Doch auch in anderen Landesteilen gibt es Menschen, die ohne Umweltkatastrophen kaum genug zum Überleben haben. Über schwarze und weiße Armut in den USA berichtet Maya Dähne.
Müllcontainer, Tankstellen, graue Häuser-Fassaden. Der Nordosten von Washington ist keine Augenweide. Nur ein paar Kilometer vom Weißen Haus entfernt beginnt das andere Washington. Die Menschen, die hier in den Apartmentblocks wohnen sind überwiegend schwarz – und arm. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 25 Prozent. Damit ist die Hauptstadt Spitzenreiter im nationalen Vergleich. Donna Bootright ist Teil der Statistik. Sie ist 40 Jahre alt und allein erziehende Mutter zweier Söhne.
"Wir kriegen jeden Monat einen Scheck von der Regierung. Sozialhilfe. Aber das ist das einzige Geld, das ich bekomme."
379 Dollar, davon muss Donna Miete, Essen und Kleidung für sich und ihre Söhne bestreiten. Die drei wohnen in einer Zweizimmerwohnung in einem Sozialbau. 72 Dollar kostet die Miete. Plus Strom und Wasser. Seit Monaten sucht Donna nach einem Job. Zigmal hat sie sich beworben. "Ich würde alles machen", sagt sie. Aber wer will schon eine übergewichtige, ungelernte Schwarze einstellen?
"Ich hab die Highschool abgebrochen und natürlich weiß ich dass es deshalb schwer ist Arbeit zu finden. Jeder Arbeitgeber verlangt irgendwelche Fähigkeiten und Erfahrung, die ich nicht habe."
Viermal hat sie im Personalbüro der Supermarktkette Giant vor einem Computer gesessen. Sie sollte den Bewerbungsbogen ausfüllen. Viermal war sie zu stolz zu sagen, dass sie nicht weiß, wie man einen Computer bedient.
"Ich wusste gar nicht, was ich an dem Computer machen soll. Niemand hat mir je beigebracht wie so ein Ding zu bedienen ist. Und keiner hatte Zeit und Geduld mir zu erklären, wie ich meine Bewerbung da reinstelle."
Donna zieht Jeans und Socken aus einer schmutzigen Plastiktüte und stopft sie in eine der Waschtrommeln im Nachbarschaftswaschsalon. "Mein Traumjob ist es, irgendwann selbst eine Wäscherei aufzumachen", sagt sie.
"Jeder hat doch irgendwas zu waschen. Kleidung, die gereinigt werden muss. Und ich hab zwei Söhne, die mir helfen würden, so eine Wäscherei zu führen."
Die zehn Dollar, die am Monatsende übrig bleiben, reichen allerdings oft nicht mal für die Münzwaschautomaten. Aufgeben tut sie trotzdem nicht. Neulich hat sie vor dem Weißen Haus demonstriert. Für einen Job und eine Perspektive.
"Ich sage zu Präsident Bush: Klar kann er mich vor dem Weißen Haus verhaften und in Handschellen legen lassen. Aber ich hab nichts verbrochen, nichts gestohlen, niemanden umgebracht. Ich will nur, dass er sich meine Geschichte anhört."
Einige Autostunden südwestlich von Washington, im Bundesstaat Virginia sieht Armut anders aus. Wälder, Farmen und kleine Dörfer liegen jenseits der Autobahn 81. Im 2000-Seelen-Ort Chilhowie säumen kleine Einfamilienhäuser die Hauptstrasse.
"Das ist Dollar General. Ich verbringe viel Zeit hier und kenne den Laden wie meine Westentasche."
Rita Henkins, eine stämmige kleine Frau mit Brille hält vor dem örtlichen Discountmarkt. Anlaufstelle Nummer eins für sie auf der Suche nach billigen Lebensmitteln.
"Von diesen Nudeln kann ich sechs Packungen für einen Dollar kriegen. Das ist gut. Ich kann ein paar von den teuren Spaghetti drunter mischen. Davon werden wir schon eine Weile satt."
Rita lacht obwohl sie manchmal nicht weiß, ob das Haushaltsgeld noch reicht bis zum Ende der Woche. Ihr Mann Robert arbeitet in einer Zementfabrik. Umgerechnet 1500 Euro im Monat verdient er – damit liegt das Einkommen der Familie knapp über der Armutsgrenze. Lebensmittelmarken bekommen sie deshalb nicht. Aber immerhin gibt es für die drei Henkins Kinder in der Schule ein warmes Mittagessen umsonst. Einmal pro Monat spendet ein lokaler Wohltätigkeitsverein eine 50-Kilo-Kiste mit Lebensmitteln. Und wenn mal wieder nicht genügend Brot im Haus ist, verzichte ich halt aufs Abendessen, sagt Rita und zuckt mit den Schultern.
