten befestigten Stadt ausgebaut worden ist. Der heutige äußere Ring der Stadt markiert den Verteidigungsgürtel jener Zeit. In den Jahren zwischen 1816 und 1913 diente diese aus 35 Forts und Zwischenwerken bestehende Mauer der Abwehr feindlicher Armeen – zum Einsatz kam sie aber nie. Nach den Bestimmungen des Versailler Vertrags mussten die Forts im Zuge der deutschen Abrüstung entfestigt werden. Dass sich bis heute noch Überreste der Festungsmauer erhalten konnten, ist ebenfalls dem ehemaligen Oberbürgermeister zu verdanken. Bülter:
"Dieser Grüngürtel wurde angelegt seinerzeit von Konrad Adenauer, der 1917 bis 1933 hier auch Oberbürgermeister in Köln war und es geschafft hat, dass diese ehemaligen Festungsringe nicht bebaut wurden."
Dabei wurden die ehemaligen Festungsanlagen umfunktioniert und es entstanden Erholungsplätze, Waldschulen, Sonnen- und Luftbäder und Sportanlagen. Eine solche Umnutzung zu einem Ort der Erholung hat auch am Fort VI, dem sog. Fort Deckstein, stattgefunden. Die Denkmalpflegerin und ehemalige stellvertretende Stadtkonservatorin Dr. Henriette Meynen beschäftigt sich schon viele Jahre mit der Geschichte der Kölner Forts und deren neuen Nutzungsmöglichkeiten:
"Das besondere an diesem Fort ist noch dazu, dass es eins der frühen ‚Grünen Forts’ ist. Das heißt, es war auf dem Dach begrünt, da lag ein Garten und zusätzlich war auch einer der Gräben als Felsengarten ausgebaut."
Namensgeber des Felsengartens sind die hier zu findenden Steinbrocken, die zwischen den unterschiedlichen Pflanzenarten ihren Platz haben. Auf ähnliche Steintrümmer trifft man auch hinter dem Eingangsbereich des Forts. Aber woher stammen diese Steintrümmer?
"Das sind die Trümmer, die gesprengt werden mussten für die Sprengung des Festungswerkes, das sind sozusagen Teile, sichtbare Teile als Überrest dieses Werkes. Solche Brocken haben wir dann im Felsengarten auch liegen, wo man dann sogar die Backsteine noch richtig sehen kann. Das ganze war mit unendlichen vielen Backsteinen gebaut, es hat mal jemand ausgerechnet, wie viel Millionen von Backsteinen für jedes Fort gebraucht werden. Ich kann die Zahl nicht behalten, es ist so, dass hier richtig eine Industrie entstand zur Fertigung von Backsteinen, um diese Forts in der Zwischenzeit von 1871 bis 1880 zu bauen. Es ist eine unendliche Menge, die dort produziert werden musste, was dort alles gemacht werden musste, das können wir uns heute nicht mehr vorstellen."
In den 30-er-Jahren wurde der ehemalige Fortgraben in das Grünkonzept der Stadt integriert und mit unterschiedlichen Pflanzenarten bepflanzt. Die gesprengten Steintrümmer reihten sich in das Grünkonzept harmonisch ein. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Gartenanlage immer mehr verkommen. 2001 versuchten Schüler des Hildegard-von-Bingen-Gymnasiums, den Garten wiederherzustellen und ihm seinen zur Erholung einladenden Charakter wiederzugeben. Dr. Meynen:
"Das war früher ein sehr schmucker Garten, von dem wir mehrere Bilder in Publikationen haben und als die Schüler hier anfingen, kam ein älterer Herr aus Lindenthal vorbei und sagte: ‚Was macht ihr denn hier?’, und da sagten die halt: ‚Wir wollen den Felsengarten wiederherstellen’. Da sagte er: ‚Oh ich habe noch ein Bild von mir, da stehe ich mitten drin auf dem Weg im Felsengarten, interessiert euch das?’ Und da hat er das Bildchen gebracht, das war mit ein Ansatzpunkt, wie man das verpflanzen sollte."
Aber nicht nur der Felsengarten kann heute wieder genutzt werden. Auch in den Mauern der so genannten Kehlkaserne, jenem Teil des Forts, der noch erhalten geblieben ist, finden heute zahlreiche Institutionen und Vereine Platz.
