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Stillstand oder Aufbruch?

Zwei Wochen ist es her, dass sich US-Präsident Barack Obama mit einer Grundsatzrede an die muslimische Welt wandte: "Die einzige Möglichkeit, beiden Seiten gerecht zu werden, ist die 'Zweistaatenlösung'," so Obama in Kairo, "auf dass Israelis wie Palästinenser in Frieden und Sicherheit leben können."

Von Klaus Remme, Esther Saoub, Clemens Verenkotte |
    Das sei im Interesse Israels, Palästinas, der USA und der Welt. Er persönlich werde sich dafür engagieren, mit der Geduld und Hingabe, die diese Aufgabe erforderlich mache.

    Seit seinem Amtsantritt hat Barack Obama Hoffnungen geweckt, darauf, dass der Dauerkonflikt im Nahen Osten ein Ende findet. Er hat einen Sondergesandten für Nahost ernannt, den Top-Diplomaten George Mitchell, der bereits viermal die Region bereiste. Es gab Reaktionen, es gab Bewegung auf israelischer wie palästinensischer Seite, und in den arabischen Staaten.

    Wo aber steht der Prozess heute?
    Wir wollen eine Art Zwischenbilanz ziehen, wollen wissen, wie die Akteure sich positionieren und wie sie aufeinander reagieren.

    Wir blicken zuerst nach Israel, wo Ministerpräsident Netanjahu sich – ebenfalls mit einer Rede – an die Öffentlichkeit wandte. Clemens Verenkotte mit einer Einschätzung:

    Beitrag Verenkotte

    Benjamin Netanjahu kann – zunächst einmal – aufatmen. Seine Ansprache vom vergangenen Sonntagabend ist daheim gut angekommen. Seine Popularitätswerte sind seitdem gestiegen, seine rechtsnationalen Koalitionspartner haben ihre Zustimmung signalisiert, der Druck, den Israels Regierungschef seit der Rede von US-Präsident Obama Anfang dieses Monats verspürt hat, ist innenpolitisch verflogen. Selbst von Seiten der jüdischen Siedler im besetzten Westjordanland, die auf die Aufforderung Obamas die Siedlungsaktivitäten komplett einzustellen, allergisch reagierten, wurde dem Ministerpräsidenten Beifall gespendet . Judy Kramer aus der jüdischen Siedlung Ofra:

    "Ich wußte, dass Bibi unser Erbe nicht ignorieren würde. Im Gegenteil, er hat es herausgestellt. Ich meine, wir hatten in der Vergangenheit so viele Spitzenpolitiker, die versucht haben, unser Erbe herunterzuspielen und den Rest der Welt zu besänftigen, die westlichen Staaten. Bibi hat sich nicht gerechtfertigt."

    Ministerpräsident Netanjahu richtete sich mit seiner Ansprache an zwei Adressaten zugleich: An US-Präsident Obama und an seine Partei und Koalitionspartner im rechtsnationalen Lager. Israel fühle sich den internationalen Vereinbarungen gegenüber verpflichtet, und sei zur sofortigen Aufnahme von Friedensverhandlungen mit den Palästinensern bereit, sagte der Regierungschef , ohne "Vorbedingungen". Aber – und damit erzielte Netanjahu seine große innenpolitische Zustimmung - im wesentlichen werde alles beim Alten bleiben: Die palästinensische Seite müsse zunächst einmal "Vorbedingungen" erfüllen, bevor sich Israel zur Wiederaufnahme von Gesprächen bereit erklären könne. Benjamin Netanjahu:

    "Die Palästinenser müssen Israel wahrhaft als den Staat des jüdischen Volkes anerkennen. Das zweite Prinzip ist die Demilitarisierung. Jedes Gebiet in palästinensischen Händen muss demilitarisiert sein, ausgestattet mit soliden Sicherheitsmaßnahmen."

    Punkt für Punkt hakte Ministerpräsident Netanjahu seine lange Liste der Vorbedingungen ab – Jerusalem, die geeinte Hauptstadt Israels, die palästinensischen Flüchtlinge von 48, die nur außerhalb der Grenzen des Staates Israels später einmal Aufnahme finden könnten, und – damit punktete der Regierungschef bei seinen zahlreichen Anhängern in der Westbank und in Ost-Jerusalem am stärksten: Der Siedlungsbau in den bestehenden Siedlungen gehe weiter, das sei eben "natürliches Wachstum", das er mit Sicherheit nicht stoppen werde. Keine neuen Siedlungen:

    "Aber es gibt das Bedürfnis, die Leute ein normales Leben leben zu lassen, und Mütter und Väter ihre Kinder großziehen zu lassen – wie überall auf der Welt. Die Siedler sind nicht die Feinde des Volkes und sie sind nicht die Feinde des Friedens. Sie sind unsere Brüder und Schwestern."

