Samsa singt. Sie singt ein Lied aus den Bergen, in dem die ganze Weite Tibets mitschwingt. Aber Samsa singt nicht in den Bergen. Die junge Frau ist Angestellte des nagelneuen Brahmaputra Grand Hotels in Lhasa. Und sie ist zuständig, um es mal salopp zu sagen, für den akustischen Klangteppich in der Lobby. Tibetische Melodien gehören zum Ambiente. Die Gäste erwarten das - auch wenn nur die wenigsten von ihnen zuhören.
Und es werden immer mehr Touristen in Lhasa. Die Stadt ist im Aufbruch. Innerhalb von nur zwei Jahren hat sich die Zahl der Besucher angeblich verdoppelt. Der Grund dafür ist vor allem ein Eisenbahnzug - von dem später noch die Rede sein wird. Erst einmal bleibt genügend Zeit, sich die tibetische Hauptstadt näher anzusehen. Führen wird uns der 36-jährige Li Jun aus Chongqing in Zentralchina, ausgebildeter Germanist mit großem Interesse am Buddhismus.
Der erste Gang in Lhasa führt natürlich zum Potala-Palast, dem Wahrzeichen der Stadt und der Ikone Tibets, das heute die zweitgrößte Provinz Chinas ist. Wie ein aufgelaufener strahlend weißer Dampfer mit ockerfarbenen Aufbauten thront er auf seinem roten Hügel. Fast 200 Stufen führen hinauf.
"Der Potala ist der Sanskrit-Name für den Wohnsitz, wo die Dalai Lamas wohnen. (…) Der Palast wurde ursprünglich im 7. Jahrhundert gebaut, während der Regierungszeit von dem 33. König von der Tubo-Dynastie, das war im 7. Jahrhundert nach Christus. Später wurde der Potala niedergebrannt, während des Krieges oder Erdbebens. Die meisten Gebäude wurden erst seit Mitte des 17. Jahrhunderts wieder aufgebaut bis zum heutigen Umfang.
Er ist ziemlich groß, wenn man hier oben ist, es zieht sich endlos. (...)
Das ganze Gebäude ist insgesamt 117 Meter hoch, der Palast hat insgesamt 13 Geschosse. Der Potala hat insgesamt 999 Räume.
Wenn wir hochgucken, sehen wir einen strahlend weißen Teil und darüber einen braunen. Ist das zweigeteilt?
Dieser Palast besteht aus zwei Teilen, aus dem Roten Palast und aus dem Weißen Palast. (...) Diese zwei Paläste haben verschiedene Funktionen: Der Weiße Palast war früher die Regierungsresidenz vom Dalai Lama. Der Rote Palast war der Kultraum und das Mausoleum für die gestorbenen Dalai Lamas."
Was sich zu Füßen des Palastes ausbreitet, passt allerdings nicht so recht zu dem schönen Bau. Verwinkelte Gassen erwartet man, Gebetsfahnen und hochbeladene Yaks. In Wirklichkeit erstreckt sich, zehn Kilometer lang und zwei bis drei Kilometer breit, eine Stadt aus flachen, gekachelten Blöcken, in der 200.000 Menschen leben. Auf den breiten Boulevards sind mehr Autos als Rikschas unterwegs, in der Morgensonne glitzern silberne Säulen, blaues Büroglas und schreiend bunte Ladenschilder. Chinesische Soldaten tragen in Plastiktüten ihre Einkaufsschätze in die Kasernen, vor deren riesigen Toren Kollegen in "Hab acht!" erstarrt sind. Dazwischen aber schreiten verhutzelte Frauen in zerschlissenen schwarzen Mänteln zügig aus und drehen ihre Gebetsmühlen. Das alte Lhasa, der "Platz der Götter", ist noch nicht untergegangen. Es findet sich mitten in der Stadt, rund um den Jokhang-Tempel, das wichtigste Heiligtum des tibetischen Buddhismus.
