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Süße Lust ohne späte Reue

Ernährung. - 1500 Unternehmen aus aller Welt präsentieren derzeit in Köln einen besonders verlockenden Aspekt der Speisekarte: den Nachtisch und das Naschwerk für zwischendurch. Noch bis Mittwoch zeigt die in der Domstadt, dass dabei Zähne und einschlägige Körperpartien nicht immer die Leidtragenden sein müssen, wenn sich die Lust auf Süßigkeiten gegenüber der Vernunft durchsetzt. Mit dabei sind in diesem Jahr Gummibärchen mit Mehrwert und neue Zuckerersatzstoffe.

    Ein sattes Jubiläum feiert eine weltweit geschätzte Süßigkeit aus Bonn auf der Kölner Messe: Haribos Gummibären, angereichert mit Zucker, Säften und Aromen, werden in diesem Jahr stolze 80 Jahre alt. Jetzt, so verkündet Marketing-Leiter Christoph Bisewski stolz, habe man sogar einen neuen Nährwert in dem Erfolgsprodukt entdeckt: "Unsere Goldbären enthalten auch verwertbare Aminosäuren, die der Körper selbst gar nicht herstellen kann, und insofern sind wir erfreut, uns die Frage stellen zu können, wie gesund Gummibärchen sind." Untermauert wird dieser wahre Glücksfund umso mehr, als den neuesten Kreationen auch noch Vitamine beigemengt wurden. Damit folgt Haribo dem breiten Trend, Zuckriges mit Zusatzstoffen aufzuwerten.

    Andere Unternehmen setzen dagegen auf weniger Zucker: "Generell geht die Entwicklung hin zu weniger süßen Lebensmitteln, beispielsweise im Getränkesektor oder auch bei Joghurts. Der Konsument bevorzugt heute einfach weniger süße Produkte", konstatiert Albert Bär, Geschäftsführer der "Aktion Zahnfreundlich International" aus Basel, die nach zahngesundheitlich unbedenklichem Naschwerk Ausschau hält. Wird solches entdeckt und hält es entsprechenden Test stand, so werden die Produkte mit einem Zertifikat ausgestattet, das die Verwendung eines "Zahnmännchen" getauften Werbesymbols erlaubt. Zahnfreundliche Süßigkeiten sind überhaupt möglich, weil in der Vergangenheit verschiedene Verfahren zur Herstellung bezahlbarer Zuckerersatzstoffe entwickelt wurden. So wurde in den USA jetzt Trehalose zugelassen. Die Substanz erfüllt im Kreislauf von Insekten dieselbe Funktion wie Glukose beim Menschen und ist auch in Bäckerhefe und vielen Pflanzen zu finden: "Einer der Vorteile der Trehalose ist ihre geringere Süßkraft. Dadurch werden andere Aromen weniger zugedeckt und ein weniger süßes Nahrungsmittel erhält einen volleren Geschmack", erklärt Bär. Allerdings mögen auch Plaque-Bakterien den Stoff und erhalten damit neue Kraft für die Kariesbildung.

    Tagatose, eine eigene Zuckerart, kann dagegen nicht von den Keimen verwertet werden. Indes ist auch dieses süße Double nicht ohne Tadel: es wirkt wie ein leichtes Abführmittel und zwingt nach übermassigem Konsum auf das stille Örtchen. Dafür bringen neue Zuckerersatzstoffe mitunter auch andere neue Eigenschaften mit sich. "Während mit Maltit-Sirup hergestellte Bonbons einzeln verpackt werden mussten, weil sie sehr leicht verklebten, sind jetzt zahnfreundliche Hartkaramellen auf der Basis des neuen Isomalts möglich." Zwar bietet dieses Produkt nicht den wohlbekannten Manschgenuss im Mund, dafür erspart es aber die bange Frage, ob sich die Weichkaramelle einer Plombe bemächtig hat.

    [Quelle: Mathias Schulenburg]