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Termiten
Hören mit den Füßen

In einem Termitenhügel erfüllt jedes Tier spezielle Aufgaben und arbeitet dabei mit anderen zusammen. Besonders wichtig ist diese Kooperationsfähigkeit bei akuter Gefahr. Wenn schnell Verteidigung organisiert werden muss, kommunizieren die Tiere auf besondere Weise, wie Verhaltensbiologen von der Universität Bochum herausgefunden haben.

Von Magdalena Schmude | 19.08.2014
    Zwei Zentimeter lang, sechs Beine und ein großer, stark gepanzerter Kopf. So sehen Termiten der Art Macrotermes natalensis aus, die als Soldaten für die Verteidigung ihres Volkes zuständig sind. Doch der massive Kopfpanzer dient nicht nur als Rüstung. Die Tiere benutzen ihn auch, um Alarm auszulösen. Bemerkt ein Soldat einen Angriff auf den Termitenhügel, schlägt er mit dem Kopf rhythmisch auf den Boden und warnt so die anderen Tiere. Der Verhaltensbiologe Felix Hager hat diese Alarmkommunikation für seine Doktorarbeit untersucht.
    "Die schlagen zwischen 10 und 20 Mal pro Sekunde mit dem Kopf auf den Boden. Es sieht aus wie Headbanging eigentlich so ein bisschen. Nur dass die halt keine langen Haare haben."
    Während das Klopfen für den Menschen als helles Klicken hörbar ist, löst es gleichzeitig Vibrationen im Untergrund aus. Die können von anderen Termiten in der näheren Umgebung wahrgenommen werden.
    "Ein Soldat, der in der Nähe von einem trommelnden Soldat auf dem Boden steht, der ist eben dafür sehr empfindlich und fängt auch an zu trommeln. Und auf diese Art kann dieser Alarm über große Distanzen weitergeleitet werden."
    Das Alarmsignal wird systematisch verstärkt und erreicht so auch entfernte Teile des Gangsystems, das bei Macrotermes natalensis mehrere hundert Meter weit reichen kann. Während die Arbeiter eines Termitenvolks daraufhin die Flucht ergreifen und sich von der Gefahrenquelle entfernen, laufen die Soldaten ihr entgegen. Felix Hager wollte wissen, wie die Tiere dabei erkennen, aus welcher Richtung das Alarmsignal kommt.
    "Wir Menschen können eine ganz ähnliche Aufgabe auch verrichten, wenn jemand neben uns in die Hände klatscht, fällt es uns leicht, uns in die richtige Richtung zu drehen und denjenigen zu sehen, und das liegt daran, dass wir zwei Ohren haben und die sind ein Stück weit auseinander und die Schallwellen kommen halt zuerst an dem einen Ohr und dann an dem andere Ohr an."
    Termiten nehmen Schwingungen des Bodens wahr
    Termiten haben keine Ohren. Sie nehmen nicht den Luftschall, sondern die Schwingungen des Bodens wahr. Doch das Prinzip ist das gleiche. An jedem der sechs Termitenbeine befindet sich ein spezielles Organ, das Vibrationen erfasst. Um nachzuweisen, dass die Tiere damit den zeitliche Versatz der ankommenden Signale detektieren können, nahm Felix Hager einzelne Tiere mit ins Labor. Dort liefen sie in einem Areal über zwei bewegliche Plattformen, die durch einen schmalen Spalt mechanisch getrennt waren. Diese Plattformen versetzte Felix Hager in Schwingungen, die dem Alarmsignal der Termiten entsprachen, sobald ein Tier mit drei Beinen auf der linken und den anderen drei auf der rechten Plattform stand.
    "Mit dem einzigen Unterschied, dass eine Plattform einen ganz kleinen winzigen Augenblick früher vibriert hat als die andere Plattform. Und dann haben wir uns einfach angeschaut, in welche Richtung sich die Termite dreht. Und tatsächlich - wenn man einen sehr kurzen Laufzeitunterschied simuliert, dann drehen sie sich zuverlässig zu der Seite, die zuerst vibriert."
    Dabei sind die Tiere in der Lage, einen Unterschied von 0,2 Millisekunden wahrzunehmen. So lange brauchen die Schwingungen auch unter realen Bedingungen, um die Strecke zwischen einem linken und einem rechten Bein zurückzulegen. Felix Hager will jetzt untersuchen, ob auch andere Insekten auf diese Art Informationen weitergeben.