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Terminator in freier Wildbahn

Biologie. - Auf Europas Äckern wird in den nächsten Jahren die Gentechnik Einzug halten. Gleichzeitig sollen die Nachbarfelder der Gen-Bauern möglichst frei bleiben von genmanipulierten Samen oder Pollen. In Wien erörtern Fachleute seit Dienstag die Koexistenz von genmanipulierten und natürlichen Pflanzen.

Von Michael Lange |
    Gene lassen sich nicht einsperren. Über den Pollen oder über den Samen gelangen Erbanlagen von genveränderten Nutzpflanzen immer auch auf den Nachbaracker. Einige Gentechnik-Firmen haben deshalb so genannte Terminator-Gene in ihre Pflanzen eingebaut. Sie machen die Pflanzen unfruchtbar - sie machen die Pflanzen unfruchtbar, die Gene könne sich nicht verbreiten. Die Bauern können aber auch kein eigenes Saatgut mehr gewinnen. Sie werden damit abhängig von den Gentechnik-Firmen, von denen sie Jahr für Jahr neues Saatgut kaufen müssen. Deshalb wird die Terminator-Technik von Landwirten und Umweltschützern abgelehnt. Es gibt aber auch Methoden, bei denen die Pflanzen fruchtbar bleiben, die Gene aber fest gehalten werden. Henry Daniell von der Universität von Central Florida in Orlando hat eine solche Methode entwickelt.

    "Wenn wir das fremde Gen in den Zellkern einer Pflanzenzelle bringen, dann verbreitet es sich mit dem Pollen. Deshalb schleusen wir das Gen in das Erbgut der grünen Chloroplasten ein, anstatt in den Zellkern. So gelangt es nicht in die Pollen, und wir verhindern, dass es verbreitet. "

    Chloroplasten sind die Sonnenkraftwerke aller grünen Pflanzenzellen. Jede Blattzelle hat Hunderte davon. Diese Kraftwerke besitzen eigenes Chloroplasten-Erbgut. Da im Pollen keine Chloroplasten vorkommen, können deren Gene nicht mit dem Wind oder an Insekten haftend auf den Nachbaracker gelangen, verspricht Henry Daniell.

    "Die Technik steht zur Verfügung für Sojabohnen, für Baumwolle und jetzt auch für Mais. Das sind die wichtigsten genmanipulierten Pflanzen, die in den USA angebaut werden."

    Jonathan Gressel, Gentechnikexperte am Weizmann-Institut im israelischen Rehovot, schlägt einen anderen Weg vor. Eine zusätzliche Erbanlage soll dafür sorgen, dass die genveränderten Pflanzen im Wettstreit mit nicht manipulierten Sorten keine Chance haben. In Mitteleuropa und Nordamerika könnte das ein Gen sein, dass die Pflanzen empfindlich macht für Frost. Im Mittelmeerraum bevorzugt er ein Zwergwuchs-Gen.

    "Statt lange Halme zu bilden, bleiben die genmanipulierten Pflanzen klein. Wir haben das beim Raps ausprobiert. Der genmanipulierte Raps verteilte seine Pollen zwar über die Nachbaräcker, aber nach einem Jahr waren keine genmanipulierten Pflanzen zu entdecken. Die kleinen Pflanzen waren im Schatten der anderen eingegangen. Durch das Zwergwuchs-Gen waren sie nicht konkurrenzfähig. "

    Beide Techniken haben sich in Freisetzungsversuchen bewährt. Auf den großen Gentechnikfeldern in den USA sind sie aber nicht anzutreffen, beklagt Henry Daniell.

    "Weder in Europa noch in den USA haben sich die Behörden für Techniken eingesetzt, die die Ausbreitung von Genen verhindern. Die Industrie wird so lange darauf verzichten, wie sie ihre Produkte auch ohne diese Gen-Rückhalte-Technik vermarkten kann. "

    Die Industrie lehnt beide Methoden ab, da sie sie für unnötig hält. Umweltschützer sind auch dagegen, weil es sich dabei um Gentechnik handelt, die die Ausbreitung von genmanipulierten Pflanzen verhindern soll.