"Der obere Teil ist jetzt hier vorhanden, ist zu Teilen genutzt, zum Teil vom Kulturamt, hier sind teilweise Künstler drin, hier gibt es allerdings dann auch noch leere Räume, hier gibt es Räume, die vermietet werden, die die Bezirksverwaltung zur Vermietung stellt, da wird gefeiert, ich habe da schon einen Geburtstag erlebt, von jemand einen runden, da kann man alles möglich machen."
Wenn man eine Vorstellung erhalten möchte, wie die preußischen Forts konzipiert waren und auf welche Weise sie ihrer Funktion gerecht werden sollten, findet man in kurzer Entfernung im Zwischenwerk VIII b ein besonders gut erhaltenes Fort. Die wesentlich von Schleifungsmaßnahmen verschonte Anlage befindet sich im Ortsteil Marienburg und gilt als Kölner Festungsmuseum. Der hier ansässige Verein Cologne Research – Institute of Fortification Architecture bietet unter anderem Führungen an, bei denen die einzelnen Kasematten des Forts - so nennt man die einzelnen Räume einer solchen Anlage - vorgestellt werden. Auf diesem Weg wird die Kölner Geschichte erlebbar gemacht und der Erhalt des preußischen Forts ermöglicht.
"Deswegen arbeiten wir ja auch hier und verbringen also häufig unsere Samstage, indem wir die Räume aufräumen, begehbar machen, indem wir im Graben Unkraut oder Wildkräuter beseitigen, damit die geraden Linien dieses alten Zweckbauwerkes wieder zur Geltung kommen. Insofern haben wir uns also dem Denkmalschutz hier in erster Linie verschrieben",
erzählt Michael Oehlrich, einer der freien Mitarbeiter des Vereins. Die gesamte Anlage liefert zahlreiche Informationen zur Historie der preußischen Forts. Die Fassade der verbliebenen Kehlkaserne ist hier noch gut erhalten. Auch der ehemalige Flankengraben ist noch gut zu erkennen und veranschaulicht die Form, die allen preußischen Forts gegeben ist. Georg Ruppert, Mitglied des Vereins, kann den Aufbau der preußischen Forts und die Atmosphäre der damaligen Zeit beschreiben:
"Also, wir gehen jetzt mal in den Graben, in den linken Flankengraben, das war bei allen Forts so, die hatten ein Grabensystem, nicht, wie vielleicht viele denken mögen, wie bei Wasserburgen ein Wassergraben. Das waren Trockengraben, der sollte halt den Feind daran hindern, in das Kernwerk selbst hereinzukommen."
Dieses Vorhaben gestaltete sich tatsächlich sehr schwierig, denn dem Eindringling wurden viele Hindernisse in den Weg gestellt.
"Man muss sich es wirklich früher vorstellen, wenn man Feind war und ein solches Fort erstürmen wollte, musste man doch einige Hindernisse - und das gilt wirklich für alle preußischen Forts, ob es jetzt nun Ostpreußen oder natürlich hier in der Rheinprovinz – mussten sie wirklich einiges aufbringen, um in so ein Werk rein zukommen. Sie hatten mehrere Wallsysteme zu überwinden, und wenn sie dann mal tatsächlich am Graben waren, dann gab es noch einen Zaun, der relativ schwer war, der oberhalb der Mauer verlief und in den Graben rein. Das war auch nicht so einfach, denn hier gab es Hindernisse, Drahtverhaue, Stacheldraht und wenn man im Graben tatsächlich mal drin war, dann wurde man wahrscheinlich beschossen. Also, jeder Graben war verteidigt, durch unterschiedliche, in dem Graben befindliche - man nennt das so gennantes Kaponieren, das sind Schießschachtensysteme, wo Soldaten einen mit entsprechenden Gewehrsalven empfangen."
