Von Grit Kienzlen
Wir gehen von der Beobachtung aus, dass Allergien überall dort vorkommen, wo es wenig Infektionen gibt und dass überall dort, wo sehr viele Infektionen vorhanden sind, kaum Allergien vorkommen. Die besten Beispiele geographischer Art sind Europa und Afrika. Das ist einmal der geographische Zusammenhang und es gibt auch einen zeitlichen Zusammenhang: So hat es in Europa vor dem 2. Weltkrieg, erst recht im 19. Jahrhundert, soweit wir das heute sagen können, kaum Allergien gegeben.
Ergo schützen Infektionen vor Allergie. Hygienehypothese nennen die Immunologen diese weithin akzeptierte Theorie. Untersucht wurde sie bislang aber hauptsächlich für Infektionen mit Viren oder Bakterien. Professor Peter Kremsner wollte gerne wissen, wie sich der Befall mit Parasiten auf die Allergieneigung auswirkt. Dazu untersuchte er 1000 Kinder am Albert-Schweizer-Krankenhaus von Lambarene in Gabun über drei Jahre hinweg. Allergien in Form von Augenjucken, Hautreizungen oder gar Asthma gibt es dort zwar nicht, aber manche Kinder zeigen doch eine atopische Reaktion, das heißt sie sprechen auf die Hauttests an, die Allergieärzte hierzulande durchführen. Kremsner:
Bei diesen Schulkindern, die wir in Lambarene untersucht haben, waren welche, die mit Würmern infiziert waren und andere, die nicht infiziert waren. In der Gruppe der Kinder, die mit Würmern infiziert waren, gab es wesentlich weniger oder kaum Kinder mit atopischen Reaktionen gegen Hausstaubmilben, während in der Gruppe, die nicht mir Würmern infiziert waren eine Anzahl und zwar ein Prozentsatz von etwa zwölf Prozent atopisch im Hauttest gegen Hausstaub reagierte.
Besonders spannend ist das Ergebnis deshalb, weil die Ärzte wissen, dass die Reaktion des Immunsystems auf Parasiten genau dieselbe ist, die bei Allergien aus dem Ruder läuft. Aber was ist dann der Unterschied zwischen einer kontrollierten Wurmabwehr und einer unkontrollierten allergischen Reaktion ? Auch darauf liefert die Tübinger Studie eine klare Antwort: Allergiefreie Kinder reagieren auf Wurmkontakt mit der Produktion eines Botenstoffes: Interleukin-10. Kremsner:
Wir haben Zellen von Kindern genommen und haben die dann mit Wurmantigen im Reagenzglas versetzt und haben gesehen dass die, die nicht atopisch allergisch reagieren, eine sehr viel höhere Produktionsfähigkeit von Interleukin-10 haben als Kinder, die bereits atopisch allergisch reagieren, die Interleukin-10 in wesentlich geringerem Grade oder gar nicht produzieren können.
Die Fähigkeit Interleukin-10 zu produzieren, die die Kinder beim Kontakt mit Parasiten erwerben, schützt also offenbar vor Allergien. Der Preis dafür ist allerdings hoch. Die in Gabun untersuchten Kinder waren mit dem Pärchenegel infiziert, dem Erreger der Billharziose. Ähnlich wirken sich Malaria-Infektionen auf die Allergieneigung aus, wie die Tübinger in einer anderen Studie feststellten:
Auch die Malaria, und je länger und je schwerer sie da ist, muss man leider sagen, desto eher schützt sie vor der Entwicklung von Allergien.
Die Einführung von Malaria, Billharziose, auch harmloserer Parasiten in Europa würde also theoretisch zu einem Rückgang der Allergien führen, hieße aber eindeutig, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Peter Kremsner:
Eine absichtliche Wurminfektion kann man nicht empfehlen. Selbst mit anderen Würmern nicht als dem Pärchenegel – mit dem schon gar nicht, aber auch mit den anderen nicht. Ich denke, wir müssen so weit kommen, dass wir die Bestandteile der Würmer, die einen solchen Schutzmechanismus der Interleukin-10 Produktion auslösen, besser charakterisieren und dann über diesen Weg vielleicht durch eine medikamentöse Gabe dieser Moleküle oder veränderter Formen dieser Moleküle einen ähnlichen Schutz erzielen. Wir haben bisher noch keine Industrie dafür interessiert. Bisher wissen wir selbst noch zu wenig, aber es wird demnächst kommen.
