Dienstag, 07. Mai 2024

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Stilllegungskonzept am Ende des Jahres

Endlagerung. - Bundesumweltminister Sigmar Gabriel ist heute Mittag vor die Presse getreten, um zu erklären, wie es mit dem maroden und umstrittenen Atommülllager Asse II weitergeht. Björn Schwentker erklärt im Gespräch mit Uli Blumenthal, was Gabriel mitteilte.

20.02.2009
    Blumenthal: Björn Schwentker, Sie haben den Minister heute erlebt. Wie konkret ist er geworden, was den weiteren Fortgang bei Asse II betrifft?

    Schwentker: So richtig konkret ist er nicht geworden. Die hier versammelten Journalisten haben schon gewitzelt, Sigmar Gabriel seien nur zur Asse gekommen, um über das Wochenende mit dem Dienstwagen nach Hause fahren zu können. Sigmar Gabriel kommt hier aus dem niedersächsischen Goslar, und das Gebiet um die Asse gehört zu seinem Wahlkreis. Und in diesen September ist der Bundestagswahl, da ist es ganz gut, sich einmal vor Ort blicken zu lassen, quasi schon im Wahlkampf, und sich um die Sorgen der Bevölkerung zu kümmern, und die Asse ist eine große Sorge. Allerdings: Der Minister selbst legt großen Wert darauf, dass er eben nicht im Wahlkampf gekommen sei, und dass er keine vorschnelle politische Entscheidung in der Asse haben will. Er hat heute sogar versucht, den Druck aus der Debatte herauszunehmen

    "Wir möchten gerne Ende des Jahres vom Bundesamt für Strahlenschutz einen Vorschlag haben für das endgültige Stilllegungskonzept. Das ist unser Ziel. Ich hoffe, dass wir das schaffen. Wenn es vorher geht, in Ordnung, wenn es später notwendig ist, weil sozusagen die wissenschaftlichen Grundlagen noch nicht da sind, finde ich, ist das auch in Ordnung."

    Das war heute die wichtigste Botschaft des Ministers, die er dort vorgetragen hat. Mehrfach betonte er, er, also die Politik, mache am Ende das, was die beratenden Wissenschaftler vorschlagen. Und wenn die Studien der Wissenschaftler eben noch nicht fertig sind, die Informationen noch nicht da sind, dann warten wir zur Not.

    Blumenthal: Wie weit sind denn die Forscher, die beratenden Forscher, welche Vorschläge konnten sie denn schon vorlegen, haben sie schon vorgelegt?

    Schwentker: Ja, also einen letztlich endgültigen Vorschlag gibt es noch nicht. Aber immerhin, die Lösungswege werden jetzt deutlicher. Gerade hat es eine neue Studie gegeben, einen Zwischenbericht der so genannten Arbeitsgruppe Optionenvergleich, so heißt diese Wissenschaftlergruppe, die die Politik berät. Und darin wird erstmals eine Liste von drei Optionen formuliert. Die erste Option ist, halt den radioaktiven Müll, das sind also diese 126.000 Fässer mit mittel- und schwachradioaktiven Abfällen in der Asse, dort zu lassen, wo er ist, und dann das ganze Bergwerk mit einem Schutzfluid zu fluten, dass die Salzsteinwände nicht angreift, und dann das Ganze einfach dichtzumachen. Die zweite Option, die dort formuliert wird, ist den Müll ganz oder teilweise herauszuholen, was natürlich eine Gefährdung der Bevölkerung und der Mitarbeiter bedeuten könnte, die das Ganze machen, denn dann muss man da die radioaktiven Substanzen anfassen, und dann können sie in die Umwelt gelangen. Die dritte Option schließlich ist, den Müll in der Asse zu lassen, aber ganz oder teilweise umzulagern. Man stellt sich vor, dass man ganz tief in den Berg bohrt, auf 1200 m Tiefe geht und da große Kavernen anlegt und dort den Müll umlagert dort hineinfüllt und dann dicht versiegelt.

    Blumenthal: Björn Schwentker, zeichnet sich denn irgend eine Lösung ab, welche der Optionen präferiert wird?

    Schwentker: Ja, die Forscher betonen natürlich sooft es geht, dass sie nicht zu früh ein Urteil fällen wollen, wissenschaftliche Studien zu den verschiedenen Optionen laufen in der Tat. Diese Ergebnisse werde man noch abwarten, aber man sagt schon, was man eigentlich nicht will: man will nicht die erste Option, das ist also den Müll vor Ort lassen und die Asse zu fluten. Sowohl das Bundesumweltministerium als auch das Bundesamt für Strahlenschutz sagen, das sei nur eine ultima ratio. Wenn also das Bergwerk, von dem man weiß, dass es instabil ist und brüchig, wenn das zu schnell zusammenbricht und wenn man nichts anderes mehr machen kann, dann würde man dieses Konzept der Flutung nehmen. Ganz einfach, weil das das einzige ist, wo es ein ausgearbeitetes Konzept ist, weil es dasjenige Konzept ist, was der vorherige Betreiber, das Helmholtz Zentrum München, ausgearbeitet hat. Was man auch nicht will, ist nur den mittelaktiven Müll aus der Asse herausholen, ganz einfach, weil das nur ein Bruchteil des Mülls ausmacht. Was also bleibt, sind die Optionen: Entweder man holt alles heraus oder man lagert alles um in tiefere Regionen.

    Blumenthal: Aber eine Umlagerung - Kurze Antwort bitt - ist ja auch keine Lösung des Problems, sondern er bleibt ja dann in Asse II?

    Schwentker: Ja, man glaubt, dass es dort unten eben, weil das Hunderte Meter tiefer liegt, als die Kammern jetzt ist, sicherer sein könnte. Andererseits, die Bevölkerung, so scheint es, hat ein Interesse daran, wirklich alles heraus zu holen und den Müll einfach loszuwerden. Letztlich bleibt abzuwarten, ob es wirklich eine wissenschaftliche oder vielleicht auch eine politische Entscheidung sein wird.