Der heute 2,50 m tiefe Graben war ursprünglich 4,50 m tief und verkörperte damit eines der Haupthindernisse für die feindlichen Truppen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Gräben mit Schutt aufgefüllt. Der im Zwischenwerk VIII b ansässige Geschichtsverein informiert aber nicht nur über die geschichtlichen Hintergründe der Forts, er setzt sich auch für den Erhalt der architektonischen Zeitzeugen der Preußenzeit ein. Die Mitglieder versuchen, das Fort wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuführen. Bei ihren Restaurationsarbeiten stießen sie auf einen außergewöhnlichen Fund. Georg Ruppert:
"Und dann entdeckte man eine - das ist wirklich erstaunlich und einzigartig in ganz Deutschland – eine Klappbrücke. Und diese Klappbrücke hat man wieder gangbar gemacht, das heißt, heute gehen Sie dort, wenn Sie im Eingangsbereich stehen, über Holzplanken und wenn Sie da mal genau hinschauen, ist das ein Teil einer Klappbrücke, die auch tatsächlich wieder funktioniert."
Die feindlichen Truppen wurden am Eingang eines solchen Forts also von einem großen Eisengitter, der Zugbrücke und einem Stahltor aufgehalten. Wie die heute noch funktionsfähige Klappbrücke das Betreten des dreifach geschützten Forts verhinderte, lässt sich durch den Erhalt des Reliktes gut rekonstruieren.
"Wenn die Brücke einmal hochgeklappt war und man in diese Grube fiel, hatte man Schwierigkeiten, wieder raus zu kommen, also alleine natürlich, und man wurde dort entweder mit Gewehrsalven oder vielleicht mit Handgranaten und anderen Gemeinheiten empfangen. Man hat rechts und links vom Eingang Schießschachten, in dem Fall nur an einer Seite um nicht dem so genannten ‚Friendly-Fire’ zu erliegen. Schießschachten waren immer asymmetrisch angebracht, so dass man sich nicht gegenseitig erschießen konnte. Aber es hat gereicht, um den Feind im Eingangsbereich zu bekämpfen."
Einige Kilometer entlang des Kölner Militärrings, in der Belvederestraße in Müngersdorf, trifft man auf einen weiteren Teil der ehemaligen preußischen Festungsmauer. An dem efeubedeckten Backsteingemäuer findet sich oberhalb des Eingangs eine hell verputzte Tafel, auf der in großen schwarzen Lettern zu lesen ist:
""Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit und neues Leben blüht aus den Ruinen.""
Das Zitat Friedrich Schillers verweist auf die Umnutzung des ehemaligen Forts und dessen historischen Wandel. In den 20er Jahren wurde das so genannte Zwischenwerk Va zu einem Schulbau umfunktioniert. Als eine der ersten Einrichtungen dieser Art entstand hier die "Frei- Luft- und Gartenschule", kurz FREILUGA, die den städtischen Kindern einen Naturunterricht vor Ort ermöglichte und ein schönes Beispiel für die Umnutzungsmöglichkeiten der preußischen Forts bildet. Hinter dem Eingangstor befindet sich ein tonnengewölbter Flur, an dessen Wand einst das heute stark beschädigte Profil des Rheintals hing. Wie das Gebäude steht auch das Profil unter Denkmalschutz. Der hier seit über 20 Jahren beschäftigte Lehrer Heinrich Knütgen erinnert sich gern an die Anfangszeit in der FREILUGA:
"Da kamen die Schüler früher hin, von der anderen Seite, kamen zu Fuß von Müngersdorf und wurden dann vom Lehrer auf der anderen Seite des Forts empfangen und erstmal in diesen Gang hineingeführt. Und dann stellten sie sich vor dieses Relief und dann hat er ihnen gezeigt, wo sind wir hier eigentlich. Ein ganz wichtiger Aspekt. Kinder einer Großstadt kennen vielleicht ihr eigenes Umfeld, aber die Stadt als großer Lebensraum ist, den jüngeren zumindest, noch unbekannt, weil sie ja kaum aus ihrem engeren Bereich herauskommen. Und da wird mal gezeigt: ‚So, jetzt seid ihr irgendwo hingefahren, zum Teil recht weit weg, und da sind wir jetzt.’"
Auch heute noch wird der erhaltene Teil des ehemaligen Forts genutzt.
