Archiv


Stillgelegte Flächen in Gefahr

Um Überproduktion zu vermeiden, sind Landwirte dazu angehalten, Flächen stillzulegen. Rund 700.000 Hektar Land sind von der agrarischen Nutzung ausgenommen, doch um Prämien zu bekommen, müssen die Besitzer sie mindestens ein Mal im Jahr abmähen. Aus Sicht der Tierwelt sind Stilllegungsflächen ein Rückzugsraum, doch dieser Rückzugsraum ist bedroht.

Von Philip Banse |
    Der Naturschutzbund und die Deutsche Wildtierstiftung sind alarmiert: Denn in dieser Woche beraten Ausschüsse des Bundesrats über eine Initiative der Länder Hessen und Baden-Württemberg. Die beiden Länder wollen die Sperrfristen für so genannte Stilllegungsflächen abschaffen. Das klingt kompliziert, ist aber recht einfach: Bestimmte Subventionen bekommen Landwirte nur, wenn sie eine Flächen brach liegen lassen und pflegen. Das soll Überproduktion verhindern, aber auch die ökologische Vielfalt fördern. In einem bestimmten Zeitraum dürfen die Bauern deshalb diese Stilllegungsflächen nicht bewirtschaften, um brütende Tiere nicht zu gefährden. Diese Sperrfrist dauert derzeit vom 1. April bis zum 15. Juli. Baden-Württemberg will diese Sperrfrist abschaffen. Das kritisiert Hilmar Freiherr v. Münchhausen, Geschäftsführer Naturschutz und Umweltpolitik bei der Deutschen Wildtierstiftung:

    " Dieser Sperrzeitraum dient dem Schutz von Wildtieren während der Brut und Aufzuchtszeit die legen da gerade ihre Eier in der Zeit, die brüten ihre Jungen aus. Und jetzt wird zugelassen, dass der Landwirt wieder mit der Mulchmaschine ankommt und diese Gelege vernichtet. "

    Die beiden Bundesländer argumentieren: Durch die strikte Schonzeit hätten viele Bauern auf den Brachflächen ein Unkrautproblem, kämen nicht mehr auf die Felder, um sie wie verlangt zu pflegen. Vor allem die Ackerkratzdiestel mache den Landwirten das Leben schwer. Kein Grund die Schonfrist für Brachflächen abzuschaffen, sagt Hilmar Freiherr v. Münchhausen von der Wildtierstiftung.
    " Wenn ein Landwirt ein Distelproblem hat, kann erschon heute mit der jetzt gültigen Regelung eine Ausnahmegenehmigung beantragen, um dann diese Distelhorste auszumulchen. Insofern sehen wir überhaupt keinen Handlungsbedarf. "

    Solche Ausnahmegenehmigungen, sagte eine Sprecherin des baden-württembergischen Landwirtschaftsministeriums heute Morgen, seien zu bürokratisch. Jedes mal müssten drei Behörden zum Feld fahren, der Aufwand sei zu hoch. Baden-Württemberg favorisiert für eine individuelle Regelung. Die Bauern wüssten selbst am besten, welche Tiere auf den Flächen brüten und würden dann nicht mähen oder mulchen. Aufgrund der Kritik hat Hessen jetzt einen Kompromissvorschlag vorgelegt. Der sieht nicht mehr die Abschaffung der Sperrfristen vor, sondern nur noch eine Verkürzung um einen Monat. Die Bauern dürften also nicht erst am 15.07 auf die Brachflächen, sondern schon am 15.06. Nicht akzeptabel, sagte Hilmar Freiherr v. Münchhausen von der Wildtierstiftung.

    " Wir lehnen den Kompromiss ab. Es ist auch kein wirklicher Kompromiss, sondern es ist ein Aufweichen der derzeitigen Regelung. Die Deutsche Wildtierstiftung hat noch mal analysiert wie die Brut- und Aufzuchtzeiten von hoch bedrohten Vögeln in Deutschland sind, die auf diesen Flächen nachweislich auch brüten. Und die sind am 15. Juni noch längs nicht durch mit der Brut. Das heißt wir bräuchten nicht eine Diskussion über eine Verkürzung dieses Sperrzeitraums, sondern eher über eine Verlängerung. "

    Eine Verlängerung steht jedoch nicht zur Debatte. Doch auch die völlige Abschaffung der Schonfrist für Brachflächen scheint vom Tisch. Baden-Württemberg wird sich im Bundesrat wohl auch mit der Verkürzung um einen Monat zufrieden geben. Eine Sprecherin des baden-württembergischen Agrarministeriums sagte heute Morgen: "Der Spatz in der Hand ist uns lieber als die Taube auf dem Dach."