    Damit signalisierte Netanjahu dem US-Präsidenten, dass er am bisherigen Muster der israelisch-palästinensischen "Friedensverhandlungen" festhalten wolle: Reden und weiter bauen – allein seit Unterzeichnung des Osloer Friedensabkommens vor 15 Jahren wuchs in der besetzten Westbank die Anzahl der jüdischen Siedler von 100.000 auf 300.000 Menschen an. Außenminister Avigdor Lieberman, der selbst in einer jüdischen Siedlung im Westjordanland wohnt, machte in Anwesenheit seiner US-Amtskollegin Hillary Clinton deutlich, dass die Regierung Netanjahu nichts von einem Stopp der Siedlungsaktivitäten halte. Lieberman am vergangenen Mittwochnachmittag in Washington:

    "Wir können diese Vision eines absoluten, vollständigen Einfrierens der Siedlungen nicht akzeptieren. Ich denke, dass wir das natürliche Wachstum beibehalten müssen."

    Nach Schätzungen der israelischen Menschenrechtsorganisation "Btse'lem" könnte das sogenannte "natürliche Wachstum" neue Siedlungswohneinheiten für bis zu 100.000 Israelis bedeuten. Benjamin Netanjahu war mit seiner Ansprache klar, dass er ein einhellig negatives Echo bei den Palästinensern hervorrufen würde. Im israelischen Rundfunk machte dann auch der Chefberater von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas, Jirbril Rajoub im besten Hebräisch deutlich, was von Netanjahus Bekenntnissen zu halten sei:

    "Wenn Ihr Mauern baut und Siedlungen und Realitäten in Ostjerusalem schafft - welcher Staat soll das am Ende sein? Von welchem Staat sprecht Ihr? Tut Netanjahu uns Palästinensern etwa einen Gefallen, wenn er von einem Staat spricht? Ich denke, die vernünftigen Israelis müssen darüber nachdenken, was Israel will."

    Geht das klassische "Nahost-Spiel" nun also weiter, gemäß dem Motto: Ohne amerikanischen "Druck" könne es keine Fortschritte geben, geschweige denn einen Abschluss des israelisch-palästinensischen Dauerkonflikts? Netanjahu jedoch ist davon überzeugt, dem unmittelbaren Drängen von US-Präsident Obama entwichen zu sein – und der Palästinenser-Führung von Mahmud Abbas bleibt im Augenblick nicht viel anderes übrig, als auf ein Wunder aus Washington zu warten. Ex-Nahostunterhändler Saeb Erekat abschließend:

    "Es liegt jetzt wirklich an Präsident Obama. Er hat die Wahl: Er kann Israel als ein Land behandeln, das über den Gesetzen steht, doppelte Standards also, wie gewohnt. Oder er kann die israelische Regierung dazu veranlassen, ihren Verpflichtungen gegenüber der Roadmap nachzukommen: Die Zwei Staaten Lösung in den Grenzen von 1967, und Einstellung der Siedlungsaktivitäten, einschließlich des natürlichen Wachstums."

    Soweit Clemens Verenkotte über israelische wie palästinensische Positionen. Wir wenden uns der arabischen Welt zu. Ägyptens Präsident Husni Mubarak will heute eine historische Chance ausmachen, für den Frieden, durch die Politik Barack Obamas, so nachzulesen in seinem Gastkommentar heute im "Wall Street Journal".
    Esther Saoub fasst für uns zusammen, welche Standpunkte die arabischen Staaten vertreten, und wie diese zu bewerten sind:


    Beitrag Saoub

    Ein schickes Auto – ohne Räder. So zeichnet ein arabischer Karrikaturist den künftigen Palästinenserstaat, wie Benjamin Netanjahu ihn sich vorstellt.
    Diese Haltung teilen auch die arabischen Politiker. Kern ihrer Kritik: Netanjahu ignoriere längst vereinbarte Punkte und: ohne Siedlungsstopp keine Einigung. Außerdem ist da das heikle Thema Jerusalem. Einem Palästinenserstaat ohne die heilige Stadt werden weder Muslime noch Christen in der arabischen Welt zustimmen können. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, nannte die Vorschläge Netanjahus indiskutabel. Dennoch bleibt Amr Musial optimistisch für die Zukunft:

    "Die Gesamtstimmung ist positiv, es gibt ruhige Beratungen darüber, was geschehen soll. Derzeit sind sich alle einig, dass der Siedlungsbau gestoppt werden muss und dass um einen palästinensischen Staat kein Weg herum führt."

