1981 gab es sie noch, die Wagenbach-Reihe "Politik". 1981 erschien das letzte Bändchen. Und die Politik-Reihe war bereits die zweite in Folge, die bei Wagenbach begraben wurde, nach der legendären Rotbuch-Reihe. Politische Literatur, anspruchsvoll, kämpferisch und vor allem: sehr links.
Klaus Wagenbach, der Verlagsgründer, hatte seinem Verlag die Kultur der Einmischung auf die Fahnen geschrieben. Wagenbach war es, der Ulrike Meinhof, Franz Kafka und Erich Fried verlegt hatte. Doch Anfang der 80er musste er konzedieren, dass ihm viele Leser untreu geworden waren. Wagenbach blieb politisch, nahm aber mit der leuchtend roten Salto-Reihe auch leichtere Kost ins Programm.
Doch bei der Kultur der Einmischung ist es geblieben. Und zum 40. Geburtstag besinnt sich Wagenbach auf seine Tradition: Der Verlag schenkt sich und seinen Lesern eine neue politische Reihe. Broschierte, dünne Bände, weiß mit roter Schrift, die nur ausnahmsweise mehr als zehn Euro kosten sollen. Sind die Zeiten wieder politischer geworden? Susanne Schüssler hat vor sechs Jahren die Nachfolge ihres Mannes angetreten. Sie leitet heute den Verlag.
"Ja, die Zeiten sind politischer geworden, und es ist vor allem nach den beiden großen Ereignissen 1989 und 2001 einiges mit Verzögerung sichtbar geworden. Eine vollkommen veränderte Welt hat sich dargestellt, und die Linke hat zunächst mit einer Art Dornröschenschlaf auf diese Veränderungen reagiert.
Und ich habe das Gefühl, jetzt ist sie ein bisschen aufgewacht und hoffe, dass wir das dokumentieren können, und dass wir Autoren finden, die diese neuen Fragestellungen, die sich ergeben haben, auch mit neuen Antworten füllen können."
Neue Fragen auch zu Grundsätzlichem: Zwei der drei ersten frisch erschienenen Bände haben die Demokratietheorie zum Thema. Zwei Grundlagentexte zur Demokratie – sie geben die Stoßrichtung vor: Auch innerhalb der neuen Wagenbach-Reihe soll es kontrovers zugehen.
Paul Ginsborg und der Göttinger Verfassungsrechtler Christoph Möllers haben thesenstarke, prägnante Essays vorgelegt, die der Frage nachgehen, wie Demokratie gestaltet werden kann in einer Welt, der die Mitbestimmung im Zeichen der globalisierten Fremdbestimmung zunehmend abhanden kommt. 173 kleine Texte - oder besser: Textbausteine - bei Möllers, ohne Grundthese, aber mit vielen Denkanstößen – Lektüre für Minuten auch für junge Leser, die keine Lust auf ein politikwissenschaftliches Proseminar haben.
Den Anfang macht aber jenes Themenfeld, mit dem der Verlag einst berühmt wurde: 1968. Der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke, selbst Jahrgang 1967, geht der Frage nach, wie 68 ein Phänomen wurde, über dessen Deutungshoheit bis heute erbittert gestritten wird. Frech, polemisch und aktuell – so wünscht sich die Verlegerin auch viele weitere Bücher der Reihe. Das unorthodoxe Denken kennt allerdings eine Grenze: Konservative Denker werden nicht zu Wort kommen.
"Nein, das ist eine linke Reihe, das ist immer ein linker Verlag gewesen. Das 'P' ist in der Tat inhaltlich eine optische Anknüpfung an die alte Reihe (…). Die Reihe damals hat sich dadurch ausgezeichnet, dass sie eigentlich inhaltlich oft weit von dem abgewichen ist, was damals Konsens war. Sie war damals schon eine unorthodoxe und anarchistische Reihe. Und daran knüpfen wir an."
Der nächste Themenschwerpunkt wird die Religion sein. Die Autoren dürfen, ja sollen durchaus jung und unbekannt sein.
"Das werden mindestens die Hälfte der Autoren sein. Wir wollen schon renommierte und anerkannte Autoren dort zu Wort kommen lassen, aber wir hoffen, dass wir viele, viele junge Autoren finden, die es sich zum Ziel gesetzt haben, entweder aus dem akademischen Umfeld herauszutreten - oder die aus dem Journalismus kommen und in der Lage sind, ganz prägnant, kurz, thesenstarke Bücher zu schreiben (…), die eben dann auch für ein breiteres Publikum, und hoffentlich auch für ein junges Publikum, geeignet sind."
Buchreihe "Politik bei Wagenbach":
Paul Ginsborg: Wie Demokratie leben?
