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Telefonrechnung kann binnen acht Wochen beanstandet werden

Die Preiserhöhung des Call-by-Call-Anbieters 010040 auf 1,99 Euro pro Minute sei Wucher, sagt Thomas Bradler von der Verbraucherzentrale. Bis August gab es keine Preisansagepflicht, sodass die Kosten für Verbraucher erst mit der Rechnung deutlich wurden.

Thomas Bradler im Gespräch mit Jule Reimer |
    Jule Reimer: Telefonrechnungen können ein Schock sein. Zum Beispiel für Kunden, die die Dienste des Call-by-Call-Anbieters 010040 in Anspruch nahmen. Die Verbraucherzentrale NRW geht davon aus, dass Tausende von Kunden überhöhte Rechnungen erhalten haben. Denn der Anbieter hat vergangenen Juli ohne Ankündigung seinen Minutentarif von knapp zwei Cent auf 1,99 Euro erhöht. - Frage an Thomas Bradler von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: Wie kommt es, dass diese Preiserhöhungen erst jetzt bekannt werden?

    Thomas Bradler: Das kommt daher, weil der Anbieter beziehungsweise die Telekom, die die Rechnung stellt dann letztlich für den Anbieter, erst jetzt diese Verbindungen in Rechnung gestellt hat. Das heißt, die Leute gingen bis heute oder bis zum Rechnungserhalt davon aus, dass sie weniger bezahlen müssen, und merken es erst jetzt, weil die Rechnung jetzt erst eingetroffen ist.

    Reimer: Was kann ich denn tun, wenn ich so eine vermutlich überhöhte Rechnung erhalten habe?

    Bradler: Ich kann jede Telefonrechnung binnen acht Wochen beanstanden. Das sollte ich auch tun, und zwar vor allen Dingen gegenüber dem Call-by-Call-Anbieter, der die Verbindung hergestellt hat. Dort muss ich dann begründet darlegen, warum ich meine, dass was nicht korrekt ist – hier eben diese unserer Meinung nach Wucherpreise, die hundertfach höher liegen als ein normales Gespräch bei der Telekom - und dann, wenn ich die Rechnung nicht bezahlt habe, die Zahlung auch verweigern.

    Reimer: Jetzt könnte man ja sagen, die Leute hätten sich ja informieren können.

    Bradler: Das ist das Problem, was wir immer haben bei Call-by-Call. Bis August gab es keine Preisansageverpflichtung. Das heißt, letztlich war es in der Tat so: Man musste sich erkundigen. Auf der anderen Seite sind die Anbieter natürlich auch verpflichtet, ihre Preise anzugeben. Das heißt zum Beispiel, sie müssen diese auf ihren Internetseiten vorhalten, oder zum Teil auch im Amtsblatt der Bundesnetzagentur veröffentlichen, und erst dann sind diese wirksam. Ab 1. August oder seit 1. August ist es jedenfalls so, dass ein Call-by-Call-Anbieter den Preis vorher deutlich ansagen muss, sonst muss ich das Gespräch auch nicht bezahlen.

    Reimer: Aber wie will ich das dann beweisen, ob er die Ansage gemacht hat oder nicht?

    Bradler: Genau, das ist natürlich nicht so einfach. Am Ende würde Aussage gegen Aussage stehen. Es ist aber so: Wenn ich begründet darlegen kann oder mich noch genau erinnere, was da gesagt wurde, dann ist der Anbieter spätestens in der Pflicht, auch darzulegen, dass er eine Ansage geschaltet hat. Hier in den Fällen, wo mehrere Leute oder viele Verbraucher sagen, nein, es war keine Ansage, oder es war eine falsche Ansage, oder zumindest war die undeutlich, dann wird natürlich dadurch die Beweislast umgekehrt und der Anbieter ist dann auch in der Pflicht darzulegen, wie die Ansage lautete und ob überhaupt eine da war.

    Reimer: Empfehlen Sie also Verbrauchern, denen das widerfährt oder die den Eindruck haben, da fehlte eine Tarifansage, das an die Verbraucherzentralen oder vielleicht auch an eine andere Stelle weiterzugeben?

    Bradler: Das ist ganz wichtig. Vielleicht mal ganz kurz zur Klarstellung: Im Juli brauchte man noch keine Ansage. Das heißt, nur wenn die dort falsch war, dann ist das relevant. Wenn keine da war, kann man dagegen erst mal nicht vorgehen. Jetzt ist es ganz wichtig, dass man das uns meldet, oder auch der Bundesnetzagentur, denn diese hat die Möglichkeit, ein Verfahren einzuleiten möglicherweise gegen Rufnummernmissbrauch und dann auch die Inkassierung- und Rechnungsstellung zu verbieten. Das heißt, dann dürfen diese Kosten gar nicht mehr in Rechnung gestellt werden. Unseres Wissens nach ist das auch jetzt schon der Fall hier in diesem aktuellen Fall der Wucherabzocke.

    Reimer: Man kann ja aus den Tageszeitungen Listen mit den günstigsten Call-by-Call-Anbietern ausschneiden. Kann ich mich auf diese Listen verlassen? Ist dann der Tarif, den ich da heute lese, morgen noch aktuell?

    Bradler: Darauf kann ich mich nicht verlassen, das sollte ich auch nicht. Ich sollte also nicht aus der Tagespresse diese Listen ausschneiden und an den Kühlschrank heften zum Beispiel und dort wochenlang oder gar monatelang darauf zugreifen, sondern diese Preise können sich jederzeit ändern. Aber mittlerweile haben wir diese Ansagepflicht und das heißt, ich muss ganz genau hinhören, wenn ich anrufe, und sollte auch nicht, nur weil ich den Anbieter schon lange genutzt habe, davon ausgehen, das wird schon alles so bleiben, sondern jedes Mal ganz genau zuhören, welchen Preis nennt er, und wenn mir das nicht klar ist, oder der Preis nicht ganz deutlich angesagt wurde, was wir ja auch jetzt für Fälle haben, dann am besten auflegen und einen anderen Anbieter suchen.

    Reimer: Schönen Dank an Thomas Bradler von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.


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