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Syrien
USA vermuten Russland hinter Angriff auf Hilfskonvoi

Ein Regierungsberater aus den USA macht Russland für den Angriff auf einen Hilfskonvoi der Vereinten Nationen in Syrien verantwortlich. Russland weist die Anschuldigungen zurück - und spricht von einem amerikanischen "Informationskrieg".

21.09.2016
    Sie sehen einen der Lastwagen des Hilfskonvois, der aus der Luft angegriffen wurde. Der Lkw ist vollkommen zerstört.
    Nach dem Angriff auf den Konvoi wird darüber gestritten, wer verantwortlich ist. (AFP / Omar Haj Kadour)
    "Alle unsere Informationen besagen eindeutig, dass dieses ein Luftangriff war, für den nur zwei Einheiten verantwortlich sein können: das syrische Regime oder die russische Regierung", sagte der stellvertretende Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama, Ben Rhodes, in New York. "Auf jeden Fall machen wir Russland für Luftangriffe in dieser Gegend verantwortlich", sagte Rhodes. Denn Russland habe sich verpflichtet, Syrien zur Einschränkung seiner Luftangriffe zu bewegen. Er sprach von einem "skandalösen Akt". Es handle sich um eine "enorme menschliche Tragödie".
    USA berichten von zwei russischen Kampfjets
    Aus US-Regierungskreisen hatte es kurz zuvor aber bereits geheißen, zwei russische Kampfjets des Typs SU-24 hätten die Lkws angegriffen. Die Maschinen seien nach Erkenntnissen des US-Geheimdienstes genau zum Zeitpunkt der Bombardierung über dem Konvoi gewesen. Das führe zu dem Schluss, dass das russische Militär verantwortlich sei. Ein Sprecher des Pentagons bestätigte das zunächst nicht.
    Bei dem Vorfall in der Provinz Aleppo am Montag waren nach Angaben des syrischen Roten Halbmonds etwa 20 Menschen getötet und 18 von 31 Lastwagen des Konvois beschädigt oder zerstört worden. Hilfsgüter für Tausende leidende Zivilisten wurden vernichtet. Die UNO stellte ihre Hilfslieferungen vorerst ein. Auch die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte und eine weitere Aktivistengruppe, die Örtlichen Koordinationskomitees, machten russische und syrische Kampfjets verantwortlich.
    Russland: "USA führen Informationskrieg"
    Das Außenamt in Moskau wies alle Vorwürfe zurück. "Mit Empörung nehmen wir die Versuche wahr, der russischen und der syrischen Luftwaffe die Verantwortung für den Zwischenfall zu geben", hieß es nach Angaben der Agentur Interfax in einer Mitteilung. Für solche Anschuldigungen gebe es keine Beweise. "Das Militär wird die Vorgänge vom 19. September prüfen, um alle Details zu klären", hieß es weiter.
    Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, auf Videoaufzeichnungen sei gut sichtbar, dass Terroristen mit einem Lastwagen den Konvoi begleiten würden. "Auf dem Fahrzeug steht ein großkalibriger Granatwerfer", sagte Generalmajor Igor Konaschenkow. Der Vizechef des Verteidigungsausschusses in Moskau, Franz Klinzewitsch, rief die USA mit Nachdruck zur Zusammenarbeit mit Russland im Syrien-Konflikt auf. "Ich sage nicht, dass die USA den Konvoi bombardiert haben. Aber es ist klar, dass sie den Konvoi schamlos für einen Informationskrieg benutzen", kritisierte er.
    "Die Helfer sind Helden"
    Am Mittwoch kommt in New York der UNO-Sicherheitsrat zusammen, um über die neue Eskalation in Syrien zu beraten. An der Sitzung sollen auch die Außenminister der USA und Russlands, John Kerry und Sergej Lawrow, teilnehmen.
    Im Vorfeld äußerte sich auch UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon. In seiner Rede zum Auftakt der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York erhob er schwere Vorwürfe wegen des Angriffs auf den Konvoi und nannte die Luftschläge "widerlich". Zitat: "Es gibt eine erbärmliche Verrohung der Welt. Die Bombardierung des Hilfskonvois das jüngste Beispiel. Die Helfer sind Helden, diejenigen, die die Bomben warfen, sie sind Feiglinge."
    (nch)