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Streichkonzerte von Jacques Aubert

Wir stellen Ihnen heute Streicherkonzerte von Jacques Aubert vor, erschienen unter dem Titel "Concertos à 4 violons" bei Disques Pierre Verany im Vertrieb von Arion. Es spielt das Ensemble Les Cyclopes unter der Leitung von Bibiane Lapointe und Thierry Maeder, der Solist ist Florian Deuter.

Von Christiane Lehnigk | 25.01.2004
  • Musikbeispiel: Jacques Aubert - 1. Satz aus: Concerto op. 17 Nr. 4 e-moll

    Die Konzerte für 4 Violinen, Violoncello und Basso Continuo von Jacques Aubert, die das Ensemble Les Cyclopes mit dem Solisten Florian Deuter einspielte, sind eine Entdeckung.

    Obwohl Aubert ein großes Oeuvre hinterließ mit Violin-Sonaten, Concerti, Ballets, Tanzmusik und sogenannten "Concerts de simphonies", blieb er doch, zumindest bei uns, weitgehend unbekannt und es gibt auch so gut wie keine Einspielungen. Dabei handelt es sich bei diesen Werken um eine exquisite, virtuose und zugleich graziöse Musik, die es wert ist, - so vermittelt es die vorliegende Aufnahme-, wieder belebt zu werden.

    Jacques Aubert entstammte einer französischen Familie von Violinisten und Komponisten, die in Paris ansässig war und im 18.Jahrhundert das Musikleben der Stadt entscheidend mitprägte. Jacques Aubert, Schüler von Jean-Baptiste Sénaillé, verdingte sich zunächst als Tanzmeister und Geiger in den Cabarets.

    Er komponierte Musik für ballets und comedies und veröffentlichte 1719 seine ersten Violinsonaten. Aubert stand zunächst in Diensten von Louis-Henri, Herzog von Bourbon und Prinz von Condé, einem Cousin des Königs und war dann von 1727 bis 1746 Mitglied der Vingt-quatre Violons du Roy.

    Er ging anschließend an die Académie Royale de Musique und wurde erster Violinist im Orchester der Opéra, eine Stellung, die er 24 Jahre lang innehatte. Von 1729 bis 1740 spielte er regelmäßig bei den Concerts spirituels, der zentralen Institution für das musikalische Leben außerhalb der Oper. Dort führte er auch seine eigenen Werke auf. Ob er wirklich der erste Franzose war, der Violin-Konzerte komponierte, ist nicht ganz eindeutig geklärt, in jedem Fall schrieb er die ersten Violin-Konzerte, die in Frankreich gedruckt wurden.

    Wie viele seiner Zeitgenossen war auch Aubert von den Italienern beeinflusst, doch er schuf einen ganz eigenen, unverwechselbaren Stil im Sinne der "goûts réunis", die François Couperin vertrat. So enthält seine Musik viele französische Elemente , wie zum Beispiel die charakteristische Verwendung von Tanzsätzen wie Gavotte oder Menuett als langsamen Satz sowie die voll ausgeschriebene Ornamentierung der virtuosen Solo-Stimmen.

    Im Vorwort seines ersten "Concert de Simphonies" beschrieb Aubert, dass die italienischen Konzerte wie etwa die Werke von Corelli oder Vivaldi zwar in Frankreich großen Erfolg hätten, sie aber doch wohl nicht jedermanns Geschmack wären. Das Ziel des Komponisten wäre es deshalb, die Musik um ein paar lebendige und fröhliche Passagen nach Art der französischen Melodien zu bereichern. "Er kann sich selbst nicht schmeicheln," so Aubert, "dass ihm das auch gelungen ist, aber er öffnet vielleicht so den Weg für andere, die noch geschickter sind."

    Hören Sie hier die Gavotte aus dem Concerto Opus 17 Nr.5 in F-dur.

