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Synchronisation
Die deutsche Stimme von...

Nicht nur durch Streaming-Dienste wie "Netflix" oder "Amazon" wird der Markt geradezu überschwemmt mit TV-Serien aus dem Ausland. Es herrscht Hochbetrieb in deutschen Synchronstudios, damit in ausländischen Serien "deutsch" gesprochen wird, aber der Flair nicht verloren geht. Eine Herausforderung für alle Beteiligten.

Von Angelika Tannhof | 17.05.2017
    Film-Szenen aus der TV-Serie "The Walking Dead" sind am 21.01.2015 in den Räumen des Berliner Synchonisationsstudios Eurosync auf zwei Monitoren zu sehen.
    Synchronisation von Serien - unter Druck Qualität liefern (dpa / Stephanie Pilick)
    Ein Freitagmorgen im Atelier 2 der Arena Synchron GmbH Berlin-Wilmersdorf. Vor Regisseur Gerrit Schmidt-Foss liegt das deutsche Dialogbuch für eine neue Folge von "Hawaii Five O". Nebenan schlüpft Schauspieler Viktor Neumann in die Rolle von Detective Lieutenant Chin Ho Kelly. Schmidt-Foss geht Take für Take diese Folge mit ihm durch. Wenn auch Tonmeister und Cutter zufrieden sind, ist die Szene im Kasten.
    Schmidt-Foss ist nicht nur Synchron-Regisseur, sondern zum Beispiel auch die Standardstimme von Leonardo di Caprio, oder er spricht Dr. Dr. Sheldon Cooper in der Serie "The Big Bang Theory".
    Von der Rohübersetzung zum deutschen Dialogbuch
    Während in vielen anderen Ländern fremdsprachige Filme und Serien untertitelt werden, wird in Deutschland fast alles synchronisiert, mit enormem Aufwand. Über tausend Schauspieler verdienen damit ganz oder teilweise ihr Geld. Hat ein Fernsehsender die Staffel eingekauft, entsteht zuerst eine Rohübersetzung aus der Originalsprache und daraus dann das deutsche Dialogbuch. Keine leichte Aufgabe, sagt Regisseur Schmidt-Foss.
    "Das ist die große Kunst den perfekten Kompromiss zu finden aus gutem Aussehen und textgetreuer Wiedergabe des original Gesprochenen."
    Eine Etage tiefer geht es leiser zu. Bei Profilage, der französischen Krimiserie um eine kapriziöse Kriminalpsychologin, die die Polizei bei den Ermittlungen unterstützt. Bei uns bekannt als "Profiling Paris" bei Sat 1. Regie führt Oliver Feld. "Die Franzosen" liebt er für ihre vielschichtigen Charaktere.
    "Ich habe es immer ganz gerne, dass man vorher die Szene sieht, dass man dann, auch wenn man nicht gleich das Französische versteht, die Intension aufsaugt. Und dann kann die sich praktisch mit dem Text fallen lassen und einfach zurückgeben wie so ein Spiegelbild, was man bekommt vom Original."
    Wenn es auf Deutsch klingt wie eine englische Serie
    Hochkonzentriert, mit Liebe zum Original und Gespür auch für die kleinsten Töne hört der Regisseur, wie die Schauspielerin Anne Helm Szene für Szene der Hauptfigur Adèle Delèttre nachspielt. Feld hat auch die Dialogbücher für Profilage geschrieben. Dieses hier hat insgesamt zehn Folgen. Rund 30 Stunden braucht der erfahrene Autor dafür. Eine Synchronisation ist dann gut, sagt Oliver Feld, wenn man sie nicht merkt.
    "'Mit Schirm, Charme und Melone' hat das so toll gezeigt. Wie schaffen es deutsche Schauspieler britisch zu klingen? Nur durchs Spielen, mit diesem Touch von Arroganz, Arroganz im positivsten Sinne. Emma Peel und John Steed, die so unglaublich britisch klangen, aber die sprechen deutsch. Da muss man erst mal drüber nachdenken. Sie haben es geschafft, diese Rondo Filmserie damals, dass sie auf Deutsch klingt wie eine englische Serie. Faszinierend."
    Neben einem guten Dialogbuch ist die Besetzung der Stimmen entscheidend. Sie sollen ähnlich klingen - oder eben ganz anders, aber passend zum Wesen der Figur - wie bei "Agent Scully in Akte X".
    "Franziska Pigulla, die hat nichts mit dem Original zu tun, aber sie toppt es. Sie gibt dieser Gillian Anderson durch ihre tiefe Stimme noch diesen Touch mehr interessante Seele und man hört noch liebevoller zu."
    Rund 50 Prozent mehr Synchronproduktionen
    Die Schauspieler synchronisieren hier immer alleine, lieber wäre ihnen ein Dialog-Partner, aber das lässt sich zeitlich kaum organisieren. Denn die ganze Branche steht sehr unter Zeitdruck. Nicht nur deutsche Sender, sondern auch Streaming-Dienste wie Netflix oder Amazon kaufen reichlich Filme und Serien ein. Entsprechend gefragt sind Synchronsprecher und die Staffel soll ja in Deutschland pünktlich an den Start gehen.
    Der deutsche Synchronverband schätzt, dass durch diese neuen Angebote rund 50 Prozent mehr Synchronproduktionen laufen als vorher. Unter Druck Qualität zu liefern, ist nicht so einfach. Und weil Auftraggeber auch in dieser Branche die Preise drücken, gibt es Billigstudios, die sie bedienen. Der Verband will dagegenhalten, mit einem Kodex, dem sich alle Mitglieder verpflichten und engagiert sich für eine gute Nachwuchsförderung.