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Studiengebühren - der Bremer Weg

Zwei Jahre, nachdem das Bundesverfassungsgericht Studiengebühren grundsätzlich erlaubt hat, erheben heute sieben Bundesländer Studiengebühren. In Bremen müssen die so genannten Langzeitstudenten, Studierende ab dem 15. Semester, zahlen und diejenigen, die älter als 55 Jahre sind. Ob das Geld wie geplant den Studierenden zugute kommt, ist zwischen AStA und Uni-Leitung umstritten.

Von Beate Hinkel |
    Vor einigen Jahren noch galt die Bremer Universität als Reformuni. Zu ihrer Philosophie gehörte eine ausgeprägte Tutorienkultur. Studierende sollten in kleinen Gruppen, unterstützt von Studenten älterer Semester, Inhalte aus den Vorlesungen vertiefen und üben können. Da die Tutorien nicht zum Pflichtprogramm gehörten, wurden sie in den vergangenen Jahren weitestgehend eingespart. Dank der Studiengebühren hat Bremen diese Kultur wiederbeleben können, erklärt Ilse Helbrecht, die Konrektorin:

    " Wir haben in allen Fachbereichen auf dem Campus ein breites Tutorienprogramm gestartet. Studiertechniken, wie schreibe ich eine wissenschaftliche Arbeit, wie orientiere ich mich auf dem Campus. Und ein zweiter Ansatzpunkt ist, Langzeitstudenten spezielle Kurse, Workshops anzubieten, wie schreibe ich meine Abschlussarbeit, etwas anzubieten zum Übergang von der Hochschule in den Arbeitsmarkt hinein. Das können Tutoren leisten, plus, dass es den schönen Nebeneffekt gibt, wenn Studiengebühren verwendet werden, dann landet das Geld der Studiengebühren in den Taschen der Studenten selbst. "

    Ausschließlich zur Verbesserung der Lehre sollen die Studiengebühren verwendet werden, sagt auch Georg Müller-Christ, Studiendekan im Fachbereich Betriebswirtschaft. Für seinen Fachbereich kann er bestätigen:

    " Die Tutorien gab es seit einiger Zeit nicht mehr, weil das Land Bremen die Mittel gekürzt hat und wir immer mehr darauf angewiesen waren, eine reine Frontalvorlesung zu machen. Die Studiengebühren geben uns jetzt die Möglichkeit, wieder auf das Mittel zurückzugreifen. "

    Rund 13.000 Euro hat er für seine Studenten bekommen und kann damit alle beantragten Projekte finanzieren. Zufrieden ist auch Christian Palentien, zuständig für die Lehrerausbildung. Acht zusätzliche Tutoren bekommt er aus den Studiengebühren finanziert. Nun können auch sie die Fragen der 250 Studierenden beantworten, Hilfestellungen leisten und Rückmeldungen zu Übungsaufgaben geben. Christian Palentien:

    " Es gab schon so etwas wie Bibliotheksschulungen Campusralley das lief alles schon früher. Aber, dass wir für die VA ganz konkret zusätzliche Studierende zur Verfügung gestellt bekommen haben, das ist neu. "

    In den Chor der Zufriedenen mag der AStA-Vorsitzende Martin Seibert nicht einstimmen. Keineswegs seien die Gelder aus den Studiengebühren, wie von der Unileitung beschworen, zu 100 Prozent an die Studierenden gegangen. Die Verwaltungskosten für die Erhebung der Gebühren seien abgezogen worden, Gelder für Tutorien, die bislang aus dem Haushalt der Fachbereiche bezahlt wurden, in die Forschung umgeleitet worden. Und so kommt er zu dem Schluss:

    " Es gibt in gewissem Maße zusätzliche Tutorien. Es ist nicht bei allen, aber in vielen Fällen nur eine Umschichtung und kein zusätzliches Angebot. "

    Die Konrektorin weist diesen Vorwurf weit von sich.

    " Das ist eine falsche Behauptung. Das denkt der AStA sich zurecht. Wir haben nur das gefördert, was außerhalb der Studienprogramme liegt und on top da drauf kommt. Es steht nirgendwo geschrieben, dass die Studenten im ersten Semester eine Orientierung bekommen müssen. Das sind alles keine Pflichtaufgaben der Uni, die haben wir aber, Gott sei dank, über die Studiengebühren finanzieren können. "

    Ein anderer Vorwurf aus dem AStA wiegt da jedoch um einiges schwerer. Ein offenes Geheimnis sei es an der Universität, dass das von den Hochschulen unabhängige Studentenwerk Geld aus dem Gebührentopf bekommen haben soll, sagt Martin Seibert:

    " Da steht im Moment die Summe von 150.000 Euro im Raum für ein Jahr und noch mal 150.000 Euro für ein weiteres. "

    Auch die Konrektorin räumt auf Nachfrage ein:

    " Das Land Bremen hat uns angewiesen und gesagt, wir müssten an das Studentenwerk einen Teil der Studiengebühren im Vorabzug abgeben, das haben wir auch getan. Das war aber nicht unsere freie Entscheidung. "

    Die Bremer Bildungsbehörde weist dies zurück. Das Defizit des Studentenwerks sei zwar im Haushalt berücksichtigt worden. Dennoch hätte man sich nicht bei den Studiengebühren bedient, sagt ein Behördensprecher. So bleibt die Frage, was mit rund der Hälfte der Studiengebühren passiert ist. Denn eines ist klar: Laut Gesetz dürfen sie nur für die Verbesserung der Lehre verwandt werden.