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Studium mit Glück

Das hat es in Deutschland noch nicht gegeben: An der Universität Wuppertal wird Anfang kommenden Jahres ein Master-Studiengang für die Baubranche verlost. Immerhin 14.000 Euro kostet der berufsbegleitende und auf zwei Jahre angelegte Master-Studiengang Real Estate Management and Construction Management (Immobilienwirtschaft und Projekt-Management). Verlost wird das wertvolle Bildungsgut an Firmen, die an einer Umfrage der Uni teilnehmen. Es geht dabei um die Frage, welche Anforderungen die Bauwirtschaft an den Masterstudiengang stellt.

Von Kai Toss | 22.12.2003
    Im Januar ist es soweit. Bis jetzt haben rund 80 Unternehmen aus der Baubranche an der Umfrage teilgenommen. Zum Beispiel die Karstadt Immobilien AG. Deren Vertreter Dr. Henning Hager hat die Fragen beantwortet,

    ... weil wir in den immobilienwirtschaftlichen Ausbildungsgängen noch erhebliche Lücken und Defizite erkennen.

    Hager bezeichnet die bundesweit 20 Titel von rund 40 Weiterbildungseinrichtungen als unübersichtlich und heterogen. Die Anforderungen seines Hauses umschreibt er so:

    Jene, die bei uns im Immobilien-wirtschaftlichen Bereich arbeiten, haben ganz unterschiedliche Hintergründe. Es gibt einige, die aus dem Architektur- und Bauingenieurbereich kommen. Es gibt andere, die aus dem betriebswirtschaftlichen Bereich kommen und unser Wunsch ist, dass immer das Fehlende ergänzt wird.

    Petra Richter von der Firma Management für Immobilien AG beklagt sogar den Mangel an gut qualifizierten Persönlichkeiten in der Branche. Interdisziplinäres Denken und Teamfähigkeit sind für sie mehr als Schlagworte.

    In der Baubranche heißt das, dass ich einen Generalisten haben muss, der über sein Fachgebiet hinaus noch andere Fachbereiche abdecken kann und sich hineindenken kann. Ein Jurist in der Projektentwicklung muss also auch Kenntnisse von Finanzdingen haben, er muss Wirtschaftlichkeitsberechnungen anstellen können, er muss Kenntnisse im Städtebaurecht haben. Es reicht nicht alleine juristisches Denken, es reicht auch nicht alleine wirtschaftswissenschaftliches Denken, sondern es muss eine Kombination aus vielen Fachgebieten sein, die dann zusammen geführt werden.

    Genau diese Fähigkeiten will Professor Claus Jürgen Diederichs in seinem Masterstudiengang vermitteln.

    Es geht darum, Leute aus der Bauwirtschaft, die bereits - mindestens ein Jahr lang - im Beruf stehen, also Architekten, Bauingenieure, Fachingenieure für technische Gebäudeausrüstung, Kaufleute und Juristen zu Generalisten im Projektmanagement komplexer Bauvorhaben heran zu bilden und sie gleichzeitig in die Lage zu versetzen, die Unternehmen, aus denen sie kommen, als Nachwuchsführungskräfte zu leiten.

    Immerhin 14.000 Euro kostet der Master-Studiengang. Der 37jährige Hans-Peter Richter ist einer der ersten 17 Studenten. Er ist Diplom-Bauingenieur und arbeitet im Hochbau in der Bauleitung.

    Aufbauend auf einer technischen Ausbildung gilt es einfach das Spektrum zu erweitern, über den Tellerrand hinaus zu gucken - im betriebswirtschaftlichen Bereich, aber auch im juristischen Bereich, also die gesamte Laufzeit und Historie einer Immobilie abdecken zu können.

    Richter zahlt den Masterstudiengang selber. Die Strapazen der zweigeteilten Ausbildung nimmt er in Kauf.

    Zum einen hier in Wuppertal, zum anderen in England in Reading. In Wuppertal sieht das so aus, dass wir uns alle zwei Wochen treffen - von Donnerstag bis Samstag oder auch Sonntag. Die England-Aufenthalte sind zwei Wochen im Block, und so lässt sich das fast wie ein Urlaub gestalten.

    Wie Urlaub wohl kaum. Die Ausbildung findet er aber gut. Ob die Vertreter anderer Firmen aus der Baubranche das genauso sehen, will die Uni mit ihrer Umfrage herausfinden. Anfang kommenden Jahres wird der Studiengang verlost.