Hier sind die Pilger unterwegs. Frauen mit Türkisohrringen und Jacken aus geblümtem Brokat schlurfen über den Barkor, die Straße, die im Viereck um den Tempel herumführt. Schwarz gebrannte, hochgewachsene Kerle mit verfilzten Zöpfen und Messern im Gürtel werfen sich auf ihrer Matte vor dem Tempel nieder, wieder und wieder und wieder. So beschwingt wie neugierig schlendern die Besucher aus abgelegenen Dörfern durch die Gassen, bestaunen Trachtenpuppen, bunte Schals und die im Winter eher seltenen Touristen. Sie befingern Stoffballen aus schwarzer Yakwolle und gönnen dem Kleinsten ein paar neue weiße Turnschuhe, Marke Nike-Kopie. Es ist, als seien Menschen aus einer fernen Zeit in die Gegenwart gefallen. Und es kommen Hunderte, Tag für Tag, jetzt, wo die Feldarbeit getan ist. Denn dies ist nicht nur eine Wallfahrt, es ist auch ein Fest, ein Ausbruch aus der täglichen Fron, ein Hintersichlassen von Yakdunghaufen, Dorfstreitereien und den immergleichen Gesichtern.
Im Innern des Tempels funkeln Lüster. Ganz hinten, zwischen Straußenfedern und bunten Vorhängen, wartet das Allerheiligste:
"In der kleinen Kapelle ist die heiligste Statue auf der ganzen Welt. Das ist die Statue, die von dem himmlischen Künstler zu Buddhas Lebzeit gemacht wurde. Das ist die Statue von Buddha Shakyamuni, als er zwölf Jahre alt war. Diese Statue wurde von der chinesischen Prinzessin nach Tibet gebracht. Die Statue selber ist original, über ein paar Tausend Jahre alt, aber die Dekorationen sind später nachgemacht. (…) Jedes Jahr kommen viele Pilger und spenden etwas Goldtinte, da wird die Statue immer mit Goldtinte verziert. Deswegen ist die Statue selber mehr dick als früher gworden.
Er sieht nicht mehr nach zwölf Jahren aus, sondern schon ein bisschen älter.
Ja, schon wie ein Erwachsener."
Die Religion lebt in Tibet. Sie wird von den chinesischen Behörden misstrauisch beobachtet - aber toleriert. Auch die Mönche im Sera-Kloster dürfen ihre tägliche zweistündige Debattierrunde öffentlich abhalten. Hunderte rot bekleideter Männer sitzen jeden Nachmittag von drei bis fünf in Gruppen im Schatten der Bäume und knallen sich, man muss es fast so sagen, mit großer Begeisterung Argumente an den Kopf - untermalt von heftigem Händeklatschen.
"Die Mönche vom Sera-Kloster diskutieren miteinander in diesem Hof. Das gilt als Debatte.
Es geht über religiöse Fragen?
Nicht nur. Die Fragen sind über alles. Das gilt auch als ein Erfahrungsaustausch, die sind alle Schulkollegen, so sie tauschen ihre Erfahrungen oder ihre Kenntnisse aus. Was sie vom Buddhimus gelernt haben oder verstanden haben.
Sie klatschen sich zwischendurch in die Hände, was hat das zu bedeuten?
In der Mitte steht ein junger Mönch, der klatscht ab und zu. Mit dem Klatschen stellt er eine Frage meistens. Er argumentiert mit diesem Klatschen. Die anderen sitzenden Mönche sollen diese Fragen beantworten. (...) Und diese Diskussion gilt als die Vorbereitung für die Doktorprüfung (…)."
Noch lebt sie, die Religion. Aber Tibet und insbesondere die Stadt Lhasa machen gewaltige Veränderungen durch. Ein neuer Flughafen wurde gebaut, der erste Bahnhof eröffnet. Tag für Tag spülen vier Züge aus dem restlichen China 2000 bis 3000 Besucher nach Tibet - ein gewaltiger Zulauf für die einst "Verbotene Stadt". Waren werden aufgrund der besseren Transportmöglichkeiten jetzt billiger, an den Rändern der Hauptstadt erschließt man neue Entwicklungsgebiete. Chinas Regierung setzt auf Fortschritt und Verbesserung des Lebensstandards, um die einstige Annexion zu legitimieren. Von der anderen Seite - Pressezensur, verseuchte Landschaften, eingesperrte Mönche - erfährt der Kurzbesucher natürlich nichts. Gleichzeitig entstehen neue Luxushotels, Spielhallen und Diskotheken. Wie lange junge Tibeter ihrer eigenen Kultur da noch die Treue halten werden, gegen den Import aus China, wird sich erst zeigen.
