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Telefon ohne Tasten

Technik. - Gestern verkündete Apple-Chef Steve Jobs den Einstieg seines Konzerns in den Mobilfunkmarkt. Auf der Messe "MacWorld" in San Francisco präsentierte er einen neuartiges Mobiltelefon, das die Eigenschaften von Apples Verkaufsschlager iPod mit denen eines modernen Handys vereint. Der Wissenschaftsjournalist Maximilian Schönherr erläutert das neue Produkt im Gespräch mit Ralf Krauter.

    Ralf Krauter: Wie revolutionär der neue Alleskönner wirklich ist und welche Chancen er hat, den umkämpften Handymarkt aufzumischen, darüber wollen wir nun reden. Im Studio ist mein Kollege Maximilian Schönherr, unser Experte für mobile Telekommunikation. Herr Schönherr, ist das neue Handy denn tatsächlich so bahnbrechend, wie uns Steve Jobs glauben machen will? Er sprach in der Präsentation ja von einem technologischen Fünfjahresvorsprung gegenüber der Konkurrenz.

    Maximilian Schönherr: Also, das ist ja eine Wissenschaftssendung, da kann man mit Exponentialfunktionen vielleicht mal werben. Wenn man in die letzte Zeit zurückguckt: Die letzten fünf Jahre waren ja eine rasant sich beschleunigende Entwicklung. Vor fünf Jahren hatte man diese Knochen von Handys, mit denen man telefonierte. Es heißt ja heute noch, du hast einen alten Knochen an Gerät, mit dem man nur telefonieren kann.

    Krauter: Die großen, klobigen Dinger?

    Schönherr: Ganz genau oder auch die dann schon etwas kleiner gewordenen, die nur telefonieren konnten. Und heute hat man das UMTS-fähige Multimediahandy. Das hier ist zum Beispiel eines. Es kostet ungefähr so viel wie das neue Apple-Handy kosten wird: 400 Euro schätze ich mal, der Preis in Europa ist noch nicht klar.

    Krauter: Das Ding ist so groß wie zwei Zigarettenschachteln ungefähr, um es kurz zu beschreiben. Man kann die Tastatur unten rausschieben und kann dann wirklich mit zwei Fingen auch E-Mails tippen und so was.

    Schönherr: Es ist eigentlich dem Apple-Handy gar nicht unähnlich von der Größe des Displays her. Das ist nämlich der Gag an dem Apple-Gerät. Es nennt sich iPhone natürlich, wie iPod und so weiter. Das Display füllt quasi die ganze Vorderseite aus. Bei diesem Gerät hier nicht - das ist ein typisches Kompromissgerät. Und damit hat Steve Jobs gestern in San Francisco auch quasi geworben für sein Teil: Allen anderen so genannten Smart-Phones, die klugen Telefone, die mehr als nur telefonieren können, wo man auch Bilder angucken und Musik anhören kann, sind überladen mit Knöpfen. Ich habe bei diesem Handy wirklich keine Möglichkeit, es richtig anzufassen, weil überall drum herum Knöpfe sind. Der eine löst die Kamera aus und so weiter. Das Display ist auch überladen mit Funktionen und ich brauche einen Griffel, um da richtig detailliert drauf zuzugreifen. Aber im Prinzip ist es auch ein berührungsaktives Display.

    Krauter: Aber was genau macht Apple denn nun besser: Weniger Köpfe, größeres Display?

    Schönherr: Ein Knopf. Das ist ja immer der große Wunsch von den Menschen, die Interfaces herstellen, und am schwierigsten sind die Interfaces für sehr kleine Geräte. Auf einem großen Computer kann man immer viel herumklicken, da macht man noch einen Knopf hin unten links, den sieht man dann schon. Bei kleinen Geräten ist die Ein-Knopf-Bedienung einfach ideal. Es gab schon mal so einen "Rentnerhandy"-Vorschlag auf einer CeBIT vor drei Jahren, mit drei Knöpfen. Aber das ist jetzt ernst zu nehmen: Das ist der "Home"-Knopf, mit dem kommt man immer wieder in das "Heim"-Menü zurück. Ansonsten hat das Handy keinen Griffel, keinen Stift, mit dem man das Display berührt. Man berührt es mit den Fingern und man kann es auch ziemlich grob mit den Fingern berühren. Es misst dabei die Beschleunigung der Berührung, der Bewegung darauf, und macht mit diesen Tricks eine ziemliche leichte Navigation möglich. Im Prinzip hat man ein Mobiltelefon mit einem Knopf vorne drauf. Damit kommt man in das Hauptmenü zurück, dann zeigen sich die Icons. Und um zu telefonieren, da wird es bei diesem Handy hier bei mir richtig schwierig. Ich muss immer nachdenken, ob ich das Scrollrad oder den Joystick bediene. Das ist ein Icon und dann kann ich die Nummer aufrufen.

    Krauter: Okay, und was kann das Ding sonst noch alles? Es ist ja voll gepackt mit neuer Technik, wie es in der Pressemitteilung zu lesen ist.

    Schönherr: Genau, es hat eigentlich alles, was heute ein Smart-Phone auch technisch hat. Bei uns in Europa ist die Mobilfunkwelt mindestens so weit entwickelt. Es fehlt UMTS übrigens, das spielt in den USA keine so große Rolle. Es hat einen höher auflösenden Bildschirm, als alles andere, und es hat drei Sensoren. Den einen habe ich gerade schon beschrieben, da werde ich jetzt gleich noch was zu sagen. Dieser Beschleunigungssensor misst, wie schnell ich meinen Finger über das Display bewege. Das führt zum Beispiel dazu, dass, wenn ich das Gerät einschalte, mache ich eine bestimmt Bewegung von unten links nach unten rechts am Bildschirm. Damit schalte ich das Gerät ein. Eine geklaute Idee von Palm. Palm hat diese Personal Organizer schon seit zehn oder mehr Jahren auf dem Markt. Das ist ein Beispiel, wie man so ein Gerät bedienen kann. Damit kann man es einschalten. Wenn ich jetzt zoome in ein Bild - das ist ja quasi auch ein iPod, mit dem man auch Film, Bilder angucken kann -, dann bewege ich einfach wie eine Zange meine Finger auseinander, als würde ich das Bild strecken wollen.

    Krauter: Klingt ja fast ein bisschen nach Zauberei: Was ist denn Ihre Prognose: Wird sich das Ding verkaufen, durchsetzen in diesem umkämpften Markt?

    Schönherr: Da ist Steve Jobs sehr bescheiden gewesen, und ich glaube, das hat die Aktie noch mal extrem weiter in die Höhe getrieben. Er sagte, im letzten Jahr wurden ja weltweit ungefähr eine Milliarde Mobiltelefone verkauft. Apple: Wir wollen 2008 davon nur ein Prozent haben. Das sind zehn Millionen Stück, und ich glaube, das könnten sie durchaus kriegen.
    Apple-Chef Steve Jobs präsentiert das iPhone auf der MacWorld 2007
    Mit dem iPhone visiert Apple einen neuen Markt an. (AP)