"Es ist natürlich einmal, von der Funktion her hat es, ist das Gebäude als Aufenthaltsraum für das Gartenpersonal, als Werkstattraum und für die Toiletten. Es wird genutzt. Und ich denke, dass die alten Gebäude ohne Nutzung nicht überleben können. Das ist das Problem: Welcher Art Nutzung führt man sie zu? Und unser Zwischenwerk V a hatte permanent seit den 20er-Jahren die Nutzung hier als Gebäude in der FREILUGA, in der 'Frei- Luft- und Gartenschule’. Zum Teil haben über die Jahrzehnte Gärtner darin gewohnt, war also eine Wohnung darin eingerichtet. Das Problem ist allerdings, dass diese Gebäude bei ihrem Bau nicht isoliert wurden gegen aufsteigende und seitliche Feuchtigkeit und das ist das Problem aller Forts in Köln."
Die Schulkinder kümmert der schlechte Zustand des Forts ihrer FREILUGA nicht. Sie kommen immer wieder gerne hierher und freuen sich, auf diesem Weg mehr über die Natur und ihre Erzeugnisse zu erfahren. Hier steht also das Konzept der Freiluftschule im Vordergrund und Lehrer Knütgen freut sich über den großen Zulauf und die Reaktionen der Schüler:
"Es ist schön! Das ist also eine emotionale Freude auch, weil sie so etwas ja aus ihrem häuslichen Bereich nicht kennen. Es gibt Schüler, - das hängt auch ein bisschen davon ab, aus welchem Stadtteil die Kinder kommen - die haben Gärten, entweder einen Hausgarten oder irgendwo einen Schrebergarten. Die sind aber sehr unterschiedlich gestaltet, mal phantasievoll, mal weniger. Und das macht schon einen Eindruck auf die Kinder, wenn sie hier sehen, wie eine Art Kulisse, wie eine Bühne ist der Garten vor einem mit verschiedenen Pflanzen und Bäumen im Hintergrund. Das ist in der Art und Weise neu."
In dem an der Rückseite angelegten Garten finden sich zahlreiche Gemüse-, Obst-, Getreidesorten, Staudenbeete der einzelnen Pflanzenfamilien und sogar Biotopanlagen. Am Rohprodukt können die Stadtkinder sehen und lernen, wie die ihnen oft nur im Fertigzustand bekannten Lebensmittel wachsen und wie sie verarbeitet werden. Lehrer Knütgen begeht mit seinen Schülern die Gartenanlage, erklärt ihnen, was sie hier alles sehen können und in welchen Produkten die einzelnen Rohprodukte enthalten sind. Die Kinder können aber auch selbst tätig werden, indem sie anpflanzen und ernten können. Knütgen:
"Das eigentliche Tun, was auch Schüler noch machen, das ist aber mit den Tätigkeiten, die ich eben beschrieben habe, möglich. Und kommt sehr gut an und ich denke, der Lerneffekt und auch mal sich bewusst zu machen, was alles hinter so einem fertigen Produkt wie Mehl, das man dann kauft, steht, das, denke ich, ist nach wie vor wichtig."
Bedarf gibt es dabei allemal. Den Stadtkindern ist oft nicht bekannt, auf welche Weise die Produkte, die sie zu Hause in der Küche der Eltern oder im Supermarkt finden, von der Natur hervorgebracht werden. Das findet Knütgen häufig bestätigt, wenn er mit den Schulklassen den Garten der FREILUGA begeht:
"Wir haben also schon im Einzelfall, bei der Suche nach dem Kartoffelnfeld, die Kinder mit erhobenem Kopf herumlaufen sehen, weil sie dachten, Kartoffeln würden an hohen Sträuchern wachsen. Das sind so die Kleinigkeiten, die einen dann immer wieder erstaunen."
Um diesen Irrtum aus der Welt zu schaffen, lernen sie hier, wie Kartoffeln angebaut werden und können diese auch selbst ernten. Beim Kartoffelfeuer sitzen die Kinder zusammen, braten und essen die von ihnen angebauten Kartoffeln. Bei den Kindern findet diese Form des Unterrichts auf altem, aber kaum bekannten hitorischen Boden jedenfalls großen Zuspruch.
"Der äußere Grüngürtel wechselt sich ab, es ist ein sehr großes Grünsystem, 2000 ha insgesamt, ist städtebaulich ein ganz bedeutendes Gartenbaukunstwerk und dokumentiert auch die Gartenbaukunst vom 20. Jahrhundert sehr deutlich, ist einzigartig noch in Köln erhalten und das ist natürlich damals auch für die Erholungssuchenden geschaffen worden."
