Archiv


Teuer und energieaufwendig

Der Wasserstand im See Genezareth, dem größten Trinkwasserspeicher Israels, ist in diesem Jahr auf einem historischen Tiefststand. Jetzt soll die Entsalzung von Meerwasser für Israel die Lösung bringen.

Von Ruth Kinet |
    "Die Wasserknappheit tötet Kinder, behindert die Behandlung von Krankheiten und verlangsamt die Lebensmittelproduktion. Israel wird aus dem Wasser des Mittelmeers einen weiteren See Genezareth machen. Im Jahr 2015 wird Israel 100 Prozent des Wasserbedarfs aus Entsalzungsanlagen decken."

    Mit diesen Worten warb Israels Präsident Shimon Peres vor wenigen Wochen für das sogenannte Entsalzungsprogramm der israelischen Regierung. Spätestens in zehn Jahren soll der gesamte Trinkwasserbedarf Israels aus Meerwasser gedeckt werden. Schon jetzt produziert die größte Entsalzungsanlage des Landes in Ashkelon 100 Millionen Kubikmeter, das entspricht rund einem Siebtel des jährlichen Verbrauchs. Für die Betreibergesellschaft Tahal ist das ein lukratives Geschäft, sagt ihr Generaldirektor Gustavo Kronenberg. Tahal hat das Werk auf eigene Kosten gebaut und der Staat hat sich verpflichtet, das Wasser zu kaufen. Gustavo Kronenberg:

    "Das erste Projekt in Ashkelon war ein echter Durchbruch, denn es hat nicht nur der israelischen Regierung, sondern der ganzen Welt bewiesen, dass Entsalzung wettbewerbsfähig ist. Es hat die Staatsführung überzeugt, dass die Entsalzung von Meerwasser eine verlässliche und kostengünstige Lösung ist."

    Doch über die wahren Kosten lässt sich streiten. Tahal bietet das entsalzte Wasser zurzeit zu einem Preis von 53 Euro Cent pro Kubikmeter an. Ein Preis, der nur durch massive staatliche Subventionen möglich ist, sagt der in Ramallah ansässige unabhängige Hydro-Geologe Clemens Messerschmid.

    Messerschmid weist zudem darauf hin, dass jede Entsalzungsanlage ihr eigenes Kraftwerk brauche. Der Energieverbrauch einer Anlage entspreche dem einer Kleinstadt, sagt der Experte aus Deutschland. Außerdem fließt mehr als die Hälfte des jährlichen Wasserverbrauchs in Israel in die landwirtschaftliche Bewässerung. Und das, obwohl die Landwirtschaft nur zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet. Hier muss umgesteuert werden, fordert Messerschmid:

    "Was Israel tun muss, ist eine Umkehr im Denken. Weg von dem, was man im Englischen 'supply management' nennt, also Wasserbewirtschaftung durch Regulierung der Zurverfügungstellung des Wassers – und hin zu dem, was man 'demand management' nennt – also Wasserbewirtschaftung durch Regulierung der Mengen, die man verbraucht. Das heißt: Man braucht einen weiseren, vernünftigeren, einen nachhaltigeren Umgang mit Wasser. Nicht 'mehr Zugang' zu Wasser."

    Auch der Präsident des israelischen Dachverbands der Wasserwirtschaft, Booky Oren, warnt davor, allein auf Entsalzung zu setzen:

    "Wir müssen einen umfassenden Blick auf die Wasserfragen entwickeln. Wenn möglich, sollte die Effizienz erhöht werden und der Wasserverlust über die Zuleitungen vermindert werden. Wenn das nicht genug ist, dann sollte man Wasser recyceln, und erst wenn das noch nicht genug ist, dann muss man Meerwasser entsalzen."

    Booky Oren ist davon überzeugt, dass sich alle Wasserprobleme weltweit, aber eben auch die Konflikte um die Verteilung des Wassers zwischen Israelis und Palästinensern lösen lassen.

    "Wasser kann ein Instrument sein, Frieden zu schaffen. Wasser ist nicht etwas, das Israel gehört. Es gehört der ganzen Welt."