Nach dem Grundstudium der Politikwissenschaften an der Universität Leipzig zum Hauptstudium an die Universität Köln wechseln - eigentlich müsste das ganz einfach sein, dachte sich Lena Brochhagen. Eigentlich.
"Es war erstmal schwierig zu durchschauen, was ich wo machen muss. Dann musste ich die Öffnungszeiten anpassen, ewig warten, für eine Sprechstunde musste ich aus Leipzig kommen, um nur 10 Minuten in der Sprechstunde zu sitzen und nur einen Stempel zu bekommen. Da musste ich halt 600 Kilometer pro Richtung fahren. Ja, also ... das war kompliziert."
1200 Kilometer An- und Abreise für einen Stempelabdruck - für Studierende, die innerhalb Deutschlands die Hochschule wechseln wollen, ist das immer noch der Normalfall. Zwar schwärmen europäische Bildungspolitiker von grenzenloser Mobilität. Doch unnötige Schwierigkeiten tauchen schon beim Wechsel von Deutschland nach Deutschland auf. Lena Brochhagen findet es besonders ärgerlich, ...
" ... dass man für eine Sache in drei verschiedene Büros muss. Und drei mal Öffnungszeiten abpassen muss. Und dreimal Formulare mitbringen muss. Ich weiß nicht, wie oft ich mein Abi-Zeugnis mitgebracht hab! Aber irgendwann denkt man: Jetzt haben sie es doch gesehen! Jetzt müssten sie doch eigentlich wissen, dass ich Abi hab!"
Ein Problem, das Wolfram Eberbach kennt. Er ist Ministerialdirigent im thüringischen Kultusministerium und bei der Kultusministerkonferenz Berichterstatter im Hochschul-Ausschuss für studentische Angelegenheiten.
"Der Bologna-Prozess soll von der ganzen Idee her ja Mobilität ermöglichen durch vergleichbare Studienabschlüsse. Dadurch, dass man formal, wenn man so will, überall das Gleiche vorfindet und deshalb viel leichter wechseln kann. Aber es gibt auch ne gewisse gegenläufige Tendenz oder eine, die hier in die Quere kommen kann. Nämlich: Man sagt im Rahmen der Exzellenzförderung, die Hochschulen sollen sich profilieren, sollen ihre Schwerpunkte bilden. Und jetzt entwickelt sich das Problem, dass innerhalb dieser neuen Studiengänge zum Teil die Ausrichtung, die Schwerpunkte unterschiedlich gesetzt werden bei den einzelnen Hochschulen."
Mit weit reichenden Folgen für die Studierenden. Denn bei einem Wechsel ist es sehr wahrscheinlich, dass die neue Uni andere inhaltliche Schwerpunkte setzt - und deshalb bei der Anerkennung der alten Leistungsnachweise Probleme macht. Für Klaus Landfried, früher Präsident der Hochschul-Rektorenkonferenz, ist das ein Symptom für eine kleingeistige und regional orientierte Hochschulpolitik in Deutschland.
"Also, der Versuch, immer zu sagen: Wettbewerb ist nur Bremen gegen Oldenburg und Oldenburg gegen Hamburg und Hamburg gegen Kiel - nein, ich sehe da schon größere Verbünde. Denn wir sind im internationalen Wettbewerb nur dann gut aufgestellt, wenn wir auf einigen Feldern in der Forschung wie auch in der Ausbildung die kritische Masse für Spitzenleistungen haben, und das geht nicht, indem "my university is my castle" oder "my faculty is my castle" gilt, sondern nur dann, wenn wir wirklich große Einheiten haben."
Doch von Einheit ist die Hochschullandschaft noch weit entfernt. Das musste Lena Brochhagen bei ihrem Wechsel von Leipzig nach Köln feststellen.
"Ich hatte schon das Gefühl, dass alle ihr Studium am anspruchsvollsten finden. Und ich habe meine Leistung in Politikwissenschaft auch nur eins zu eins übertragen können, weil ich schon die Zwischenprüfung hatte. Sonst wäre das wohl überhaupt nicht gegangen, weil die in Köln der Meinung sind, dass ihr Studium so ganz anders ist als an jeder anderen Uni."
Diese Abwertung der Leistungen an einer anderen Hochschule sei aber in erster Linie ein Problem der Universitäten selbst und nicht etwa der Bundesländer, sagt Wolfram Eberbach.
"Die Bundesländer haben größtenteils sowieso ziemlich neue Hochschulgesetze, wir hier in Thüringen haben ja auch gerade eins, was erst seit Januar in Kraft ist, da ist der Rahmen auch sehr weit und die gehen alle drauf raus, den Hochschulen mehr Autonomie zu geben. Und im Rahmen dieser Autonomie ist das Problem dann angesiedelt, das heißt, da muss mehr koordiniert werden, muss mehr Absprache erfolgen, so dass der Gesetzgeber hier eigentlich nicht mehr im Spiel ist."
Doch bis der Hochschul-Wechsel nicht nur dem Gesetz nach, sondern auch in der Praxis leichter wird, dürfte es noch dauern. Lena Brochhagen empfiehlt anderen Wechsel-Willigen deshalb, vor allem viel Zeit einzuplanen. Und sie selber kann sich sogar vorstellen, den Sprechstunden-Marathon noch einmal zu durchlaufen.
"Also, ich will auch noch mal wechseln - nach Berlin, glaube ich. Man muss halt sich drauf einstellen, dass man viele Stunden mit Verwaltung vergeudet im Grunde - aber irgendwann ist man auch mal fertig. Ich geb' die Hoffnung nicht auf! Man kann viel Zeitung lesen ... also, irgendwie muss man die Zeit halt nutzen."