Der äußere Grüngürtel der Stadt ist heute fester Bestandteil des Stadtbildes. Nur die Wenigsten wissen aber, dass die nach dem Wiener Kongress 1815 preußisch gewordene Stadt Köln zur am besten befestigten Stadt ausgebaut worden ist. Der heutige äußere Ring der Stadt markiert den Verteidigungsgürtel jener Zeit. In den Jahren zwischen 1816 und 1913 diente diese aus 35 Forts und Zwischenwerken bestehende Mauer der Abwehr feindlicher Armeen – zum Einsatz kam sie aber nie. Nach den Bestimmungen des Versailler Vertrags mussten die Forts im Zuge der deutschen Abrüstung entfestigt werden. Dass sich bis heute noch Überreste der Festungsmauer erhalten konnten, ist ebenfalls dem ehemaligen Oberbürgermeister zu verdanken. Bülter:
"Dieser Grüngürtel wurde angelegt seinerzeit von Konrad Adenauer, der 1917 bis 1933 hier auch Oberbürgermeister in Köln war und es geschafft hat, dass diese ehemaligen Festungsringe nicht bebaut wurden."
Dabei wurden die ehemaligen Festungsanlagen umfunktioniert und es entstanden Erholungsplätze, Waldschulen, Sonnen- und Luftbäder und Sportanlagen. Eine solche Umnutzung zu einem Ort der Erholung hat auch am Fort VI, dem sog. Fort Deckstein, stattgefunden. Die Denkmalpflegerin und ehemalige stellvertretende Stadtkonservatorin Dr. Henriette Meynen beschäftigt sich schon viele Jahre mit der Geschichte der Kölner Forts und deren neuen Nutzungsmöglichkeiten:
"Das besondere an diesem Fort ist noch dazu, dass es eins der frühen ‚Grünen Forts’ ist. Das heißt, es war auf dem Dach begrünt, da lag ein Garten und zusätzlich war auch einer der Gräben als Felsengarten ausgebaut."
Namensgeber des Felsengartens sind die hier zu findenden Steinbrocken, die zwischen den unterschiedlichen Pflanzenarten ihren Platz haben. Auf ähnliche Steintrümmer trifft man auch hinter dem Eingangsbereich des Forts. Aber woher stammen diese Steintrümmer?
"Das sind die Trümmer, die gesprengt werden mussten für die Sprengung des Festungswerkes, das sind sozusagen Teile, sichtbare Teile als Überrest dieses Werkes. Solche Brocken haben wir dann im Felsengarten auch liegen, wo man dann sogar die Backsteine noch richtig sehen kann. Das ganze war mit unendlichen vielen Backsteinen gebaut, es hat mal jemand ausgerechnet, wie viel Millionen von Backsteinen für jedes Fort gebraucht werden. Ich kann die Zahl nicht behalten, es ist so, dass hier richtig eine Industrie entstand zur Fertigung von Backsteinen, um diese Forts in der Zwischenzeit von 1871 bis 1880 zu bauen. Es ist eine unendliche Menge, die dort produziert werden musste, was dort alles gemacht werden musste, das können wir uns heute nicht mehr vorstellen."
In den 30-er-Jahren wurde der ehemalige Fortgraben in das Grünkonzept der Stadt integriert und mit unterschiedlichen Pflanzenarten bepflanzt. Die gesprengten Steintrümmer reihten sich in das Grünkonzept harmonisch ein. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Gartenanlage immer mehr verkommen. 2001 versuchten Schüler des Hildegard-von-Bingen-Gymnasiums, den Garten wiederherzustellen und ihm seinen zur Erholung einladenden Charakter wiederzugeben. Dr. Meynen:
"Das war früher ein sehr schmucker Garten, von dem wir mehrere Bilder in Publikationen haben und als die Schüler hier anfingen, kam ein älterer Herr aus Lindenthal vorbei und sagte: ‚Was macht ihr denn hier?’, und da sagten die halt: ‚Wir wollen den Felsengarten wiederherstellen’. Da sagte er: ‚Oh ich habe noch ein Bild von mir, da stehe ich mitten drin auf dem Weg im Felsengarten, interessiert euch das?’ Und da hat er das Bildchen gebracht, das war mit ein Ansatzpunkt, wie man das verpflanzen sollte."
