Montag, 29. April 2024

Archiv

Sydney
Erste Geiseln fliehen aus Café

Ein Mann hat noch immer Dutzende Geiseln in einem Café in der australischen Stadt Sydney in seiner Gewalt. Eine mitgebrachte Fahne mit dem muslimischen Glaubensbekenntnis deutet auf einen islamistischen Hintergrund hin. Laut Polizei soll es sich bei dem Täter um einen iranischen Flüchtling handeln. Erste Geiseln konnten jetzt entkommen.

15.12.2014
    Polizisten entfernen eine TV-Kamera nahe des Cafés, in dem die Geiselnahme stattfindet.
    Polizisten entfernen eine TV-Kamera nahe des Cafés, in dem die Geiselnahme stattfindet. (picture alliance / dpa - Joel Carrett)
    Bei dem Geiselnehmer handelt es sich nach Angaben der australischen Polizei um einen 50 Jahre alten Mann aus dem Iran, der in Australien Asyl erhalten hat. Er ist nach Medienberichten wegen sexueller Übergriffe und im Zusammenhang mit dem Tod seiner Frau angeklagt. Zur Zeit sei er auf Kaution frei. In der Vergangenheit habe er Hassbriefe an die Angehörigen gefallener australischer Soldaten geschrieben, berichtete die Zeitung "The Age".
    Der Mann habe am zentralen Martin Place in Sydney eine "unbekannte Anzahl von Geiseln" in seiner Gewalt, sagte der Polizeichef des Staates New South Wales, Andrew Scipione, auf einer Pressekonferenz. Es handelt sich nach Angaben der Polizei um einen einzelnen Bewaffneten. Die Umgebung wurde weiträumig abgesperrt. Hunderte Schaulustige hinter Absperrungen beobachteten die Szene in der Innenstadt.
    Medienvertreter und Schaulustige versammeln sich nahe des Cafés in Sydney, in dem ein Mann mutmaßlich bis zu 30 Geiseln genommen hat.
    Medienvertreter und Schaulustige versammeln sich nahe des Cafés in Sydney, in dem ein Mann mutmaßlich bis zu 30 Geiseln genommen hat. (picture alliance / dpa - Joel Carrett)
    Die erste Priorität sei, jede Geisel sicher aus der Situation herauszubekommen, sagte Scipione. Er wollte sich nicht zu Motiven des Täters und einem mutmaßlichen terroristischen Hintergrund äußern. Scipione forderte alle Medien auf, den Geiselnehmer dazu zu drängen, mit der Polizei zu sprechen, falls er sie kontaktiere.
    Bislang fünf Geiseln konnten entkommen, sagte die stellvertretende Polizeichefin Catherine Burn. Sie machte keine Angaben, ob der Geiselnehmer sie frei ließ oder ob sie flüchteten. Im Moment befänden sich weniger als 30 Geiseln in der Gewalt eines bewaffneten Täters. Niemand sei bislang verletzt worden. Polizei-Verhandler stünden jetzt in Kontakt mit dem Täter, sagte sie. "Das mag eine Weile dauern", sagte Burn.
    Die Polizei räumte mehrere Gebäude und wies die Menschen mit Bürofenstern direkt am Platz an, sich in die hinteren Teile ihrer Gebäude zurückzuziehen. Fernsehsender filmten den Geiselnehmer durch ein Fenster des Cafés. Auf dem Video war ein Mann mittleren Alters mit grauem Bart und einem Kopftuch zu sehen, auf dem offenbar arabische Schriftzeichen standen. Der Mann trug einen schwarzen Rucksack.
    Flagge deutet auf islamistischen Hintergrund hin
    Der Mann hatte am Montagvormittag (Ortszeit) mehrere Besucher und Angestellte eines Cafés als Geiseln genommen. In einem Fenster des Cafés war eine schwarze Flagge mit weißer arabischer Schrift zu sehen. Dabei scheint es sich um das islamische Glaubensbekenntnis Schahada zu handeln.
    Der australische Premierminister Tony Abbott sagte bei einer Pressekonferenz, noch sei das Motiv des Geiselnehmers völlig unklar. "Wir wissen nicht, ob es politisch motiviert ist", sagte er. Es sprächen aber einige Anzeichen dafür. Abbott rief die Bevölkerung in Australien zur Ruhe auf.
    Bewaffnete Polizisten während der Geiselnahme in Sydney
    Bewaffnete Polizisten während der Geiselnahme in Sydney (afp / Saeed Khan)
    Terroralarm in Australien auf Stufe drei von vier
    In Australien herrscht seit September erhöhter Terroralarm. Es gilt Alarmstufe drei der vierstufigen Skala, was bedeutet: "Terroranschlag wahrscheinlich". Premierminister Abbott berief umgehend den Sicherheitsrat ein. "Es gibt Menschen auf der Welt, die uns Böses wollen", sagte er. Er rief die Australier auf, sich nicht von ihren Alltagsaktivitäten abhalten zu lassen. Das sei das Ziel von politisch motivierten Tätern, und dem dürfe man keinen Vorschub leisten.
    Martin Place ist ein historischer Platz in der Fußgängerzone im Geschäftsviertel. In der Umgebung arbeiten tausende Menschen. In unmittelbarer Nähe liegen mehrere Bankzentralen, das Büro des Ministerpräsidenten von New South Wales und das US-Konsulat.
    (nch/vic/stfr)