Noch einmal kurz zurück zum Anfang der Causa, die das halbe Land bewegt.
Der Leverkusener Sportsfreund Stefan Kießling hat am Freitag aufs Hoffenheimer Tor geköpft. Sein Kopfball verfehlte das Tor recht knapp, nicht aber das Loch im Netz desselbigen. Weshalb der Ball schlussendlich im Tornetz zappelte, als wäre er durch den regulären, einzig vorschriftsmäßigen Eingang dorthin befördert worden.
Und diese Fußball-Urszene - Ball, Netz, Gezappel, das Runde bleibt im Eckigen liegen - wirkte derart suggestiv, dass der Schiedsrichter Felix Brych ein Tor gab, das es tatsächlich nie gegeben hatte.
Indem Dr. Brych auf den Anstoßpunkt zeigte, hat er also die vorliegende Tatsache souverän verdreht. Statt 'kein Tor gleich kein Tor' galt plötzlich die befremdliche Gleichung 'kein Tor gleich ein Tor'.
Das Zauberwort, dank dessen Dr. Brych einem Schöpfergott gleich aus dem Nichts Etwas - und zwar etwas ganz Erhebliches, nämlich das 2:0 für Leverkusen - erschaffen konnte, heißt Tatsachenentscheidung.
Und nun müssen wir uns von der grünen Grasnarbe auf die Höhe der Sprachphilosophie erheben.
Denn Tatsachenentscheidung ist ein Wort, in dem der intuitive Sinn durch den Gebrauch praktisch auf links gedreht wurde. Es wird ja gerade dazu benutzt, Entscheidungen zu rechtfertigen, die den Tatsachen Hohn sprechen - wie eben Felix Brychs Torentscheidung.
Tatsachenentscheidungen fallen also dann und erst dann als solche auf, wenn sie die Tatsachen verdrehen.
Nun muss man aber kein Sprachforscher sein, um einzusehen, dass die Schiedsrichter an Autorität nichts hinzugewönnen, wenn ihnen per Regelwerk das Recht auf Tatsachenverdrehung statt - entscheidung zugestanden würde.
Und es gilt auch die Ermahnung Ludwig Wittgensteins: "Die Bedeutung des Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache." Und das heißt hier: Man sagt Tatsachenentscheidung, weil es irgendwie besser klingt.
Die Sprache kennt ja jede Menge solcher Behübschungen, unter denen der 'Kolletaralschaden' der prominentste ist.
Andererseits gilt die These: Die deutsche Sprache verspricht sich nicht. Und das tut sie auch nicht bei der Tatsachenentscheidung nicht. Tatsächlich ist das befremdliche Wort das einzig richtige.
Wer je vor Gericht zu Unrecht verurteilt wurde, der weiß: Nicht die Wahrheit und nicht die Ge-rechtigkeit entscheiden über die Strafe, sondern das Urteil. Es ändert nichts an den Tatsachen, die sich ereignet haben, es erschafft in erster Linie eine neue Tatsache: die Strafe oder den Freispruch.
Und so auch die Tatsachenentscheidung im Sport. Wird eine solche gefällt, soll sie nur eines: Sie soll gelten.
Über diesen Fundamentalismus, den insbesondere die FIFA liebt, wird nun mal wieder gestritten. Und der Deutsche Fußballbund, der kein entschiedener Anhänger der Tatsachenentscheidung ist, wird wohl wieder zurückziehen, das Tor von Stefan Kießling gelten lassen und kein Wiederholungsspiel ansetzen.
Es wäre aber immerhin eine Geste, den, der das Tor tatsächlich gemacht hat, auch in die Torschützenliste aufzunehmen. Der Schütze des Leverkusener Zwei zu Nulls wäre demnach: Dr. Felix Brych.
Der Leverkusener Sportsfreund Stefan Kießling hat am Freitag aufs Hoffenheimer Tor geköpft. Sein Kopfball verfehlte das Tor recht knapp, nicht aber das Loch im Netz desselbigen. Weshalb der Ball schlussendlich im Tornetz zappelte, als wäre er durch den regulären, einzig vorschriftsmäßigen Eingang dorthin befördert worden.
Und diese Fußball-Urszene - Ball, Netz, Gezappel, das Runde bleibt im Eckigen liegen - wirkte derart suggestiv, dass der Schiedsrichter Felix Brych ein Tor gab, das es tatsächlich nie gegeben hatte.
Indem Dr. Brych auf den Anstoßpunkt zeigte, hat er also die vorliegende Tatsache souverän verdreht. Statt 'kein Tor gleich kein Tor' galt plötzlich die befremdliche Gleichung 'kein Tor gleich ein Tor'.
Das Zauberwort, dank dessen Dr. Brych einem Schöpfergott gleich aus dem Nichts Etwas - und zwar etwas ganz Erhebliches, nämlich das 2:0 für Leverkusen - erschaffen konnte, heißt Tatsachenentscheidung.
Und nun müssen wir uns von der grünen Grasnarbe auf die Höhe der Sprachphilosophie erheben.
Denn Tatsachenentscheidung ist ein Wort, in dem der intuitive Sinn durch den Gebrauch praktisch auf links gedreht wurde. Es wird ja gerade dazu benutzt, Entscheidungen zu rechtfertigen, die den Tatsachen Hohn sprechen - wie eben Felix Brychs Torentscheidung.
Tatsachenentscheidungen fallen also dann und erst dann als solche auf, wenn sie die Tatsachen verdrehen.
Nun muss man aber kein Sprachforscher sein, um einzusehen, dass die Schiedsrichter an Autorität nichts hinzugewönnen, wenn ihnen per Regelwerk das Recht auf Tatsachenverdrehung statt - entscheidung zugestanden würde.
Und es gilt auch die Ermahnung Ludwig Wittgensteins: "Die Bedeutung des Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache." Und das heißt hier: Man sagt Tatsachenentscheidung, weil es irgendwie besser klingt.
Die Sprache kennt ja jede Menge solcher Behübschungen, unter denen der 'Kolletaralschaden' der prominentste ist.
Andererseits gilt die These: Die deutsche Sprache verspricht sich nicht. Und das tut sie auch nicht bei der Tatsachenentscheidung nicht. Tatsächlich ist das befremdliche Wort das einzig richtige.
Wer je vor Gericht zu Unrecht verurteilt wurde, der weiß: Nicht die Wahrheit und nicht die Ge-rechtigkeit entscheiden über die Strafe, sondern das Urteil. Es ändert nichts an den Tatsachen, die sich ereignet haben, es erschafft in erster Linie eine neue Tatsache: die Strafe oder den Freispruch.
Und so auch die Tatsachenentscheidung im Sport. Wird eine solche gefällt, soll sie nur eines: Sie soll gelten.
Über diesen Fundamentalismus, den insbesondere die FIFA liebt, wird nun mal wieder gestritten. Und der Deutsche Fußballbund, der kein entschiedener Anhänger der Tatsachenentscheidung ist, wird wohl wieder zurückziehen, das Tor von Stefan Kießling gelten lassen und kein Wiederholungsspiel ansetzen.
Es wäre aber immerhin eine Geste, den, der das Tor tatsächlich gemacht hat, auch in die Torschützenliste aufzunehmen. Der Schütze des Leverkusener Zwei zu Nulls wäre demnach: Dr. Felix Brych.