Von der Krise der Repräsentation zum Modell der teilnehmenden Demokratie
Karl Wagenbach Verlag, 126 Seiten, 9,90 Euro
Christoph Möllers:
Demokratie. Zumutungen und Versprechungen
Karl Wagenbach Verlag, 126 Seiten, 9,90 Euro
Klaus Wagenbach, der Verlagsgründer, hatte seinem Verlag die Kultur der Einmischung auf die Fahnen geschrieben. Wagenbach war es, der Ulrike Meinhof, Franz Kafka und Erich Fried verlegt hatte. Doch Anfang der 80er musste er konzedieren, dass ihm viele Leser untreu geworden waren. Wagenbach blieb politisch, nahm aber mit der leuchtend roten Salto-Reihe auch leichtere Kost ins Programm.
Doch bei der Kultur der Einmischung ist es geblieben. Und zum 40. Geburtstag besinnt sich Wagenbach auf seine Tradition: Der Verlag schenkt sich und seinen Lesern eine neue politische Reihe. Broschierte, dünne Bände, weiß mit roter Schrift, die nur ausnahmsweise mehr als zehn Euro kosten sollen. Sind die Zeiten wieder politischer geworden? Susanne Schüssler hat vor sechs Jahren die Nachfolge ihres Mannes angetreten. Sie leitet heute den Verlag.
"Ja, die Zeiten sind politischer geworden, und es ist vor allem nach den beiden großen Ereignissen 1989 und 2001 einiges mit Verzögerung sichtbar geworden. Eine vollkommen veränderte Welt hat sich dargestellt, und die Linke hat zunächst mit einer Art Dornröschenschlaf auf diese Veränderungen reagiert.
Und ich habe das Gefühl, jetzt ist sie ein bisschen aufgewacht und hoffe, dass wir das dokumentieren können, und dass wir Autoren finden, die diese neuen Fragestellungen, die sich ergeben haben, auch mit neuen Antworten füllen können."
Neue Fragen auch zu Grundsätzlichem: Zwei der drei ersten frisch erschienenen Bände haben die Demokratietheorie zum Thema. Zwei Grundlagentexte zur Demokratie – sie geben die Stoßrichtung vor: Auch innerhalb der neuen Wagenbach-Reihe soll es kontrovers zugehen.
Paul Ginsborg und der Göttinger Verfassungsrechtler Christoph Möllers haben thesenstarke, prägnante Essays vorgelegt, die der Frage nachgehen, wie Demokratie gestaltet werden kann in einer Welt, der die Mitbestimmung im Zeichen der globalisierten Fremdbestimmung zunehmend abhanden kommt. 173 kleine Texte - oder besser: Textbausteine - bei Möllers, ohne Grundthese, aber mit vielen Denkanstößen – Lektüre für Minuten auch für junge Leser, die keine Lust auf ein politikwissenschaftliches Proseminar haben.
Den Anfang macht aber jenes Themenfeld, mit dem der Verlag einst berühmt wurde: 1968. Der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke, selbst Jahrgang 1967, geht der Frage nach, wie 68 ein Phänomen wurde, über dessen Deutungshoheit bis heute erbittert gestritten wird. Frech, polemisch und aktuell – so wünscht sich die Verlegerin auch viele weitere Bücher der Reihe. Das unorthodoxe Denken kennt allerdings eine Grenze: Konservative Denker werden nicht zu Wort kommen.
"Nein, das ist eine linke Reihe, das ist immer ein linker Verlag gewesen. Das 'P' ist in der Tat inhaltlich eine optische Anknüpfung an die alte Reihe (…). Die Reihe damals hat sich dadurch ausgezeichnet, dass sie eigentlich inhaltlich oft weit von dem abgewichen ist, was damals Konsens war. Sie war damals schon eine unorthodoxe und anarchistische Reihe. Und daran knüpfen wir an."
Der nächste Themenschwerpunkt wird die Religion sein. Die Autoren dürfen, ja sollen durchaus jung und unbekannt sein.
"Das werden mindestens die Hälfte der Autoren sein. Wir wollen schon renommierte und anerkannte Autoren dort zu Wort kommen lassen, aber wir hoffen, dass wir viele, viele junge Autoren finden, die es sich zum Ziel gesetzt haben, entweder aus dem akademischen Umfeld herauszutreten - oder die aus dem Journalismus kommen und in der Lage sind, ganz prägnant, kurz, thesenstarke Bücher zu schreiben (…), die eben dann auch für ein breiteres Publikum, und hoffentlich auch für ein junges Publikum, geeignet sind."
Buchreihe "Politik bei Wagenbach":
Paul Ginsborg: Wie Demokratie leben?
Von der Krise der Repräsentation zum Modell der teilnehmenden Demokratie
Karl Wagenbach Verlag, 126 Seiten, 9,90 Euro
Christoph Möllers:
Demokratie. Zumutungen und Versprechungen
Karl Wagenbach Verlag, 126 Seiten, 9,90 Euro