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Streitbare Tierschützerin im Landesdienst

Zeitweise hatte auch Niedersachsen ein solches Amt eines unabhängigen

Von Ludger Fittkau |
    Tierschutzbeauftragten - doch das ist längst wieder abgeschafft.
    Nun ist die promovierte Tiermedizinerin Madeleine Martin in Hessen die einzige deutsche Landestierschutzbeauftragte. Madeleine Martin scheut keinen Konflikt, wenn es um den Tierschutz geht: Zoo- und Zirkusdirektoren müssen ihre strenge Haltung fürchten, wenn sie die Tierschutznormen verletzen. Und sie hat dafür gesorgt, das es in Hessen keine Pelztierfarmen mehr gibt.

    In ihrem Büro im hessischen Umweltministerium in Wiesbaden wird man standesgemäß von zwei kleinen Hunden begrüßt. Vor zehn Jahren hat Madeleine Martin ihr Amt angetreten, bis heute ist die Deutschlands einzige Landestierschutzbeauftragte geblieben. Bei den Veterinärämtern wird die ausgebildete Tierärztin inzwischen akzeptiert, obwohl ihr Auftrag von Beginn an war, den beamteten Tierärzten mittels des so genannten ”Beanstandungsrechtes” auf die Finger zu schauen:

    Und das bedeutet, ich kann die Handlungen von Amtstierärzten kritisieren, gleichzeitig einen Lösungsvorschlag für dieses Problem machen und die Behörden müssen begründen, wenn sie diesem Vorschlag nicht folgen wollen.

    Inzwischen wenden sich aber viele Amtstierärzte von sich aus an Madeleine Martin, wenn sie Hilfe brauchen - zum Beispiel beim Umgang mit exotischen Tieren in Privatwohnungen. Und wenn die Landestierschützerin nicht selbst helfen kann, bietet sie den hessischen Tierärzten an, Kompetenz von außen zu holen:

    Das heißt: Es kommt ein Halter, der Phyton -Schlangen hält, da ist erstens ein durchschnittlicher Amtstierarzt völlig überfragt, dann suche ich jemanden, der in diesem Bereich fit ist und bezahle den, dass er mitgehen kann, dass hier seriöse Gutachten gemacht werden können. Und dann auch verwaltungstechnisch umgesetzt werden.

    Die Sache mit den Phyton-Schlangen sei übrigens gar nicht so selten, wie man denken sollte, berichtet Madelein Martin. Und im Dschungel der Großstadt lauern auch manchmal Gefahren, die man eher in einer amerikanischen Steppenlandschaft vermutet hätte- zum Beispiel Klapperschlangen:

    Und es passiert nicht selten, das eine Wohnung verlassen wird, Handwerker reinkommen oder der Wohnungsbesitzer reinkommt und einen Raum betritt, es klappern hört, die Tür zuschmeißt, und das Veterinäramt anruft. Weil die Bewohner, nie aufgefallen, Giftschlangen halten. Oder gehalten haben und beim Auszug die Tiere dort gelassen haben.

    Was Menschen in Privathaushalten mit Tieren anstellen, ist für Hessens oberste Tierschützerin genau so ein Thema, wie die Verletzung von Tierhaltungsvorschriften im Zirkus oder im Zoo. So hat Madeleine Martin im vergangenen Jahr eine erfolgreiche Bundesratsinitiative gestartet, die zu einem Verbot Dressur von Bären, Elefanten oder Affen für den Zirkus führen soll. Vor allem Affen sind kaum noch zu betreuen, wenn sie einmal als Zirkustiere ausgedient haben, weiß Madeleine Martin:

    Sie zerstören dem Tier sein Leben, ganz hart gesagt. Und das ist der Grund, warum wir gesagt haben: Diese Tiere haben überhaupt nichts mehr und war unter keinen Umständen mehr in der Manege etwas zu suchen.

    Kein Wunder, dass Hessens Tierschutzbeauftragte mit dieser Position zur Zeit wenig Freunde unter den deutschen Zirkus-Direktoren hat.
    Doch während diese sich politisch mit ihr streiten, bekommen es Madeleine Martin und ihre Kollegen oft mit handfester Gewaltandrohung zu tun, wenn sie bei Privatleuten oder in landwirtschaftlichem Betrieben dem Vorwurf der Tierquälerei nachgehen wollen. Die Aggressivität der Tierhalter habe sich in den vergangenen Jahren immens gesteigert, beobachtet man in Wiesbaden.
    Auch die Tatsache, dass der staatliche Tierschutz mit immer weniger Personal auskommen muss, mache die Arbeit ’vor Ort’ , in den Ställen, nicht gerade leichter:

    Schon heute können wir ganz klar sagen, für Hessen, das Routineuntersuchungen, Routineüberprüfungen von Schweine- oder Rinderhaltung kaum mehr stattfinden.

    Guter Tierschutz sei aber in diesem Fall auch Schutz der Gesundheit der Menschen, das dürfe auch in Zeiten der Sparpolitik nicht vergessen werden, fordert Madeleine Martin. Und Tierschutz sei zwar nun in der Verfassung festgeschrieben - Doch dabei dürfe es nicht bleiben. Dafür will die hessische Tierschutzbeauftragte noch möglichst lange mit Leidenschaft kämpfen:

    Ich denke, der Punkt, das Tierschutz Verfassungsgut ist, braucht hier auch noch viele Jahre, um Allgemeingut zu werden. Sowohl bei den Betroffenen, wie auch bei den Juristen, die Rechtsprechung. Und natürlich auch in den Politik.