Aber nicht nur der Felsengarten kann heute wieder genutzt werden. Auch in den Mauern der so genannten Kehlkaserne, jenem Teil des Forts, der noch erhalten geblieben ist, finden heute zahlreiche Institutionen und Vereine Platz.
"Der obere Teil ist jetzt hier vorhanden, ist zu Teilen genutzt, zum Teil vom Kulturamt, hier sind teilweise Künstler drin, hier gibt es allerdings dann auch noch leere Räume, hier gibt es Räume, die vermietet werden, die die Bezirksverwaltung zur Vermietung stellt, da wird gefeiert, ich habe da schon einen Geburtstag erlebt, von jemand einen runden, da kann man alles möglich machen."
Wenn man eine Vorstellung erhalten möchte, wie die preußischen Forts konzipiert waren und auf welche Weise sie ihrer Funktion gerecht werden sollten, findet man in kurzer Entfernung im Zwischenwerk VIII b ein besonders gut erhaltenes Fort. Die wesentlich von Schleifungsmaßnahmen verschonte Anlage befindet sich im Ortsteil Marienburg und gilt als Kölner Festungsmuseum. Der hier ansässige Verein Cologne Research – Institute of Fortification Architecture bietet unter anderem Führungen an, bei denen die einzelnen Kasematten des Forts - so nennt man die einzelnen Räume einer solchen Anlage - vorgestellt werden. Auf diesem Weg wird die Kölner Geschichte erlebbar gemacht und der Erhalt des preußischen Forts ermöglicht.
"Deswegen arbeiten wir ja auch hier und verbringen also häufig unsere Samstage, indem wir die Räume aufräumen, begehbar machen, indem wir im Graben Unkraut oder Wildkräuter beseitigen, damit die geraden Linien dieses alten Zweckbauwerkes wieder zur Geltung kommen. Insofern haben wir uns also dem Denkmalschutz hier in erster Linie verschrieben",
erzählt Michael Oehlrich, einer der freien Mitarbeiter des Vereins. Die gesamte Anlage liefert zahlreiche Informationen zur Historie der preußischen Forts. Die Fassade der verbliebenen Kehlkaserne ist hier noch gut erhalten. Auch der ehemalige Flankengraben ist noch gut zu erkennen und veranschaulicht die Form, die allen preußischen Forts gegeben ist. Georg Ruppert, Mitglied des Vereins, kann den Aufbau der preußischen Forts und die Atmosphäre der damaligen Zeit beschreiben:
"Also, wir gehen jetzt mal in den Graben, in den linken Flankengraben, das war bei allen Forts so, die hatten ein Grabensystem, nicht, wie vielleicht viele denken mögen, wie bei Wasserburgen ein Wassergraben. Das waren Trockengraben, der sollte halt den Feind daran hindern, in das Kernwerk selbst hereinzukommen."
Dieses Vorhaben gestaltete sich tatsächlich sehr schwierig, denn dem Eindringling wurden viele Hindernisse in den Weg gestellt.
"Man muss sich es wirklich früher vorstellen, wenn man Feind war und ein solches Fort erstürmen wollte, musste man doch einige Hindernisse - und das gilt wirklich für alle preußischen Forts, ob es jetzt nun Ostpreußen oder natürlich hier in der Rheinprovinz – mussten sie wirklich einiges aufbringen, um in so ein Werk rein zukommen. Sie hatten mehrere Wallsysteme zu überwinden, und wenn sie dann mal tatsächlich am Graben waren, dann gab es noch einen Zaun, der relativ schwer war, der oberhalb der Mauer verlief und in den Graben rein. Das war auch nicht so einfach, denn hier gab es Hindernisse, Drahtverhaue, Stacheldraht und wenn man im Graben tatsächlich mal drin war, dann wurde man wahrscheinlich beschossen. Also, jeder Graben war verteidigt, durch unterschiedliche, in dem Graben befindliche - man nennt das so gennantes Kaponieren, das sind Schießschachtensysteme, wo Soldaten einen mit entsprechenden Gewehrsalven empfangen."