    Ähnlich zuversichtlich ist auch Ägyptens Präsident Mubarak:

    "Die zwei Staaten werden Wirklichkeit werden: ein israelischer und ein arabischer. Uns geht es in erster Linie um die Palästinenser, denn Frieden in Palästina stabilisiert die gesamte Region, auch Ägypten."

    Die sogenannten Moderaten, Ägypten, Saudi-Arabien und die palästinensische Autonomiebehörde, legten Netanjahu nach seiner Rede nahe, die Positionen noch einmal zu überdenken. Die Hardliner dagegen benutzten die Rede, um einmal mehr festzustellen, dass es keinen Sinn hat, auf politische Kompromisse zu setzen. Die syrische Führung fasste zusammen: verhandeln nützt nichts, denn Ministerpräsident Netanjahu ist kein Partner dafür.
    So ähnlich war jahrzehntelang die Haltung der Israelis gegenüber den Palästinensern gewesen: wir würden ja verhandeln, aber uns fehlt leider der Ansprechpartner. Die Hamas hat nun den Spieß umgedreht. Mit einer Regierung Netanjahu wie sie sich derzeit positioniert, sehen die arabischen Hardliner keine Möglichkeit für Friedensgespräche.
    Emad Gad, Politologe am "Ahram Zentrum für strategische Studien" in Kairo, sieht das anders. Er hält die Rede Netanjahus für ein letztes, rhetorisches Aufbäumen, bevor sich Israel den Forderungen der USA schließlich doch beugen wird:

    "Netanjahu weiß genau, dass die amerikanische Führung einen palästinensischen Staat wünscht, aus eigenem Interesse heraus. Darum werden die USA künftig Druck ausüben auf Israel. Netanjahus Rede mag extrem geklungen haben, von der Form her, aber inhaltlich bedeutet sie, dass er sich darauf vorbereitet, dem Druck nachzugeben. Er weiß, das die Friedensverhandlungen nur ein Ergebnis haben können: den palästinensischen Staat."

    Für die arabische Welt hat Netanjahus Rede nichts Neues gebracht. Die Freude des Westens darüber, dass Israels Ministerpräsident erstmals seit seinem Wahlsieg von zwei Staaten spricht, teilt hier niemand. Denn das ist ja längst abgemachte Sache. Netanjahu hat nach einer langen Rückwärtsbewegung den ersten kleinen Schritt nach vorn gemacht, in Richtung auf den Punkt, an dem Itzhak Rabin schon vor Jahren stand. Insofern redet hier niemand davon, dass Netanjahu den Ball ins Feld der Araber gespielt hätte, ganz im Gegenteil, sagt Hamas-Exilführer Khaled Maschaal bei einem Besuch in Kairo:

    "Palästinenser und Israelis müssen Schritte unternehmen. Die Palästinenser und die Araber haben ihre schon getan – jetzt fordern wir, dass die Israelis auf uns zugehen. Was wir geboten haben, reicht aus, jetzt ist Israel am Zug. Darum muss der Druck auf Israel lasten, nicht auf den Palästinensern und Arabern."

    Der arabische Schritt, erfolgte im April 2002 auf dem Gipfel der arabischen Liga in Beirut. Kaum beachtet vom Rest der Welt hat Abdallah bin Abdel Aziz, damals Kronprinz, heute König von Saudi-Arabien, alle anwesenden Staatsoberhäupter dazu bewegt, Israel volle Anerkennung in Aussicht zu stellen, vorausgesetzt, es stimmt einem unabhängigen, palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 zu, mit der Hauptstadt Ostjerusalem und einer Lösung für die Flüchtlinge. Der saudische Journalist und Politologe Gamal al-Khaschuqji über die Vorteile dieses Planes:

    "Das wichtigste an der saudischen Friedensinitiative ist, dass mit ihr eine endgültige Lösung in Aussicht gestellt wird, ein Ende des Konflikts. Sie präsentiert ein ganzes Paket von Vorschlägen, die den arabisch-israelischen Konflikt als Ganzes beenden können, einschließlich seines historischen Hintergrundes."