  • Musikbeispiel: Jacques Aubert - 2. Satz aus: Concerto op.17 Nr.5 F-dur

    Bei den Werken, die Jacques Aubert 1735 erstmals bei den Concerts spirituels mit großem Erfolg aufführte, handelt es sich um 3- oder 4-sätzige Konzerte für eine Solo-Violine und 3 Violinen, Violoncello und Continuo. Diese Besetzung, deren Tradition im 17.Jahrhundert begründet wurde, war noch im frühen 18.Jahrhundert sehr beliebt, und ist zum Beispiel in Vivaldis Sammlung "L'Estro armonico" genauso zu finden wie bei Corelli, Valentini oder Mossi.

    Doch anders als bei den Concerti grossi der römischen Schule, liegt bei Aubert die Trio-Sonate als formale Anlage zugrunde, eine dreistimmige Melodieführung mit gelegentlichen Doppelungen. Oft stellt er die 1. und 3.Violine der 2. und 4. gegenüber, aber er lässt auch die erste Violine mit der 2. korrespondieren, während die dritte und vierte Violine begleiten. Seine virtuose Ornamentierung hat ihren Ursprung in der vokalen französischen Tradition, ist aber zugleich inspiriert von der Kunstfertigkeit der italienischen Musik. Und in manchen Sätzen ist der italienische Einfluss so stark, dass Aubert, wie zum Beispiel im Konzert op.26 Nr.3 die typisch französische Chaconne zu einer konzertanten "Ciacona" verwandelt.

  • Musikbeispiel: Jacques Aubert - Ciaconna aus: Concerto op.26 Nr.3 D-dur

    Sieben Konzerte aus op.17 und op.26 von Jacques Aubert spielte das Ensemble Les Cyclopes auf dieser CD ein, eine Formation, deren Repertoire- Schwerpunkt auf der Barockmusik liegt. In dieser Aufnahme spielen folgende Mitglieder mit: Monica Waisman, Helena Zemanova und Olivia Centurioni - Violine, Petr Skalka - Violoncello sowie David Sinclair - Kontrabass. Als künstlerische Leiter fungieren die Cembalistin Bibiane Lapointe und der Organist Thierry Maeder. Les Cyclopes, der Name wurde einem Rondeau von Rameau entnommen, präsentiert sich auf internationalen Festivals und bestreitet seit 1997 eine eigene Konzertreihe im Musée des Beaux-Arts in Caen.

    Der Solist Florian Deuter verfügt über eine reiche Orchester-und Solo-Erfahrung unter anderem als Konzertmeister bei Musica Antiqua Köln, dem Gabrieli Consort, der Chapelle Royale, dem Amsterdam Baroque Orchestra und seit 2000 auch bei Les Musiciens du Louvre. Sein eigenes Ensemble "L'Harmonie universelle" gründete er im Jahre 2002. Florian Deuter ist einer der wenigen Geiger in der Alten-Musik-Szene, der zugleich über eine außergewöhnliche Virtuosität verfügt wie auch über eine sinnliche Tongebung. Die Tempi sind immer ausgewogen, können durchaus rasant sein, sind aber nie überpointiert, die Ornamentierung immer geschmackvoll.

    Hören Sie Florian Deuter und Les Cyclopes abschließend mit dem 4.Satz aus dem Concerto op.26 Nr.4 e-moll von Jacques Aubert. Dieser Satz trägt den Namen "Carillon" und erinnert, so die Musiker, an "Sonnerie de Sainte Geneviève du Mont" von Marin Marais aus dem Jahre 1723.

  • Musikbeispiel: Jacques Aubert - 4. Satz aus: Concerto op.26 Nr.4 e-moll

    DIE NEUE PLATTE im Deutschlandfunk. Wir stellten Ihnen heute "Concertos à 4 violons" von Jacques Aubert vor , mit dem Ensemble Les Cyclopes unter der Leitung der Cembalistin Bibiane Lapointe und dem Organisten Thierry Maeder sowie dem Solisten Florian Deuter.

    Erschienen ist die CD bei Disques Pierre Verany im Vertrieb von Arion.