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Studienfinanzierung durch die Bank

Die Studiengebühren kommen. In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen auf jeden Fall, in anderen Ländern sind sie geplant, aber noch nicht beschlossen. Vor dem Hintergrund dieses finanziellen Mehraufwands für viele zehntausend Studierende bringen viele Kreditinstitute schon jetzt Angebote zur Studienfinanzierung auf den Markt.

Von Andrea Groß | 30.09.2005
    Michael Wisniewski ist 20 Jahre alt, stammt aus Gelsenkirchen und studiert Wirtschaftsinformatik im zweiten - von Oktober an im dritten Semester. Beworben hatte er sich seinerzeit an der Technischen Universität München. Zum einen, weil seine damalige Freundin das gut fand, aber ausschlaggebend war der Faktor, dass es sich um eine Uni von hervorragendem Ruf handelt. Als die Zulassung ins Haus flatterte, lag ein Infoblatt dabei: das Angebot einer Studienfinanzierung durch einen Bildungsfonds, den der Finanzdienstleister Career Concept aufgelegt hat. Michael Wisniewski bewarb sich und bekam auch da einen Zuschlag.

    "Dazu bewogen hat mich, dass mein Vater selbständig ist und zu viel verdient, als dass ich Bafög kriegen würde. Und das, was er mir geben könnte, reicht allerdings trotzdem nicht aus und so war es ein gutes Angebot."

    200 Euro bezieht er monatlich aus dem Bildungsfonds, das ist die Untergrenze. Damit kann Michael Wisniewski zwar nicht einmal die Miete in München bezahlen. Er hätte auch eine höhere Summe beantragen können - bis zu 750 Euro monatlich gewährt der Bildungsfonds - aber das wollte er nicht. Genauso wenig wie einen ganz normalen Kredit.

    Ein ganz normaler Kredit würde sich verzinsen. Das ist hier aber nicht so. Wenn ich mein Studium fertig habe und einen Beruf ergreife, dann muss ich monatlich 8,1 Prozent meines Nettogehaltes bezahlen. Und das über eine gewisse Laufzeit."

    Der Charme dieses Finanzierungsmodells liegt für Studierende darin, dass ihr Risiko praktisch bei Null liegt. Verdient Michael Wisniewski bei Berufseintritt beispielsweise so wenig, dass die Erstattung seiner Schulden ihm zuwenig zum Leben ließe, werden auch seine 8,1 Prozent gesenkt. Sollte er gar arbeitslos werden, müsste er gar nichts zahlen. Aber davon müssen die Anleger, die in den Bildungsfonds investiert haben, nicht ausgehen, dafür sorgt ein Auswahlverfahren, dass die künftige wirtschaftliche Elite in Deutschland eindeutig begünstigt. Martin Westrich arbeitet als Vermögensberater in Gelsenkirchen. Er berät Anleger.

    "Es gibt eine gewisse Auswahl von Studiengängen, die im Moment "in" sind, wo einfach nachweislich mehr Einkommen erzielt wird, als jetzt über ein Kunststudium. Wo jetzt ganz klar von dieser Gesellschaft eine Auswahl getroffen wird auf technische und mathematische Studiengänge und dann am liebsten noch auf Elite-Universitäten. Beispiel wäre da die Technische Universität in München."

    Ab Mitte Oktober geht auch die Deutsche Bank mit einem Kreditangebot für Studierende auf den Markt. Von dem neuen Angebot, so Gerhard Ranz aus der Investmentabteilung der Deutschen Bank in Bochum, können Studenten jeder Fachrichtung profitieren, vorausgesetzt, sie legen eine Art "Businessplan" für den Studienverlauf vor.

    "Es wird dann in dem Gespräch ein Studienplan besprochen und auch festgelegt, welche Fachrichtung, wann laufen die Prüfungen, damit man überhaupt ein Gerüst hat, für die Laufzeit - sowohl des Studiums und dann eben die Laufzeit des Kredites, die Auszahlung. Das wird in dem Gespräch festgehalten und auch durchaus mit dem Berater besprochen: Das und das sind meine nächsten Schritte. Diese werden dann auch im Verlauf des weiteren Studiums nach dem entsprechenden Semester noch mal kurz abgeglichen und dann auch entsprechende Nachweise des Studenten vorgelegt."

    Zwischen 200 und 800 Euro monatlich gewährt die Deutsche Bank. Allerdings für maximal fünf Jahre. Kann der Student keine Leistungsnachweise vorlegen, muss er dafür gute Gründe haben, sonst gibt es kein Geld mehr. Nach dem Ende des Studiums hat der Kreditnehmer bis zu 18 Monate Zeit, sich einen Job zu suchen. Danach wird ein neuer Vertrag aufgesetzt, der die Modalitäten der Rückzahlung regelt. Wer besonders schnell studiert, kann jederzeit den Kredit kündigen und auch eher zurückzahlen. Rabatte gibt es dafür aber nicht.

    "Er würde ja bei normalem Verlauf dann eine kürzere Studienzeit haben, auch möglicherweise, oder ganz sicher eine kürzere Auszahlung des Kreditbetrages haben, so dass dann der Rückzahlungsbetrag wahrscheinlich auch geringer ist, als der Betrag, den man am Anfang mal als Rahmen festgelegt hat. Aber einen Abschlag, wie beim Bafög, dass wird es bei uns nicht geben.

    Schon im Juni haben die Volks- und Raiffeisenbanken in Bayern ein drei-Säulen-Programm auf den Markt gebracht: Neben dem Bildungskredit sieht es eine duale Ausbildung im eigenen Haus vor und ein Bildungs-Sparkonto, auf das Eltern beizeiten die Ausbildung ihrer Kinder ansparen können. Ein Mehr-Säulen -Modell haben auch die Sparkassen in der Schublade. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau plant für den Sommer 2006 ebenfalls einen Studentenkredit zu günstigeren Konditionen und mit längeren Laufzeiten als die der Deutschen Bank. Bei der Dresdner Bank will man erst einmal weitere Entwicklungen abwarten.