    Heute, sieben Jahre später, steht das Angebot der Araber, auf das Israel nie eingegangen ist, nach wie vor – Noch, sagt König Abdallah:

    "Die Israelis sollten wissen, dass sie nicht auf ewig die Wahl haben werden zwischen Krieg und Frieden. Der arabische Friedensplan, der jetzt auf dem Tisch liegt, wird nicht mehr lange dort liegen."

    Syriens Präsident Assad ging unmittelbar nach dem Gazakrieg sogar noch weiter:

    "Der arabische Plan basiert auf dem Frieden. Aber wir haben keinen Frieden geschaffen. Und darum gibt es auch keinen Friedensplan. Scharon hat ihn am ersten Tag vernichtet. Er hat einen Tag nach dem Gipfel in Beirut das Flüchtlingslager Jenin angegriffen, Hunderte Palästinenser umgebracht – und mit ihnen, den Plan. Wenn wir unser Angebot zurückziehen wollen: Israel hat dies längst getan. Es fehlt nur noch, dass wir den Plan endgültig zu den Akten legen und begraben."

    Noch halten die Moderaten ihre Hand ausgestreckt, die Hardliner haben sie fürs erste zurückgezogen. Die beiden arabischen Lager sind nach wie vor zerstritten, ebenso wie die Palästinenser untereinander. Doch der Nahost-Sondergesandte der USA hat mit seinem ersten Besuch in Damaskus ein Zeichen gesetzt: ebenso wie Präsident Obama mit seiner Kairoer Rede. Wenn die USA Israel doch noch in Bewegung setzen, liegt der Friedensplan ganz schnell wieder auf dem Tisch – denn einen offenen Konflikt will derzeit noch nicht einmal die Hamas.

    Esther Saoub aus Kairo. Die Erwartungen der arabischen Welt sind hoch, die USA sollen ihren Einfluß auf Israel geltend machen. Doch wieviel Druck will Barack Obama tatsächlich ausüben, und, wieviel davon kann er überhaupt ausüben?
    Klaus Remme mit einer Einschätzung:


    Beitrag Remme

    So sicher wie das Weiße Haus, übernimmt ein neuer amerikanischer Präsident bei Amtsantritt den Nahostkonflikt. Und wenn Barack Obama zurückblickt auf die Bemühungen der letzten Jahrzehnte, dann sind die Erfolgsgeschichten rar gesät. Henry Kissinger und nach ihm Jimmy Carter haben sie in den 70er Jahren geschrieben, James Baker unter George Bush senior Anfang der 90er. Für alle amerikanischen Präsidenten gilt selbst bei bestem Willen: Allein kann Washington im Nahen Osten nichts ausrichten. Selbst ein kluger, engagierter US-Präsident braucht handlungsfähige, risikobereite politische Führer auf israelischer und palästinensischer Seite. Aaron David Miller hat unter anderem als Nahost-Unterhändler sechs amerikanische Außenminister beraten. Er arbeitet jetzt als Wissenschaftler am Woodrow Wilson Center für Internationale Politik in Washington:

    "Zurzeit fehlen wenigstens zwei dieser drei Erfordernisse, denn Abbas und Netanjahu sind Gefangene ihrer Politik und Obama sucht einen Ausweg aus dieser Realität. Momentan ist wahrscheinlich keines der drei Elemente gegeben."

    Barack Obama hat unmittelbar nach seinem Amtsantritt gehandelt. Er hat mit George Mitchell einen, vielleicht den Top-Diplomaten zum Sonderbotschafter ernannt. Er hat bereits in den ersten Amtsmonaten die Region persönlich besucht und er hat in seiner Rede in Kairo erläutert, dass der Konflikt zwischen Israel und Palästinensern für ihn in einen größeren regionalen Zusammenhang gehört. Dennoch steht diese junge amerikanische Regierung am Anfang des Versuchs, dieses Dauerthema beizulegen. Auch wenn in den Medien von einem Friedensplan die Rede ist, von einer Zweijahresfrist gar, in der Barack Obama die Zwei-Staaten-Lösung durchsetzen will. Wer in Washington nach einem Obama Nahost-Friedensplan sucht, der wird noch nicht fündig. Es gibt keinen Plan, so Miller:

    "Nein, sie haben allenfalls einen Ansatz, eine Reihe von Annahmen, von denen im übrigen noch keine bewiesen ist."

