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Studienberatung
Moskauer Schüler auf Hochschulerkundungstour in Berlin

Ein Studienorientierungstest soll baldigen Abiturienten helfen den für sie richtigen Studiengang zu finden. Schüler einer deutschen Schule in Moskau sind für eine Woche in Berlin und lernen dort den Studienalltag kennen. Für sie ist Deutschland als Studienstandort eine attraktive Alternative da ihr deutsches Abi in Russland nicht anerkannt wird.

Von Susanne Arlt |
    Seminarzentrum Freie Universität Berlin
    Der Schnuppertag beginnt mit einer Physik-Vorlesung an der Freien Universität Berlin. (picture-alliance / dpa-ZB / Jens Kalaene)
    Alexandra Braun steht vor einer großen Tafel. Die Referentin vom Studienkompass hat in Schlagworten zusammengefasst, was für die Vorbereitung auf ein Studium in Deutschland wichtig ist. Zum Beispiel: "Wie gehe ich bei der Recherche vor", "welcher Studiengang passt zu mir", "welche beruflichen Möglichkeiten bietet mir mein gewünschtes Fach", "gibt es Zulassungsbeschränkungen?" Normalerweise sitzen in diesem Seminar deutsche Gymnasiasten, deren Eltern keine akademische Vorbildung haben. Diesmal sind unter den 23 Teilnehmern auch sechs russische Schülerinnen und Schüler. Alle gehen in Moskau auf die deutsche Schule, machen im nächsten Jahr Abitur und werden danach wahrscheinlich in Deutschland studieren. Denn der deutsche Abschluss wird in Russland nicht anerkannt, erklärt die siebzehnjährige Anastasia Kanawina.
    "Deswegen sollte ich eigentlich wirklich in Deutschland studieren und ich finde es hier gut mit dem Bachelor- und Mastersystem oder dass man arbeiten kann und parallel auch studieren. Ich finde es auch gut, dass man Austauschjahre machen kann. Aber ich würde nicht sagen, dass es mir in Deutschland besser gefällt als in Russland."
    Für eine Woche sind die russischen und deutschen Schüler in Berlin und informieren sich über das deutsche Hochschulsystem. Die deutsche Schule in Moskau hat die Reise initiiert. Und gleich zu Beginn soll die Mitarbeiterin vom Studienkompass den Schülern einen guten Überblick über alle Studienmöglichkeiten verschaffen - ganz unabhängig von den einzelnen Hochschulen, betont Mathe- und Physiklehrer Benno Winkler.
    "Also dass nicht eine Hochschule für sich besonders wirbt, sondern dass die Schüler hier wirklich erst einmal einen umfassenden Überblick kriegen. Diese allgemeine Orientierung, seht euch Tests an, dass die Schüler das auch kennenlernen. Weil in Moskau haben wir eben nicht die Möglichkeit, auch an Hochschulen zu gehen."
    In Deutschland dagegen schon - und das sozusagen im Akkord. Die Schülerinnen und Schüler aus Moskau haben den Campus der Humboldt-Uni kennengelernt, besuchen die Technische Hochschule Wildau und bekommen auch an der Freien Universität Einblicke ins Uni-Leben.
    Der Morgen beginnt mit einer Physik-Vorlesung, viertes Semester. Simon Labrenz versteht nichts von dem, was an der Tafel steht. Atom- und Molekularphysik will der siebzehnjährige Deutsche auch gar nicht studieren. Lieber IT-Security. Sein Vater arbeitet für Siemens in Moskau. Die Familie will im kommenden Jahr zurück nach München ziehen. Ein Studium in Russland kommt aber auch aus anderen Gründen für ihn nicht in Frage.
    "Man hat ein anderes System, nicht mit Bachelor und Master, wie man es hier in Deutschland hat. Sondern ist relativ früh schon auf einen Studiengang fixiert. Weswegen ich in Deutschland dann auch die Flexibilität einmal schätzen würde und einfach meine russischen Sprachkenntnisse jetzt auch nicht ausreichen würden, um dort, na ja, ein Studium abzulegen.
    In den Gesprächen mit den Dozenten und Studierenden erfährt er auch, dass ein Uniwechsel viel einfacher ist, als er bislang dachte. Die nächste Station: die Labore.
    Deutsche Ausstattung begeistert Moskauer Schüler
    In den Kellerräumen führen Physikstudenten Experimente vor, zeigen stolz den selbstgebauten 3-D-Drucker. Fjodor Below nickt anerkennend. Der siebzehnjährige Russe möchte gerne Biochemie, Biotechnologie und Genetik studieren. Dass er mit einem deutschen Abi in der Tasche lieber in Deutschland als in Russland studieren möchte, liege doch auf der Hand, sagt Fjodor Below. Außerdem seien die Unis hier viel besser technisch ausgerüstet als in Russland.
    "Solange die keine Finanzierung haben, steht da mal vielleicht so ein 50 Jahre altes Gerät aus der Sowjetzeit. Also mittlerweile investiert der Staat viel mehr als es in den 90ern der Fall war. Langsam aber sicher wird es modernisiert, aber ich mache halt nächstes Jahr mein Abi und zu dem Moment wird es noch nicht so ganz vollendet sein."
    Darum möchte er im kommenden Jahr gerne nach Deutschland ziehen. Die Studienreise habe ihn in seinem Entschluss gestärkt, sagt er. Nur wohin er zum Studieren geht, das weiß er jetzt noch nicht. Vielleicht ja zu den Biochemikern an die FU Berlin.