"Es war erstmal schwierig zu durchschauen, was ich wo machen muss. Dann musste ich die Öffnungszeiten anpassen, ewig warten, für eine Sprechstunde musste ich aus Leipzig kommen, um nur 10 Minuten in der Sprechstunde zu sitzen und nur einen Stempel zu bekommen. Da musste ich halt 600 Kilometer pro Richtung fahren. Ja, also ... das war kompliziert."
1200 Kilometer An- und Abreise für einen Stempelabdruck - für Studierende, die innerhalb Deutschlands die Hochschule wechseln wollen, ist das immer noch der Normalfall. Zwar schwärmen europäische Bildungspolitiker von grenzenloser Mobilität. Doch unnötige Schwierigkeiten tauchen schon beim Wechsel von Deutschland nach Deutschland auf. Lena Brochhagen findet es besonders ärgerlich, ...
" ... dass man für eine Sache in drei verschiedene Büros muss. Und drei mal Öffnungszeiten abpassen muss. Und dreimal Formulare mitbringen muss. Ich weiß nicht, wie oft ich mein Abi-Zeugnis mitgebracht hab! Aber irgendwann denkt man: Jetzt haben sie es doch gesehen! Jetzt müssten sie doch eigentlich wissen, dass ich Abi hab!"
Ein Problem, das Wolfram Eberbach kennt. Er ist Ministerialdirigent im thüringischen Kultusministerium und bei der Kultusministerkonferenz Berichterstatter im Hochschul-Ausschuss für studentische Angelegenheiten.
"Der Bologna-Prozess soll von der ganzen Idee her ja Mobilität ermöglichen durch vergleichbare Studienabschlüsse. Dadurch, dass man formal, wenn man so will, überall das Gleiche vorfindet und deshalb viel leichter wechseln kann. Aber es gibt auch ne gewisse gegenläufige Tendenz oder eine, die hier in die Quere kommen kann. Nämlich: Man sagt im Rahmen der Exzellenzförderung, die Hochschulen sollen sich profilieren, sollen ihre Schwerpunkte bilden. Und jetzt entwickelt sich das Problem, dass innerhalb dieser neuen Studiengänge zum Teil die Ausrichtung, die Schwerpunkte unterschiedlich gesetzt werden bei den einzelnen Hochschulen."
Mit weit reichenden Folgen für die Studierenden. Denn bei einem Wechsel ist es sehr wahrscheinlich, dass die neue Uni andere inhaltliche Schwerpunkte setzt - und deshalb bei der Anerkennung der alten Leistungsnachweise Probleme macht. Für Klaus Landfried, früher Präsident der Hochschul-Rektorenkonferenz, ist das ein Symptom für eine kleingeistige und regional orientierte Hochschulpolitik in Deutschland.
"Also, der Versuch, immer zu sagen: Wettbewerb ist nur Bremen gegen Oldenburg und Oldenburg gegen Hamburg und Hamburg gegen Kiel - nein, ich sehe da schon größere Verbünde. Denn wir sind im internationalen Wettbewerb nur dann gut aufgestellt, wenn wir auf einigen Feldern in der Forschung wie auch in der Ausbildung die kritische Masse für Spitzenleistungen haben, und das geht nicht, indem "my university is my castle" oder "my faculty is my castle" gilt, sondern nur dann, wenn wir wirklich große Einheiten haben."
Doch von Einheit ist die Hochschullandschaft noch weit entfernt. Das musste Lena Brochhagen bei ihrem Wechsel von Leipzig nach Köln feststellen.
"Ich hatte schon das Gefühl, dass alle ihr Studium am anspruchsvollsten finden. Und ich habe meine Leistung in Politikwissenschaft auch nur eins zu eins übertragen können, weil ich schon die Zwischenprüfung hatte. Sonst wäre das wohl überhaupt nicht gegangen, weil die in Köln der Meinung sind, dass ihr Studium so ganz anders ist als an jeder anderen Uni."
Diese Abwertung der Leistungen an einer anderen Hochschule sei aber in erster Linie ein Problem der Universitäten selbst und nicht etwa der Bundesländer, sagt Wolfram Eberbach.
"Die Bundesländer haben größtenteils sowieso ziemlich neue Hochschulgesetze, wir hier in Thüringen haben ja auch gerade eins, was erst seit Januar in Kraft ist, da ist der Rahmen auch sehr weit und die gehen alle drauf raus, den Hochschulen mehr Autonomie zu geben. Und im Rahmen dieser Autonomie ist das Problem dann angesiedelt, das heißt, da muss mehr koordiniert werden, muss mehr Absprache erfolgen, so dass der Gesetzgeber hier eigentlich nicht mehr im Spiel ist."
Doch bis der Hochschul-Wechsel nicht nur dem Gesetz nach, sondern auch in der Praxis leichter wird, dürfte es noch dauern. Lena Brochhagen empfiehlt anderen Wechsel-Willigen deshalb, vor allem viel Zeit einzuplanen. Und sie selber kann sich sogar vorstellen, den Sprechstunden-Marathon noch einmal zu durchlaufen.
"Also, ich will auch noch mal wechseln - nach Berlin, glaube ich. Man muss halt sich drauf einstellen, dass man viele Stunden mit Verwaltung vergeudet im Grunde - aber irgendwann ist man auch mal fertig. Ich geb' die Hoffnung nicht auf! Man kann viel Zeitung lesen ... also, irgendwie muss man die Zeit halt nutzen."