    Und dieser Ansatz beginnt in Israel. Auch wenn sich Benjamin Netanjahu und Barack Obama wenig anmerken ließen, nach ihrer Unterredung im Oval Office Mitte Mai, Meinungsunterschiede zum israelischen Siedlungsbau waren eskaliert. In bis dahin unbekannt kompromisslosem Ton hatte Außenministerin Hillary Clinton den absoluten Siedlungsstopp gefordert:

    Nicht nur einige Siedlungen, keine Außenposten, kein natürliches Wachstum, darauf werden wir beharren, hatte Clinton gesagt und offenen Widerspruch in Israel geerntet. Zurzeit versucht man die Wogen zu glätten. Washington hat die Grundsatzrede Netanjahus am vergangenen Sonntag fast überdeutlich als positives Zeichen gewürdigt, nächste Woche treffen sich George Mitchell und Benjamin Netanjahu in Paris um in der strittigen Siedlungsfrage wenigstens eine Sprachregelung zu finden. Aaron David Miller hält eine echte Krise im amerikanisch-israelischen Verhältnis für ausgeschlossen:

    "Ich habe jetzt fünf Präsidenten und sechs Außenminister erlebt, echten US Druck auf Israel unter Bush und Baker, am Ende ist das Verhältnis immer eher besser geworden."

    Doch Barack Obama hat das Problem des Siedlungsbaus nicht zufällig gewählt. Verglichen mit den anderen offenen Fragen: Flüchtlingsrückkehr, Jerusalem, Sicherheitsprobleme, sieht der amerikanische Präsident hier Spielraum. In einer Umfrage der Organisation "J Street" vom März sprachen sich sogar 60 Prozent der amerikanischen Juden gegen den Ausbau der Siedlungen aus. Und auch der US-Kongress liegt mehrheitlich auf der Linie des Präsidenten, auch wenn es nach wie vor enge Israel Freunde, wie den Republikaner Mike Pence gibt, der mit Blick auf Obamas Kairo-Rede und dessen Plädoyer für eine 2-Staten Lösung beklagte:

    "Wenn ein amerikanischer Präsident das Anliegen beider Seiten als moralisch gleichwertig darstellt, dann ist das enttäuschend, auch für unseren Partner Israel."

    Barack Obama will in der Siedlungsfrage ein Zugeständnis Israels, mit dem er dann auf die arabischen Staaten zugehen kann. Nicht nur Ägypten und Jordanien, auch die Golf-Staaten, Bahrein, die Emirate, die Saudis sollen im Gegenzug für vertrauensbildende Maßnahmen gewonnen werden, um insgesamt ein positives Klima für entscheidende Verhandlungen zwischen Palästinensern und Israelis zu schaffen. Gleichzeitig führt Sonderbotschafter George Mitchell Gespräche in Syrien, erörtert Möglichkeiten, Damaskus von der Seite Teherans loszueisen. Washington hofft insgesamt auf die Möglichkeit einer selbst losen Koalition, die durch die Angst vor einem nuklearen Iran zusammengehalten wird. Barack Obama:

    "Ein Frieden zwischen Israel und den Palästinensern würde die Position der internationalen Gemeinschaft im Umgang mit einer möglichen Bedrohung durch den Iran stärken."

    Gefragt nach den Erfolgsaussichten Präsident Obamas im Nahen Osten, verweist Aaron David Miller auf einen Irrtum des Westens und er schließt sich selbst mit ein. Wir denken häufig, so kann es nicht weitergehen im Nahen Osten, der status quo ist nicht akzeptabel, es muss sich etwas ändern.

    "Das Risiko ist so groß, mitunter geht es um Leben und Tod, Sadat und Rabin sind für ihre politisch riskanten Taten umgebracht worden. Beide Seiten bewegen sich nur angesichts ungeheurer Schmerzen oder fundamentaler Chancen."

    Wir unterschätzen die Leidensfähigkeit beider Seiten, sagt Miller, weder die Israelis noch die Palästinenser seien momentan an einem Punkt ohne Alternative.

    Alternativen, über die man lieber nicht nachdenken möchte, Klaus Remme war das, aus Washington.
    Ein Friede für den Nahen Osten, vielleicht ist er heute greifbarer als noch in der Ära Bush. Jenseits aller Reden und Verlautbarungen aber dürfte ausschlaggebend sein, was hinter den Kulissen verhandelt wird, und, was sich dann - ganz konkret - in der Politik der Akteure niederschlagen wird.