Der heute 2,50 m tiefe Graben war ursprünglich 4,50 m tief und verkörperte damit eines der Haupthindernisse für die feindlichen Truppen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Gräben mit Schutt aufgefüllt. Der im Zwischenwerk VIII b ansässige Geschichtsverein informiert aber nicht nur über die geschichtlichen Hintergründe der Forts, er setzt sich auch für den Erhalt der architektonischen Zeitzeugen der Preußenzeit ein. Die Mitglieder versuchen, das Fort wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuführen. Bei ihren Restaurationsarbeiten stießen sie auf einen außergewöhnlichen Fund. Georg Ruppert:
"Und dann entdeckte man eine - das ist wirklich erstaunlich und einzigartig in ganz Deutschland – eine Klappbrücke. Und diese Klappbrücke hat man wieder gangbar gemacht, das heißt, heute gehen Sie dort, wenn Sie im Eingangsbereich stehen, über Holzplanken und wenn Sie da mal genau hinschauen, ist das ein Teil einer Klappbrücke, die auch tatsächlich wieder funktioniert."
Die feindlichen Truppen wurden am Eingang eines solchen Forts also von einem großen Eisengitter, der Zugbrücke und einem Stahltor aufgehalten. Wie die heute noch funktionsfähige Klappbrücke das Betreten des dreifach geschützten Forts verhinderte, lässt sich durch den Erhalt des Reliktes gut rekonstruieren.
"Wenn die Brücke einmal hochgeklappt war und man in diese Grube fiel, hatte man Schwierigkeiten, wieder raus zu kommen, also alleine natürlich, und man wurde dort entweder mit Gewehrsalven oder vielleicht mit Handgranaten und anderen Gemeinheiten empfangen. Man hat rechts und links vom Eingang Schießschachten, in dem Fall nur an einer Seite um nicht dem so genannten ‚Friendly-Fire’ zu erliegen. Schießschachten waren immer asymmetrisch angebracht, so dass man sich nicht gegenseitig erschießen konnte. Aber es hat gereicht, um den Feind im Eingangsbereich zu bekämpfen."
Einige Kilometer entlang des Kölner Militärrings, in der Belvederestraße in Müngersdorf, trifft man auf einen weiteren Teil der ehemaligen preußischen Festungsmauer. An dem efeubedeckten Backsteingemäuer findet sich oberhalb des Eingangs eine hell verputzte Tafel, auf der in großen schwarzen Lettern zu lesen ist:
""Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit und neues Leben blüht aus den Ruinen.""
Das Zitat Friedrich Schillers verweist auf die Umnutzung des ehemaligen Forts und dessen historischen Wandel. In den 20er Jahren wurde das so genannte Zwischenwerk Va zu einem Schulbau umfunktioniert. Als eine der ersten Einrichtungen dieser Art entstand hier die "Frei- Luft- und Gartenschule", kurz FREILUGA, die den städtischen Kindern einen Naturunterricht vor Ort ermöglichte und ein schönes Beispiel für die Umnutzungsmöglichkeiten der preußischen Forts bildet. Hinter dem Eingangstor befindet sich ein tonnengewölbter Flur, an dessen Wand einst das heute stark beschädigte Profil des Rheintals hing. Wie das Gebäude steht auch das Profil unter Denkmalschutz. Der hier seit über 20 Jahren beschäftigte Lehrer Heinrich Knütgen erinnert sich gern an die Anfangszeit in der FREILUGA:
"Da kamen die Schüler früher hin, von der anderen Seite, kamen zu Fuß von Müngersdorf und wurden dann vom Lehrer auf der anderen Seite des Forts empfangen und erstmal in diesen Gang hineingeführt. Und dann stellten sie sich vor dieses Relief und dann hat er ihnen gezeigt, wo sind wir hier eigentlich. Ein ganz wichtiger Aspekt. Kinder einer Großstadt kennen vielleicht ihr eigenes Umfeld, aber die Stadt als großer Lebensraum ist, den jüngeren zumindest, noch unbekannt, weil sie ja kaum aus ihrem engeren Bereich herauskommen. Und da wird mal gezeigt: ‚So, jetzt seid ihr irgendwo hingefahren, zum Teil recht weit weg, und da sind wir jetzt.’"
Auch heute noch wird der erhaltene Teil des ehemaligen Forts genutzt.
