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Tennissiege süßsauer

Im Schatten von Tennisprofi Sabine Lisicki ist eine andere deutsche Spielerin seit einem Monat Weltranglistenerste: Sabine Ellerbrock aus Bielefeld. Ihr Erfolg im Rollstuhl-Tennis aber findet zwischen sportlicher und beruflicher Karriere statt.

Von Heinz Schindler |
    Seit Anfang Juli steht Sabine Ellerbrock auf Weltranglistenplatz eins im Rollstuhltennis. Doch bei der 37-jährigen Bielefelderin gehen Freude und Nachdenklichkeit stets Hand in Hand.

    "Also ich bin natürlich total happy, dass ich jetzt die Weltranglistenposition eins innehabe, es überrascht mich allerdings auf der anderen Seite auch, weil im Vergleich mit den anderen Spielern um mich herum ich doch etwas schwierigere Bedingungen aktuell habe. Weil ich einfach Job und Sport unter einen Hut bringen muss. Was nicht immer ganz so einfach ist."

    Sabine Ellerbrock ist Lehrerin für Mathe und Biologie. Für Sport nicht mehr, nachdem eine Schmerzerkrankung, in deren Folge das Fußgelenk versteifte, den Rollstuhl nötig machte. Der Leistungssport im Behindertenbereich hat ihr die Lebensqualität wieder gegeben, nun sitzt sie, so gut wie möglich zwischen zwei Karrieren. Nach ihrem Sieg bei den French Open korrigierte sie noch im Hotel die Klausuren ihrer Schüler. In aller Stille, fernab vom Glamour, der den Fußgängern im Tennis zuteil wird.

    "Also, im Vergleich mit den Fußgängern sind erstmal unsere Preisgelder in keinster Weise mit denen der anderen Profis vergleichbar. Wir bekommen nur einen ganz geringen Anteil von dem, was bei den Fußgängern ausgeschüttet wird, können oftmals unsere Kosten gar nicht decken. Selbst wenn wir ein Turnier gewinnen, ist es schwer, bei plus minus Null raus zukommen."

    Ein Beispiel: das letzte Turnier in Paris. Finale im Einzel, Halbfinale im Doppel: macht 900 Euro Preisgeld. Dem stehen 400 Euro Startgebühr gegenüber. Benzin, Übernachtungen, etc. kommen noch drauf. Auf eine Saison gerechnet, stehen 15.000 Euro an Preisgeldern Kosten von 35.000 Euro gegenüber. Doch Sponsoren sind rar und die Förderung durch die Sporthilfe überschaubar.

    "Aktuell habe ich halt 90 Euro Sporthilfe- Förderung und das ist letztlich alles, was ich an finanziellem Zubrot bekomme. Im Vergleich dazu stehen halt um die 1.600, 1.700 Euro, bei den Leuten, die so um mich herum in der Weltrangliste stehen."

    In der Theorie wäre Sabine Ellerbrock ein Aushängeschild für jeden Arbeitgeber, in der Praxis war es schwer genug, eine Schule zu finden, an der sie ihre halbe Stelle so ausüben kann, dass Leistungssport möglich ist. Desto höher ist ihre Führung in der Weltrangliste einzuschätzen.

    "Ich werde von meinen Konkurrenten manchmal etwas belächelt, weil die auch mitkriegen, dass ich eigentlich keine Auszeit habe. Ich wundere mich selber, dass ich aktuell überhaupt konkurrenzfähig bin. Auf der anderen Seite frage ich mich natürlich: was wäre wenn? Was wäre, wenn ich wirklich mal für ein, zwei oder sogar drei Jahre optimale Trainings- und Rahmenbedingungen hätte?"