Sonntag, 12. Mai 2024

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Stockbett und Strohmatratze

In der Burg Altena im Märkischen Kreis entstand im Jahr 1912 die erste ständige Jugendherberge der Welt. Die mittelalterliche Wehranlage mit ihren dicken Mauern und imposanten Türmen erinnert an die Zeit der Ritter, der Reiter und der edlen Burgfräulein. Seit 1964 ist die Jugendherberge ein Museum.

Von Hilde Regeiter | 05.07.2009
    "Die Jugendherberge in der Stadt Altena ist die allererste, die auf der ganzen Welt eingerichtet wurde. Wie kam das - in unserem kleinen Städtchen und nicht in Berlin, Paris oder München?"

    Und Burgführerin Waltraud Rauch erklärt auch gleich warum: Weil es nämlich der Lehrer Richard Schirrmann aus Altena war, der vor fast 100 Jahren die zündende Idee hatte. Und das kam so: Schirrmann war mit einer Schulklasse wandern, weit weg von zu Hause, im Raum Aachen.

    "Da überraschte sie ein fürchterliches Unwetter und sie sahen in der Ferne einen Bauernhof, liefen dorthin und hätten gerne dort übernachtet. Aber der Bauer hatte schlechte Erfahrungen gemacht und wies sie ab."

    Und erst nach stundenlangem weiterem Wandern durch Wind und Wetter fanden sie einen Unterschlupf für die Nacht - mittlerweile nass bis auf die Haut.

    "Und in dieser Nacht kam Richard Schirrmann die zündende Idee, Übernachtungsmöglichkeiten zu schaffen - nicht nur für ihn und seine Kinder, sondern für alle, die unterwegs waren."

    Gesagt, getan: Im Jahr 1909 richtete er in seiner Schule zu Hause in Altena einen Klassenraum als Herberge ein. Als der sehr bald zu klein war, durfte Schirrmann mit seiner Pioniers-Jugendherberge in die Burg Altena umziehen, die damals gerade frisch renoviert wurde. Eine teure Angelegenheit, aber ein befreundeter Industrieller machte es mit seiner finanziellen Unterstützung möglich.

    "Und im Jahr 1912 konnten die ersten Kinder hier übernachten und auch essen und trinken in diesem wunderschön eingerichteten Aufenthaltsraum."

    Der hat einen wundervollen Mosaikboden aus dem ortstypischen Grauwackenstein.

    "Und dann gibt´s hier handgeschnitzte Stühle und auch die Tische und hier rechts die Pumpe. Die quietscht heute noch unsere Pumpe. Da wurde das Geschirr abgewaschen - eine Spülmaschine gab es natürlich nicht."

    Ohne Spülmaschine und Schnickschnack - den Aufenthaltsraum, den kann man heute auf Burg Altena besichtigen, original so, wie er damals aussah. Genauso die Schlafsäle.

    "So jetzt gehen wir in den Keller runter. Und hier haben wir jetzt die Schlafmöglichkeiten. Da hinten ist der Mädelsschlafraum - wesentlich weniger als im Jungsschlafraum. Warum? Ja, die Mädels zu dieser Zeit, es war unschicklich auf Klassenfahrten zu gehen, außerdem mussten sie den Haushalt machen Die hatten oft gar nicht die Möglichkeit, mit auf die Klassenfahrt zu kommen."

    Für Mädchen also nur 15 Betten, für Jungs immerhin 33. Alles möglichst platzsparende Stockbetten, versteht sich:

    "Dreistöckig übereinander, dann auf die Seitenstege hier, extra angebracht, und nicht einfach über die Betten. Es wurde alles sehr geschont und sehr sorgsam behandelt Also, bitte schön, an den Seitenstegen hochgeklettert und dann oben in das Bett hinein."

    Im Bett selbst sah es früher allerdings nicht so richtig luxuriös aus.

    "Hier haben wir Strohmatratzen, darauf wurde geschlafen. Da waren natürlich auch Einwohner drin, Flöhe, Wanzen usw. Und die Kinder heute, die stöhnen immer, wenn sie da drauf sitzen, 'Ah, ist das hart'. Aber was anderes hatten sie nicht."

    Was sie allerdings hatten damals: Gute Ideen, um das Beste aus der eher spartanischen Einrichtung rauszuholen.

    "Diese Klappe konnte man runterlassen, und dann konnte der Junge, der größer geraten war konnte dann seine Füße raushängen lassen - und das war sehr praktisch auch für die Herbergsmutter, die konnte dann die Matratze besser rausziehen."