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Süße Freuden, saure Leiden

Vorsicht bei Tomaten, Erdbeeren, Himbeeren... - wer an einer Fruchtzuckerunverträglichkeit leidet, muss bewusster essen. Ein falscher Bissen kann da fatale Folgen haben. Eine Reportage vom Essenstisch.

Von Renate Rutta |
    Bonn, Dienstagabend, Rebecca räumt den Tisch ab, es gab Pizza zum Abendessen.

    "Da waren Tomaten drauf und überbacken mit Käse, es hat gut geschmeckt, Tomaten, die darf ich nicht - eigentlich. Aber wenn ein Brot oder so dabei ist, dann kann ich das mitessen und wenn Traubenzucker da drauf ist, dann vertrag ich das gut."

    "Meine Tochter Rebecca ist elf Jahre alt und wir haben letztes Jahr im November im Marienhospital in Bonn festgestellt, dass sie eine Fruktosemalabsorption hat. Das ist ne Unverträglichkeit gegen Fruktose und Sorbit."

    "Wir haben so einen Plan und da sind so weiße und schwarze Sachen und die weißen darf ich essen, die schwarzen nicht so, da ist Fruktose drin."

    "Ich ess jetzt Sauerkirschmarmelade, Sauerkirschen darf ich, Süßkirschen nicht. Erdbeeren darf ich auch nicht, aber ich esse sie, weil ein paar vertrag ich auch. Himbeeren esse ich auch ein paar, aber nicht mehr so viele wie damals."

    "Grüne und gelbe Paprika darf ich auch nicht, Salat auch nicht mehr, obwohl ich den früher sehr gern gegessen habe."

    Rebecca hatte jahrelang nach dem Essen schlimme Bauchschmerzen, doch keiner wusste, warum.

    "Drücken im Bauch, als wäre mein Bauch richtig voll und ich hab auch früher viel gebrochen und war viel zu Hause. Und mir ist was ganz Peinliches passiert:ich hab im Bus gebrochen. Ich hab früher immer Himbeermarmelade gegessen und Himbeeren darf ich nicht und dann hab ich Bauchschmerzen gekriegt. Meine Mutter hat gesagt, ich soll aber versuchen, in die Schule zu gehen. Dann ist es im Bus passiert. Das war so peinlich."

    "Ich kann mich erinnern, schon im Kindergarten hat sie ausgedrückt, dass ihr Bauch weh tut aber das konnte man einfach nicht zuordnen, weil diese Bauchschmerzen bei Kindern kann ja auch psychologische Gründe haben, weil sie auch nicht gerne in den Kindergarten gegangen ist. Als es länger angehalten hat, waren wir beim Kinderarzt und da haben wir aufgeschrieben, was Rebecca isst und da hat der Kinderarzt gesagt, das ist alles in Ordnung und hat uns wieder nach Hause geschickt, dass das so mehr in die psychosomatische Ecke geht."

    "In der ersten Klasse, mit sechs, da hat die Fruktose angefangen, ich hab immer viele Bauchschmerzen gehabt. Ich habe so oft Bauchschmerzen gehabt, dass meine Mutter mir bald nicht mehr glauben wollte, dass ich so viel Bauchschmerzen gekriegt habe. Früher hab ich gebrochen, aber am nächsten Tag ging das gleiche wieder los."

    "Also insofern hat sich das Leiden bei Rebecca schon über Jahre hingezogen: Bauchschmerzen, Durchfall. Also es ist nicht immer zum Erbrechen gekommen, aber teilweise ja. Also bei Apfel und Honig war es so extrem, da ist sie vom Tisch aufgesprungen und ins Klo gelaufen und hat gebrochen. Also dieses Nichtwissen, was mit dem Kind ist, das nicht zuordnen können und das Kind leiden zu sehen, das ist nicht einfach auszuhalten."

    Bis eine befreundete Mutter Andrea riet, mit dem Kind zur Untersuchung direkt in eine Klinik zu gehen. Dort fand man endlich die Ursache für Rebeccas Bauchschmerzen.

    "Seit wir das jetzt wissen, geht es uns allen viel besser und Rebecca ist viel ausgeglichener. Und die Mutter sagte auch, ihr Kind war nach zwei/drei Wochen wie ausgewechselt, das kann ich nur bestätigen.Und wenn ich im Nachhinein bedenke, was das mit dem Kind psychisch macht: dass man essen muss und jedes mal wenn man isst, und es wird einem schlecht danach und dann geht dieser Kreislauf von vorne los und das über Jahre. Also ich bin wirklich froh, dass Rebecca jetzt gerne isst und da keine Angst vor hat, freut mich."