"Ich erzähle meinem Mann dann einfach ich hätte schon gegessen oder mir ginge es nicht gut. Ich sorge dafür, dass er und die Kinder genug zu essen kriegen. Das ist das, was jede Mutter machen würde. Die Familie kommt immer zuerst, die Kinder und dann Robert. Er ist schließlich derjenige, der arbeiten muss und er braucht die Kraft dazu."
Ähnlich wie den Henkins geht es vielen Familien in Smyth County. Seit die Textilindustrie viele Betriebe in der Region dicht gemacht hat, fehlen Jobs. Und selbst wenn ein Elternteil arbeitet, müssen viele überlegen, ob sie ihr Geld für ein Abendessen, die fällige Strom und Wasserrechnung oder einen Arztbesuch ausgeben. Die Gesundheit ihrer Familie ist Ritas zweite große Sorge. Eine Krankenversicherung können sich die Henkins nämlich nicht leisten. Rita leidet manchmal an chronischen Rückenschmerzen und einer leichten Form von Epilepsie.
"Ich nehme schon lange keine Medikamente mehr. Die können wir uns einfach nicht leisten. Ich versuche den Stress gering zu halten, ruhig zu bleiben, mich viel zu bewegen. So kann ich ohne Medikamente einigermaßen klarkommen."
Statt zum Zahnarzt zu gehen, hat sie Anfang des Jahres versucht, eine heraus gebrochene Zahnfüllung mit Kerzenwachs zu reparieren. Immerhin sind dank eines staatlichen Programms zumindest die Kinder krankenversichert. Vor dem letzten dringend nötigen Arzttermin musste Rita vor einigen Monaten das einzige Familienerbstück verkaufen.
"Es war das sehr teure Blue Willow Geschirr meiner Ururgrossmutter. Ich hab’s verkauft, weil es einfach Dinge gab, die wir dringend brauchten, Butter und Brot. Ich hab das Geschirr für 50 Dollar verkauft und zwei Wochen später hab ich gesehen, dass sie es für 1000 Dollar angeboten haben."
Der tägliche Kampf um das Notwendigste zehrt an der 37 Jährigen: "Wir sind die arbeitenden Armen, the working poor", sagt sie. Im reichsten Land der Welt. Und manchmal ist sie einfach nur verzweifelt.
"Einmal hab ich mit meinem Priester gesprochen, das war letztes Jahr vor Weihnachten. Uns ging es mal wieder ziemlich schlecht und ich hab gesagt: 'Oh Gott, ich würde meine Seele verkaufen, um den Kindern etwas schenken und die Rechnungen bezahlen zu können'. Aber ich hab meine Seele nicht verkauft und ich wird's auch nicht tun. Irgendwie wird das alles schon einen Sinn haben."
Müllcontainer, Tankstellen, graue Häuser-Fassaden. Der Nordosten von Washington ist keine Augenweide. Nur ein paar Kilometer vom Weißen Haus entfernt beginnt das andere Washington. Die Menschen, die hier in den Apartmentblocks wohnen sind überwiegend schwarz – und arm. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 25 Prozent. Damit ist die Hauptstadt Spitzenreiter im nationalen Vergleich. Donna Bootright ist Teil der Statistik. Sie ist 40 Jahre alt und allein erziehende Mutter zweier Söhne.
"Wir kriegen jeden Monat einen Scheck von der Regierung. Sozialhilfe. Aber das ist das einzige Geld, das ich bekomme."
379 Dollar, davon muss Donna Miete, Essen und Kleidung für sich und ihre Söhne bestreiten. Die drei wohnen in einer Zweizimmerwohnung in einem Sozialbau. 72 Dollar kostet die Miete. Plus Strom und Wasser. Seit Monaten sucht Donna nach einem Job. Zigmal hat sie sich beworben. "Ich würde alles machen", sagt sie. Aber wer will schon eine übergewichtige, ungelernte Schwarze einstellen?
"Ich hab die Highschool abgebrochen und natürlich weiß ich dass es deshalb schwer ist Arbeit zu finden. Jeder Arbeitgeber verlangt irgendwelche Fähigkeiten und Erfahrung, die ich nicht habe."
Viermal hat sie im Personalbüro der Supermarktkette Giant vor einem Computer gesessen. Sie sollte den Bewerbungsbogen ausfüllen. Viermal war sie zu stolz zu sagen, dass sie nicht weiß, wie man einen Computer bedient.
"Ich wusste gar nicht, was ich an dem Computer machen soll. Niemand hat mir je beigebracht wie so ein Ding zu bedienen ist. Und keiner hatte Zeit und Geduld mir zu erklären, wie ich meine Bewerbung da reinstelle."
Donna zieht Jeans und Socken aus einer schmutzigen Plastiktüte und stopft sie in eine der Waschtrommeln im Nachbarschaftswaschsalon. "Mein Traumjob ist es, irgendwann selbst eine Wäscherei aufzumachen", sagt sie.
"Jeder hat doch irgendwas zu waschen. Kleidung, die gereinigt werden muss. Und ich hab zwei Söhne, die mir helfen würden, so eine Wäscherei zu führen."
