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Studierende Väter haben es schwer

Studieren ist nicht unbedingt einfach. Und manch einer oder eine verzweifelt fast, wenn es darum geht, Seminare, Prüfungen, Nebenjob und Studentenbude auf die Reihe zu kriegen. Richtig schlimm wird es aber dann, wenn Studierende - ob geplant oder ungeplant - auch noch ein Kind bekommen. Dann geht der Stress erst richtig los - meistens für die Mütter. Es gibt aber so einige Väter an der Universität.

    Ich weiß auf jeden Fall, dass mein Papa ganz nett ist. Zum Beispiel einmal ist er mit mir zum Eishockey gegangen und in das Kino und einmal hat er mich auch mit zur Uni genommen. War aber ein bisschen langweilig da. Weil da nix so richtig zum Spielen war.

    Ailien mag die Universität nicht. Aber Papa Steve Crow hatte keine andere Wahl. Jahrelang schleppte der Student seine Tochter mit in die Seminare und Vorlesungen - was für ein Stress!

    Meine Tochter hat sich dann irgendwann mal hinter den Dozenten gestellt und Kaspertheater gemacht und hat Gesichter gezogen und hat sich dann amüsiert. da war sie drei oder vier und fand das natürlich lustig. Alle anderen fanden das natürlich auch lustig, nur der Dozent nicht. Mit dem Resultat, dass er mich dann bat, das Kind dann das nächste Mal doch zu Hause zu lassen.

    Steve Crow studiert Kommunikations-Wissenschaften an der Freien Universität Berlin. Und die Tochter hat regelrecht ''mitstudiert'' - bis sie kürzlich sechs Jahre alt wurde und in die Schule kam. Für die Kommilitonen, besonders für die Kommilitoninnen, war das etwas ganz Besonderes: Vater und Tochter an der Uni. Und wehe, Steve brachte die Kleine mal nicht mit!

    Die Frauen, die fanden das immer ganz süß das Kind, ach wie hübsch! und weiß ich was alles und denn war das oft so, dass ich nicht gefragt wurde: na wie geht's denn? sondern: wo hast du denn deine Tochter - krank?

    Steve Crow ist verheiratet und hat mit seiner Frau auch noch einen Sohn, den zweijährigen Aiken. Aiken geht in den Kindergarten, denn von einem Kind im Hörsaal hat der Vater genug. So kann Steve auch mal in Ruhe lernen, zumindest vormittags ein paar Stunden. Nachmittags, wenn beide Quälgeister zu Hause sind, ist nämlich die Hölle los.

    Ich kenn das von den Klausuren, die ich gemacht habe, man kommt her, setzt sich and en Tisch, Ordner raus, liest. So. Dann kann ich nicht arbeiten, weil dann die Kinder kommen, die wollen dann natürlich spielen, dann quaken sie in der Wohnung umher - ist alles für die Katz.

    Sein Sohn ergänzt:

    Manchmal sind wir ein bisschen zu laut. Könnt ihr mal ein bisschen leiser sein? Und dann müssen wir mäuschenstill sein.

    Steves Frau ist Krankenschwester, arbeitet im Schichtdienst und verdient nicht genug für alle. Deshalb muss der Vater neben dem Studium auch noch jobben - auf dem Bau oder als Krankenpfleger. Doch die Studentenjobs sind schwer zu bekommen, denn bei der Arbeits-Vermittlung der Freien Uni hat er keine Chance. Auch wenn die Vermittlung sich ganz kinderfreundlich nennt: Heinzelmännchen. Steve Crow:

    Heinzelmännchen - da was zu finden ist so gut wie unmöglich. Da muss man acht Uhr morgens da sein, da gibt man seine Heinzelmännchenkarte ab, dann wird ausgelost, welche Nummer man kriegt, Das hieße also ich müsste um acht Uhr da sein mit dem Kind und müsste dann abwarten bis die Verlosung ist, das acht bis halb neun, dann müsste ich den Kleinen zum Kindergarten bringen um neun, aber um neun werden die ersten Jobs wieder vergeben - da schaff ich zeitlich gar nicht.

    Iris Breul vom Deutschen Studentenwerk bilanziert:

    Ich glaube, dass Väter immer noch besonders ein Verantwortungsgefühl dafür haben, ne Familie finanziell zu versorgen. Dass sie also häufig viel arbeiten. Wir haben relativ viele ausländische Studierende, die auch Kinder haben, wo dann die Väter viel arbeiten neben dem Studium, um möglichst viel Geld zu verdienen, um ihre Frauen und Kinder und manchmal auch ihre Eltern zu unterstützen.

    Das Berliner Studentenwerk finanziert ein besonderes Beratungs-Projekt, das Projekt ''Studieren mit Kind''. Hier gibt es Tipps über BAföG, Sozialhilfe und über Gelder für Alleinerziehende. Väter sind hier aber seltene Gäste.

    Also meistens sind es die Frauen, die sich mit den meisten Problemen rumschlagen so rund um Kinderkriegen und da Fragen haben. Grundsätzlich sind es auch mehr Frauen, die Beratungsstellen aufsuchen als Männer.

    Auch Steve Crow versucht sich ohne Beratung durchzubeißen. Denn eine richtige Lösung für das Problem ''Familie u n d Studium'' weiß niemand, sagt er.

    Normale Studienzeit ist glaub ich acht Semester und ich habe schon über das Doppelte. So läppert sich dann das ganze Studium nach und das wird dann immer länger und immer länger und irgendwann frustet man dann nur noch. Ehefrau Stefanie macht immer wieder Druck, damit der ganze Stress mit der Uni, den Nebenjobs und dem knappen Geld nicht umsonst war. Steve bereut aber nicht, dass er noch während des Studiums Vater geworden ist.

    Klar ist das ein Nachteil, kann man schlechter lernen. Man kann das... Aber dafür hat man die Kinder. Das ist ja nun wieder was anderes. Und dann hab ich eben woanders einen Nachteil, aber ich finde das schon wichtiger, muss man Prioritäten setzen.

    Autor: Jens Rosbach