Archiv


Symbolträchtiger Besuch im Zedernstaat

Vom 14. bis 16. September 2012 besucht Papst Benedikt XVI. den Libanon. Nur rund 100 Kilometer entfernt toben die Kämpfe in Syrien. Gerade deshalb hoffen die Menschen der Region auf Impulse des katholischen Kirchenoberhaupts für mehr Gerechtigkeit in Nahost.

Von Corinna Mühlstedt |
    "Das Motto des Papst-Besuchs lautet 'Pax vobis' – 'Friede sei mit Euch'. Genau das ist die Botschaft, die wir hier dringend brauchen. Nicht nur im Libanon erwarten wir diesen Besuch mit Spannung. Menschen im gesamten Mittleren Osten, Nordafrika und der arabischen Welt hoffen auf ihn."

    Unvergessen, erklärt der libanesische Koordinator des Papst-Besuchs Marwan Tabet, seien im Libanon die Worte von Papst Johannes Paul II. Er machte nach Ende des dortigen Bürgerkriegs 1997 den rund vier Millionen Libanesen Mut zu einem Neubeginn:

    "Johannes Paul II. hat gesagt, der Libanon, dessen Verfassung Christen und Muslimen gleiche Rechte zugesteht, sei nicht nur ein 'Land', sondern eine 'Botschaft'. Sie richte sich an den Orient und an den Westen. Wir hoffen, dass Benedikt XVI. diesen Gedanken weiter führen wird. Denn wir brauchen heute dringender denn je eine Vision für das Zusammenleben von Muslimen und Christen, nicht nur im Libanon, sondern weltweit."

    Ein zentraler Schauplatz des Besuchs von Benedikt XVI. wird der kleine Ort Harissa sein, etwa 20 km nördlich von Beirut. Hier wird der Papst in der Sankt Pauls Kathedrale neben der Nuntiatur die Botschaft der Orient-Synode, die im Jahr 2010 in Rom getagt hatte, feierlich unterzeichnen.

    Am nahe gelegenen Maronitischen Patriarchat von Bekerke ist eine Messe geplant, zu der Tausende von libanesischen Jugendlichen erwartet werden. Die mit Rom unierten Maroniten sind mit rund 800.000 Gläubigen die größte Kirche des Libanons und haben das Land über Jahrhunderte geprägt. Doch der maronitische Erzbischof Camille Zaidan weiß:

    "Wir Maroniten werden hier in jüngster Zeit immer weniger. Unsere Familien sind heute kleiner als früher, sie haben im Schnitt nur noch ein bis zwei Kinder. Wir haben ein sehr gutes Bildungssystem, aber nicht alle Universitätsabsolventen finden im Libanon Arbeit. Viele qualifizierte junge Leute wandern deshalb aus – Christen ebenso wie Muslime. Wir müssen lernen, unsere Rolle angesichts dieser Probleme neu zu bestimmen. Ich hoffe, der Papstbesuch hilft uns dabei."

    Der Libanon ist das einzige arabisch geprägte Land, das sich nicht über den Islam definiert. Laut Verfassung sind Christen und Muslime zu je 50 Prozent im Parlament vertreten. Dieser Grundsatz findet auch heute noch Anwendung, obgleich inzwischen nur noch 30 Prozent aller Einwohner einer Kirche angehören.

    Der Papst-Besuch sieht auch ein Treffen mit muslimischen Religionsvertretern vor. Es wird im Präsidenten-Palast von Baabda, oberhalb von Beirut, stattfinden. Einer der führenden Schiitischen Geistlichen, Ali Fadlullah, wertet das Treffen als große Chance:

    "Es gibt in allen Religionen Extremisten. Und es gibt auf allen Seiten Versuche, über die Medien Lügen zu verbreiten, um Christen und Muslime gegeneinander auszuspielen. Deshalb müssen wir uns öfter persönlich treffen und Irrtümer, sobald sie entstehen, ausräumen. Aus diesem Grund ist der Papst-Besuch so wichtig. Wir Muslime hoffen, dass er – anders als es in seiner Regensburger Rede anklang – den Islam nicht grundsätzlich für eine gewalttätige Religion hält. Denn das wäre einfach nicht richtig. Im Gegenteil: Muslime und Christen haben viele gemeinsame Werte, und der Frieden gehört dazu."

    Wie die Christen sind auch die meisten einflussreichen Muslime im Libanon derzeit bemüht, ein Überspringen der Gewalt aus Syrien zu verhindern. Zu ihnen gehört Muhammad Sammak. Der Sunnit ist Generalsekretär eines landesweiten muslimisch-christlichen Dialog-Komitees. Die im Orient einmalige Institution gibt den Vertretern aller 18 im Libanon beheimateten Religionsgemeinschaften eine gemeinsame Stimme.

    "Sobald es nötig ist, beziehen wir zusammen Stellung gegenüber den Politikern unseres Landes. Wir sind unabhängig von der Regierung, werden aber von ihr geachtet. So können wir offen unsere Meinung sagen und uns für den Frieden einsetzen."

    Zum Abschluss seines dreitägigen Aufenthaltes wird der Papst am Hafengelände von Beirut eine große Messe feiern. Der Jesuit und Professor, Samir Kalil, der an der Beiruter St. Josefs Universität ein Zentrum für arabisch-christliche Studien aufgebaut hat, erhofft sich auch davon wichtige Impulse:

    "Ich denke, der Papst wird den Christen hier drei Dinge sagen. Erstens: Ihr habt in diesem Land die Aufgabe, Frieden zu stiften. Zweitens: Ich, der Papst, stehe zu Euch und komme zu Euch, weil Ihr mich hier braucht. Und drittens: Christen und Muslime können trotz unterschiedlicher Glaubensüberzeugungen eine friedliche Zukunft haben. Denn, wenn wir einander mit offenem Herzen begegnen, werden die Unterschiede zwischen unseren Religionen zur Bereicherung."