Die zehn Dollar, die am Monatsende übrig bleiben, reichen allerdings oft nicht mal für die Münzwaschautomaten. Aufgeben tut sie trotzdem nicht. Neulich hat sie vor dem Weißen Haus demonstriert. Für einen Job und eine Perspektive.
"Ich sage zu Präsident Bush: Klar kann er mich vor dem Weißen Haus verhaften und in Handschellen legen lassen. Aber ich hab nichts verbrochen, nichts gestohlen, niemanden umgebracht. Ich will nur, dass er sich meine Geschichte anhört."
Einige Autostunden südwestlich von Washington, im Bundesstaat Virginia sieht Armut anders aus. Wälder, Farmen und kleine Dörfer liegen jenseits der Autobahn 81. Im 2000-Seelen-Ort Chilhowie säumen kleine Einfamilienhäuser die Hauptstrasse.
"Das ist Dollar General. Ich verbringe viel Zeit hier und kenne den Laden wie meine Westentasche."
Rita Henkins, eine stämmige kleine Frau mit Brille hält vor dem örtlichen Discountmarkt. Anlaufstelle Nummer eins für sie auf der Suche nach billigen Lebensmitteln.
"Von diesen Nudeln kann ich sechs Packungen für einen Dollar kriegen. Das ist gut. Ich kann ein paar von den teuren Spaghetti drunter mischen. Davon werden wir schon eine Weile satt."
Rita lacht obwohl sie manchmal nicht weiß, ob das Haushaltsgeld noch reicht bis zum Ende der Woche. Ihr Mann Robert arbeitet in einer Zementfabrik. Umgerechnet 1500 Euro im Monat verdient er – damit liegt das Einkommen der Familie knapp über der Armutsgrenze. Lebensmittelmarken bekommen sie deshalb nicht. Aber immerhin gibt es für die drei Henkins Kinder in der Schule ein warmes Mittagessen umsonst. Einmal pro Monat spendet ein lokaler Wohltätigkeitsverein eine 50-Kilo-Kiste mit Lebensmitteln. Und wenn mal wieder nicht genügend Brot im Haus ist, verzichte ich halt aufs Abendessen, sagt Rita und zuckt mit den Schultern.
"Ich erzähle meinem Mann dann einfach ich hätte schon gegessen oder mir ginge es nicht gut. Ich sorge dafür, dass er und die Kinder genug zu essen kriegen. Das ist das, was jede Mutter machen würde. Die Familie kommt immer zuerst, die Kinder und dann Robert. Er ist schließlich derjenige, der arbeiten muss und er braucht die Kraft dazu."
Ähnlich wie den Henkins geht es vielen Familien in Smyth County. Seit die Textilindustrie viele Betriebe in der Region dicht gemacht hat, fehlen Jobs. Und selbst wenn ein Elternteil arbeitet, müssen viele überlegen, ob sie ihr Geld für ein Abendessen, die fällige Strom und Wasserrechnung oder einen Arztbesuch ausgeben. Die Gesundheit ihrer Familie ist Ritas zweite große Sorge. Eine Krankenversicherung können sich die Henkins nämlich nicht leisten. Rita leidet manchmal an chronischen Rückenschmerzen und einer leichten Form von Epilepsie.
"Ich nehme schon lange keine Medikamente mehr. Die können wir uns einfach nicht leisten. Ich versuche den Stress gering zu halten, ruhig zu bleiben, mich viel zu bewegen. So kann ich ohne Medikamente einigermaßen klarkommen."
Statt zum Zahnarzt zu gehen, hat sie Anfang des Jahres versucht, eine heraus gebrochene Zahnfüllung mit Kerzenwachs zu reparieren. Immerhin sind dank eines staatlichen Programms zumindest die Kinder krankenversichert. Vor dem letzten dringend nötigen Arzttermin musste Rita vor einigen Monaten das einzige Familienerbstück verkaufen.
"Es war das sehr teure Blue Willow Geschirr meiner Ururgrossmutter. Ich hab’s verkauft, weil es einfach Dinge gab, die wir dringend brauchten, Butter und Brot. Ich hab das Geschirr für 50 Dollar verkauft und zwei Wochen später hab ich gesehen, dass sie es für 1000 Dollar angeboten haben."
Der tägliche Kampf um das Notwendigste zehrt an der 37 Jährigen: "Wir sind die arbeitenden Armen, the working poor", sagt sie. Im reichsten Land der Welt. Und manchmal ist sie einfach nur verzweifelt.
"Einmal hab ich mit meinem Priester gesprochen, das war letztes Jahr vor Weihnachten. Uns ging es mal wieder ziemlich schlecht und ich hab gesagt: 'Oh Gott, ich würde meine Seele verkaufen, um den Kindern etwas schenken und die Rechnungen bezahlen zu können'. Aber ich hab meine Seele nicht verkauft und ich wird's auch nicht tun. Irgendwie wird das alles schon einen Sinn haben."