Archiv

"Berlin Monitor"
Studie belegt hohes Maß an Islamfeindlichkeit, Rechtstotalitarismus und Antisemitismus in Berlin

Islamfeindliche, rechtstotalitäre und antisemitische Einstellungen sind in der Berliner Bevölkerung stark verbreitet.

    Die Skyline hebt sich in Berlin im Licht der untergehenden Sonne ab. Im Vordergrund die Oberbaumbrücke, dahinter der Fernsehturm.
    Die Skyline hebt sich in Berlin im Licht der untergehenden Sonne ab. (dpa picture alliance/ Paul Zinken)
    Das geht nach Angaben der Sozialverwaltung aus dem "Berlin-Monitor" hervor. 42 Prozent stimmen der Aussage "stark" oder "eher" zu, dass die Anzahl der Muslime in Deutschland zu hoch sei. 61 Prozent glauben demnach nicht, dass sich Muslime für eine offene Gesellschaft einsetzen. 58 Prozent sehen den Islam als frauenfeindliche und 54 Prozent als "rückständige" Religion. 36 Prozent gehen davon aus, dass Muslime planen, den Westen Schritt für Schritt zu islamisieren. Nach Ansicht von 34 Prozent der Befragten streben Muslime danach, die Scharia in Deutschland einzuführen, also eine islamische, auf dem Koran fußende Gesetzgebung.
    Die Autoren der Studie unter Leitung des Religions- und Kirchensoziologen Gert Pickel von der Universität Leipzig nehmen auf Basis der Befragung an, dass 20 Prozent der Befragten überzeugt muslimfeindlich und 48 Prozent überzeugt islamfeindlich seien, den Islam also ablehnten.

    Fast ein Fünftel wünscht sich einen Führer

    Rechtsautoritäre Einstellungen, die bereits im Berlin- Monitor der Jahre 2019 und 2021 abgefragt wurden, nahmen den Angaben zufolge zu. So befürworteten nach Angaben Pickels rund 19 Prozent die Aussage: "Wir sollten einen Führer haben, der Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand regiert." Vor vier Jahren waren es noch 10 Prozent. Dass Deutschland jetzt "eine einzige starke Partei" brauche, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpere, unterstützen aktuell 31 Prozent der Befragten. Vor vier Jahren waren es noch 19 Prozent. 8 Prozent glauben, unter Umständen sei eine Diktatur die bessere Staatsform (2019: 4 Prozent).
    Gleichzeitig gaben 90 Prozent der Befragten an, dass die Demokratie am ehesten zu unserer Gesellschaft passe. 69 Prozent zeigten sich zufrieden mit der Demokratie.

    Antisemitismus in vielen Köpfen

    Ein weiteres Ergebnis ist zunehmender Antisemitismus in vielen Köpfen - und das schon vor dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober und der Reaktion Israels, in deren Folge Hass auf Juden und auf Israel in Berlin nach Beobachtungen vieler Fachleute eine neue, traurige Dimension erreichten. Laut Umfrage stellten sich zum Beispiel 15 Prozent hinter die Aussage "Auch heute noch ist der Einfluss der Juden zu groß". 2019 waren es 3 Prozent. 12 Prozent glauben: "Die Juden und Jüdinnen haben einfach etwas Besonderes und eigentümliches an sich und passen nicht so recht zu uns" (2019: 6 Prozent). 27 Prozent halten die Staatsgründung Israels für eine schlechte Idee (2019: 13 Prozent), 13 Prozent glauben: "Juden sind verantwortlich für die meisten Kriege und Konflikte in der Welt" (2019: 2 Prozent).
    Für den Berlin-Monitor befragten die Forscher im Auftrag des Senats von Ende Mai bis Ende Juli dieses Jahres 2048 Berliner im Alter ab 18 Jahren. Die dritte Repräsentativerhebung hatte den Angaben zufolge den Schwerpunkt Antimuslimischer Rassismus.

    Senatorin Kiziltepe macht sich Sorgen

    Sozialsenatorin Kiziltepe (SPD) erklärte, die Ergebnisse bereiteten ihr große Sorge. Es werde deutlich, dass Rassismus und Antisemitismus tief in der Berliner Bevölkerung verwurzelt seien. Präventionsprojekte seien aktuell nötiger denn je.
    Diese Nachricht wurde am 20.12.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.