"Es ist natürlich einmal, von der Funktion her hat es, ist das Gebäude als Aufenthaltsraum für das Gartenpersonal, als Werkstattraum und für die Toiletten. Es wird genutzt. Und ich denke, dass die alten Gebäude ohne Nutzung nicht überleben können. Das ist das Problem: Welcher Art Nutzung führt man sie zu? Und unser Zwischenwerk V a hatte permanent seit den 20er-Jahren die Nutzung hier als Gebäude in der FREILUGA, in der 'Frei- Luft- und Gartenschule’. Zum Teil haben über die Jahrzehnte Gärtner darin gewohnt, war also eine Wohnung darin eingerichtet. Das Problem ist allerdings, dass diese Gebäude bei ihrem Bau nicht isoliert wurden gegen aufsteigende und seitliche Feuchtigkeit und das ist das Problem aller Forts in Köln."
Die Schulkinder kümmert der schlechte Zustand des Forts ihrer FREILUGA nicht. Sie kommen immer wieder gerne hierher und freuen sich, auf diesem Weg mehr über die Natur und ihre Erzeugnisse zu erfahren. Hier steht also das Konzept der Freiluftschule im Vordergrund und Lehrer Knütgen freut sich über den großen Zulauf und die Reaktionen der Schüler:
"Es ist schön! Das ist also eine emotionale Freude auch, weil sie so etwas ja aus ihrem häuslichen Bereich nicht kennen. Es gibt Schüler, - das hängt auch ein bisschen davon ab, aus welchem Stadtteil die Kinder kommen - die haben Gärten, entweder einen Hausgarten oder irgendwo einen Schrebergarten. Die sind aber sehr unterschiedlich gestaltet, mal phantasievoll, mal weniger. Und das macht schon einen Eindruck auf die Kinder, wenn sie hier sehen, wie eine Art Kulisse, wie eine Bühne ist der Garten vor einem mit verschiedenen Pflanzen und Bäumen im Hintergrund. Das ist in der Art und Weise neu."
In dem an der Rückseite angelegten Garten finden sich zahlreiche Gemüse-, Obst-, Getreidesorten, Staudenbeete der einzelnen Pflanzenfamilien und sogar Biotopanlagen. Am Rohprodukt können die Stadtkinder sehen und lernen, wie die ihnen oft nur im Fertigzustand bekannten Lebensmittel wachsen und wie sie verarbeitet werden. Lehrer Knütgen begeht mit seinen Schülern die Gartenanlage, erklärt ihnen, was sie hier alles sehen können und in welchen Produkten die einzelnen Rohprodukte enthalten sind. Die Kinder können aber auch selbst tätig werden, indem sie anpflanzen und ernten können. Knütgen:
"Das eigentliche Tun, was auch Schüler noch machen, das ist aber mit den Tätigkeiten, die ich eben beschrieben habe, möglich. Und kommt sehr gut an und ich denke, der Lerneffekt und auch mal sich bewusst zu machen, was alles hinter so einem fertigen Produkt wie Mehl, das man dann kauft, steht, das, denke ich, ist nach wie vor wichtig."
Bedarf gibt es dabei allemal. Den Stadtkindern ist oft nicht bekannt, auf welche Weise die Produkte, die sie zu Hause in der Küche der Eltern oder im Supermarkt finden, von der Natur hervorgebracht werden. Das findet Knütgen häufig bestätigt, wenn er mit den Schulklassen den Garten der FREILUGA begeht:
"Wir haben also schon im Einzelfall, bei der Suche nach dem Kartoffelnfeld, die Kinder mit erhobenem Kopf herumlaufen sehen, weil sie dachten, Kartoffeln würden an hohen Sträuchern wachsen. Das sind so die Kleinigkeiten, die einen dann immer wieder erstaunen."
Um diesen Irrtum aus der Welt zu schaffen, lernen sie hier, wie Kartoffeln angebaut werden und können diese auch selbst ernten. Beim Kartoffelfeuer sitzen die Kinder zusammen, braten und essen die von ihnen angebauten Kartoffeln. Bei den Kindern findet diese Form des Unterrichts auf altem, aber kaum bekannten hitorischen Boden jedenfalls großen Zuspruch.