Wir gehen von der Beobachtung aus, dass Allergien überall dort vorkommen, wo es wenig Infektionen gibt und dass überall dort, wo sehr viele Infektionen vorhanden sind, kaum Allergien vorkommen. Die besten Beispiele geographischer Art sind Europa und Afrika. Das ist einmal der geographische Zusammenhang und es gibt auch einen zeitlichen Zusammenhang: So hat es in Europa vor dem 2. Weltkrieg, erst recht im 19. Jahrhundert, soweit wir das heute sagen können, kaum Allergien gegeben.
Ergo schützen Infektionen vor Allergie. Hygienehypothese nennen die Immunologen diese weithin akzeptierte Theorie. Untersucht wurde sie bislang aber hauptsächlich für Infektionen mit Viren oder Bakterien. Professor Peter Kremsner wollte gerne wissen, wie sich der Befall mit Parasiten auf die Allergieneigung auswirkt. Dazu untersuchte er 1000 Kinder am Albert-Schweizer-Krankenhaus von Lambarene in Gabun über drei Jahre hinweg. Allergien in Form von Augenjucken, Hautreizungen oder gar Asthma gibt es dort zwar nicht, aber manche Kinder zeigen doch eine atopische Reaktion, das heißt sie sprechen auf die Hauttests an, die Allergieärzte hierzulande durchführen. Kremsner:
Bei diesen Schulkindern, die wir in Lambarene untersucht haben, waren welche, die mit Würmern infiziert waren und andere, die nicht infiziert waren. In der Gruppe der Kinder, die mit Würmern infiziert waren, gab es wesentlich weniger oder kaum Kinder mit atopischen Reaktionen gegen Hausstaubmilben, während in der Gruppe, die nicht mir Würmern infiziert waren eine Anzahl und zwar ein Prozentsatz von etwa zwölf Prozent atopisch im Hauttest gegen Hausstaub reagierte.
Besonders spannend ist das Ergebnis deshalb, weil die Ärzte wissen, dass die Reaktion des Immunsystems auf Parasiten genau dieselbe ist, die bei Allergien aus dem Ruder läuft. Aber was ist dann der Unterschied zwischen einer kontrollierten Wurmabwehr und einer unkontrollierten allergischen Reaktion ? Auch darauf liefert die Tübinger Studie eine klare Antwort: Allergiefreie Kinder reagieren auf Wurmkontakt mit der Produktion eines Botenstoffes: Interleukin-10. Kremsner:
Wir haben Zellen von Kindern genommen und haben die dann mit Wurmantigen im Reagenzglas versetzt und haben gesehen dass die, die nicht atopisch allergisch reagieren, eine sehr viel höhere Produktionsfähigkeit von Interleukin-10 haben als Kinder, die bereits atopisch allergisch reagieren, die Interleukin-10 in wesentlich geringerem Grade oder gar nicht produzieren können.
Die Fähigkeit Interleukin-10 zu produzieren, die die Kinder beim Kontakt mit Parasiten erwerben, schützt also offenbar vor Allergien. Der Preis dafür ist allerdings hoch. Die in Gabun untersuchten Kinder waren mit dem Pärchenegel infiziert, dem Erreger der Billharziose. Ähnlich wirken sich Malaria-Infektionen auf die Allergieneigung aus, wie die Tübinger in einer anderen Studie feststellten:
Auch die Malaria, und je länger und je schwerer sie da ist, muss man leider sagen, desto eher schützt sie vor der Entwicklung von Allergien.
Die Einführung von Malaria, Billharziose, auch harmloserer Parasiten in Europa würde also theoretisch zu einem Rückgang der Allergien führen, hieße aber eindeutig, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Peter Kremsner:
Eine absichtliche Wurminfektion kann man nicht empfehlen. Selbst mit anderen Würmern nicht als dem Pärchenegel – mit dem schon gar nicht, aber auch mit den anderen nicht. Ich denke, wir müssen so weit kommen, dass wir die Bestandteile der Würmer, die einen solchen Schutzmechanismus der Interleukin-10 Produktion auslösen, besser charakterisieren und dann über diesen Weg vielleicht durch eine medikamentöse Gabe dieser Moleküle oder veränderter Formen dieser Moleküle einen ähnlichen Schutz erzielen. Wir haben bisher noch keine Industrie dafür interessiert. Bisher wissen wir selbst noch zu wenig, aber es wird demnächst kommen.