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Studium und Schuldenfalle

Britische Studenten wie Studien-Absolventen sind die Zukunft der Banken. Beide Bevölkerungsgruppen wissen schon heute, dass Studienabschluss Zahltag bedeutet. Wie im UK üblich, müssen Studierende Studiengebühren bezahlen. Die liegen derzeit in England und Wales bei den Normal- Unis bei rund 1500 Euro, die Elite Unis wie Oxford oder Cambridge verlangen natürlich gleich ein Vielfaches mehr. In Schottland liegen die Studiengebühren dank eigener Kulturhoheit bei rund 1000 Euro.

Udo Seiwert-Fauti |
    Die Untersuchung der britischen Bankengruppe National Westminister hat aktuell für England, Wales und Schottland herausgefunden, dass die Schulden der Studenten immer mehr anwachsen. Alleine im letzten Jahr stiegen die Schulden um 4.000 Pfund oder 6.000 Euro an. Ein britischer Studienabsolvent beginnt damit sein Arbeitsleben hochverschuldet. Auf derzeit durchschnittlich 18.270 Euro Schulden aus dem Studium kommen die Absolventen des Abschluss-Jahrgangs 2004.

    Ich habe gerade meinen Abschluss hinter mir und habe noch mein Geld aus meiner Studentenanleihe. Ich kann meine Schulden derzeit nicht zurückzahlen, da ich noch einen Zusatz-Abschluss erwerben muss. Ich muss jetzt schon dauernd an meine Zinsen, die Schulden denken. Ich denke, für die Rückzahlung brauche ich mindestens 10-15 Jahre und dazu vor allem einen tollen Job, sagt diese Studentin.

    Schulden sind einmal die Studiengebühren, die im Vereinten Königreich üblicherweise durch Anleihen oder durch Zuschüsse des Staates solange bezahlt und vorgestreckt werden, solange sich der Student verpflichtet sie nach Berufsbeginn wieder zurückzuzahlen. Das sind aber auch die derzeit auf Höchstniveau liegenden Mieten für Studentenwohnungen, die täglichen Ausgaben für den Lebensunterhalt, und für die Freizeit. So es denn überhaupt noch freie Zeit für Studenten gibt, ist man versucht hinzuzufügen. Mehr als 84 Prozent der befragten Studenten muss jobben, um sich das Studium und das angeblich lustige Studentenleben überhaupt noch leisten zu können.

    Die Lage wird immer schwieriger, der finanzielle Druck größer, da braucht man einen Nebenjob, um sich das alles leisten zu können, meinen beide. Jedoch, auch das Jobben wird immer schwieriger. Nur 35 Prozent der Studierenden fanden in diesem Jahr einen Neben-Job. Gegenüber 2003 ist das ein Minus von 18 Prozent Immer mehr Studierende überlegen sich ernsthaft, ob der studentische Nebenjob aus Kostengründen nicht eine gute Zukunftsalternative sein könnte. Sie geben ihr Studium auf und machen aus dem Nebenjob ihren Haupt-Geldverdienst. Für immerhin drei Viertel der befragten Nebenjobber ist dies mittlerweile eine gute Studium-Alternative.

    Wer trotz aller Kosten das Studium durchhält, lebt kurz vor dem finanziellen und auch akademischen Abgrund, auf des Messers Schneide. Ein Fünftel der britischen Studenten gab bei der Befragung an, sie würden schon mal öfter eine Vorlesung ausfallen lassen oder genauer ausgedrückt: Ausfallen lassen MÜSSEN: Der Nebenjob war wichtiger als das Studium.

    Vor diesem Hintergrund wird schnell deutlich, warum die jährlichen Graduierungsfeierlichkeiten britischer Universitäten zu wahren Jubel- und Saufarien ausarten. Es ist einmal ganz sicher die Freude, trotz der knappen Finanzen das Studium überhaupt geschafft zu haben. Die Aussicht auf die berufliche Zukunft ist dann ein guter Grund, sich erst einmal zu betrinken.

    Die ist nämlich nach den aktuellen Zahlen der britischen Hochschul-Aufsichtsbehörde keineswegs rosig. 62 Prozent der Absolventen 2003 arbeiteten seschs Monate nach Studienabschluss in Jobs, die nicht ihrem Studium entsprachen. Vor allem Sekretärinnen - und Verwaltungsjobs mussten herhalten, um das Überleben zu sichern.

    Die Arbeitslosenquote der Studienabgänger liegt derzeit bei 7,2 Prozent Hohe Schulden aus dem Studium, dann keine adäquaten Jobs, um die Schulden zurückzubezahlen, für Studienanfänger ist alleine diese Aussicht nicht gerade ermutigend. Sie wird zunehmend trostloser, denn nach der NatWest Umfrage wird ihre erwartete Schuldenlast bis zum Studienabschluss 26.000 Pfund oder 39.000 Euro betragen. Das durchschnittliche Brutto- Jahreseinkommen liegt in Großbritannien bei derzeit 22.000 Pfund.