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Studenten müssen länger auf BAföG warten

Die BAföG-Anträge sind 2011 gestiegen, so dass die Ämter nicht mit deren Bearbeitung hinterherkommen. Der Generalsekretär des deutschen Studentenwerks, Achim Meyer auf der Heyde, empfiehlt Studierenden einen Vorschuss zu beantragen, wenn sie finanziell "knapp sind".

Achim Meyer auf der Heyde im Gespräch mit Manfred Götzke | 28.12.2011
    Manfred Götzke: Nicht nur in Berlin versuchen derzeit Abiturienten auch mit juristischen Mitteln an die Unis zu kommen, und das liegt natürlich auch daran, dass Studienplätze dieses Jahr besonders rar sind. Die Unis sind absolut überlaufen wegen doppelter Abi-Jahrgänge und Wehrpflichtabschaffung. All das belastet auch die Studentenwerke. Da stapeln sich in diesem Jahr so viele BAföG-Anträge wie noch nie. Und viele Studierende beklagen jetzt, dass sie noch immer kein BAföG bekommen, obwohl das Semester schon seit zweieinhalb Monaten läuft. Tja, und das sorgt bei manchen Studis für Existenzängste. Generalsekretär des deutschen Studentenwerkes ist Achim Meyer auf der Heyde. Guten Tag!

    Achim Meyer auf der Heyde: Guten Tag, Herr Götzke!

    Götzke: Herr Meyer auf der Heyde, die doppelten Abi-Jahrgänge und die Studierenden-Schwemme - das war ja alles absehbar. Warum haben sich die Studentenwerke nicht darauf vorbereitet und mehr Sachbearbeiter eingestellt?

    Meyer auf der Heyde: Das geht nicht so einfach. Die Länder sind ja zuständig für die Finanzierung der Förderungsverwaltung, und die Länder haben zum Teil sogar die Pauschalen abgesenkt. Das heißt, wir müssen mit einem Stamm von Mitarbeitern wesentlich mehr Anträge bearbeiten und können das natürlich selber nicht finanzieren, sind auch gar nicht dafür zuständig, weil es Länderaufgabe ist und die die Aufgabe durch die Studentenwerke durchführen lassen.

    Götzke: Haben Sie sich denn bei den Ländern nicht beschwert oder vorher mal gesagt: Es gibt dieses Problem, wir bekommen mehr Studierende, wir brauchen mehr Sachbearbeiter?

    Meyer auf der Heyde: Natürlich haben wir darauf hingewiesen, sowohl beim BAföG - wir haben ja auch auf das Wohnproblem hingewiesen, und es ist eigentlich eher ärgerlich, dass man zwar Studienplätze geschaffen hat, aber die soziale Infrastruktur nicht mit ausgebaut hat, das heißt eben, Studienfinanzierungsberatung, das heißt, mehr BAföG-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter, das heißt mehr Wohnplätze.

    Götzke: Jetzt haben wir dieses Problem, das lässt sich so schnell nicht ändern, man kann nicht auf einmal mehr Sachbearbeiter einstellen, aber vielleicht kann man ja mit besonderen Mitteln reagieren, zum Beispiel mit Eilverfahren. Genau nachprüfen kann man ja auch noch, nachdem ein paar Monate lang schon Geld geflossen ist bei den Studierenden.

    Meyer auf der Heyde: Ja, wir können den Studierenden nur empfehlen - das ist natürlich ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand, aber wenn sie finanziell knapp sind -, zumindest einen Vorschuss zu beantragen oder eine Vorauszahlung, und diese Möglichkeit besteht natürlich beim Erstantrag. Das zweite ist, was wir auch den Studierenden empfehlen können, sich schon vorzeitig schlauzumachen, und je nach dem, in welchem Bundesland sie den Antrag stellen - in Bayern läuft ja jetzt ein Modellversuch, zumindest online kann man da schon reingucken. Es gibt in den anderen Bundesländern Checklisten, dass man mit einem möglichst vollständigen Antrag oder mit einem vollständigen Antrag hinkommt, dann kann der auch schneller bearbeitet werden.

    Götzke: Bleiben wir vielleicht mal bei dieser Eilmöglichkeit. Wie schnell kann ich das denn bekommen?

    Meyer auf der Heyde: Sie können natürlich auf Antrag das Geld relativ schnell bekommen. Es gibt ein Darlehen bis 1.000 Euro, oder eben einen Vorschuss in Höhe von 360 Euro bis zu vier Monaten. Das ist zu beantragen, das sollte man natürlich machen, wenn man überhaupt kein Geld hat.

    Götzke: Und wie wahrscheinlich ist es, dass ich das dann bekomme?

    Meyer auf der Heyde: Ich denke, dass die BAföG-Ämter da natürlich auch die Notlage der Studierenden erkennen und anerkennen und dann auch den Vorschuss relativ schnell auch zahlen. Das ist natürlich auch wieder ein Problem. Auch hier muss man darauf hinweisen, es ist ein Punkt, den wir ihm Normenkontrollrat schon bemängelt haben, als es um die Verbesserung des BAföGs ging. Damals gab es ja das Projekt "Einfacher studieren und BAföG", dass es oft in den Ländern nur ein Zahlungsdatum gibt, und die Studierenden dann natürlich sehr lange drauf warten müssen. Manche Länder haben zwei Zahlungsdaten im Monat, und damit bekommen die Studierenden auch schneller ihr Geld.

    Götzke: Können die Studierenden selbst irgendetwas tun, um den Normalvorgang zu beschleunigen?

    Meyer auf der Heyde: Das, was die Studierenden selber machen können, ist natürlich möglichst vollständige Anträge mitbringen, und das können sie vorher schon checken, auch wenn sie den Studienplatz noch gar nicht zugewiesen bekommen haben. Das ist nämlich genau das Problem, was auch das Verfahren erschwert. Erstens kommen zum Wintersemester 80 Prozent der Studienanfänger. Das macht es nicht einfach für alle Beteiligten. Zum Zweiten: Durch die Nachrückverfahren rutschen dann natürlich noch viele Studierende erst zu einem bestimmten Zeitpunkt an die Uni, wo das Semester gerade schon läuft, und sollen sich um alles kümmern, um Wohnung, um Finanzierung, und was sie vorher machen können, ist natürlich zumindest schon mal versuchen, bei der Wunschuni oder auch bei einer anderen, sich über das BAföG zu informieren und eben zu gucken, welche Unterlagen brauche ich für einen vollständigen Antrag, und den schon möglichst vollständig mitbringen.

    Götzke: Es gibt Stau bei der Bearbeitung von BAföG-Anträgen. Der Generalsekretär des deutschen Studentenwerks hat uns gesagt, woran es liegt und was zu tun ist. Vielen Dank!

    Meyer auf der Heyde: Gern geschehen!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.