Doch nun wird es Zeit, sich zum Bahnhof zu begeben, der erst im Juli 2006 eröffnet wurde. Am blitzblanken Bahnsteig wartet Zug Nummer 24 von Lhasa nach Chengdu. Und er fährt pünktlich ab. Langsam nimmt der Zug Fahrt auf, gleitet hinaus aus dem Bahnhof, vorbei an Hochspannungsleitungen und Äckern, und von ferne grüßt ein letztes Mal der Potala.
Die Tibet-Eisenbahn verkehrt seit Juli 2006. Zu diesem Zeitpunkt wurde das letzte Stück der Strecke, 1.142 Kilometer von Golmud nach Lhasa, nach nur fünfjähriger Bauzeit in Betrieb genommen. Unser Führer Li ist sehr stolz auf die Leistung:
"Das ist die längste Eisenbahn auf der Hochebene, über 4.000 Meter, und die längste Strecke über die Dauerfrostzone und der höchste Tunnel der ganzen Welt."
Dazu führt sie über den höchsten Pass und hält am höchstgelegenen Bahnhof der Welt. Und auch um die Tierwelt haben die Ingenieure sich gekümmert.
"In dieser Gegend leben viele wilde Tiere (...), tibetische Antilopen. Die ziehen im Frühling von dieser Gegend zu anderer Gegend, um die Kinder zu bekommen. Wenn die Eisenbahn gebaut wird, das heißt, der Weg für die Tiere wird unterbrochen. Aber die chinesischen Techniker haben das geachtet. Sie haben bei bestimmten Strecken einen Tunnel für die Tiere gebaut. Dazu führt sie über den höchsten Pass und hält am höchstgelegenen Bahnhof der Welt."
Der Standard der Vierbettkabine - "Softsleeper" heißt die erste Klasse - ist westlich. Der Platz reicht aus, zumindest, wenn sie nur mit zwei Personen belegt ist. Über den Flachbildschirm flimmert ein Film mit Jackie Chan ohne Ton, aus dem Lautsprecher dröhnt Popmusik. Was aber, wenn jemand in 5.000 Meter Höhe Probleme mit der dünnen Luft bekommt?
"Wenn es nötig ist, kann man von dem Zugpersonal so Sauerstoffmasken verlangen. Über jedem Bett gibt es eine Sauerstoffsteckdose. (…) Man kann diese Sauerstoffmaske von der Packung rausnehmen. Dann - hier ist diese "oxygen supply" - hineinstecken, man kann diese zwei Schläuche in die Nase stecken, dann kriegt man Sauerstoff."
Vor den Fenstern zieht mittlerweile eine weite ockerfarbene Hochebene vorbei, dahinter ragen weiß bepuderte Hügelketten wie Sägezähne hoch. Irgendwo im Nirgendwo repariert ein Mann mit goldenem Hut sein Motorrad.
"Wir sind jetzt ungefähr in der Nähe von Nadsch, über 4.000 Meter (…). Das ist das Hauptgebiet von den Nomaden, dieses nördliche tibetische Grasland. - Deswegen sieht man auch viele Yaks draußen - viele Yaks, viele Schafe, viele Tiere von den Nomaden gehalten - kleine Dörfer, kleine Ansammlungen gibt’s nur gelegentlich zwischendrin (...). Es führt aber eine Straße entlang, wir haben Stromleitungen, es ist alles schon erschlossen. - Das ist die Landstraße von Lhasa nach Peking, die Eisenbahn wird entlang dieser Landstraße gebaut (…) Diese Landstraße wurde schon in 1954 fertig. Vor der Eisenbahn wird Tibet alles von dieser Landstraße versorgt, Benzin auch, alle Lebensmittel werden von den Lkw transportiert. (...) Wie gesagt, werden viele Dinge billiger sein als früher, das ist ein großer Vorteil für die Einheimischen. Für die Pilger auch. Mit der Eisenbahn können sie günstiger als früher in Lhasa ankommen, um ihre Pilgerreise in Tibet zu machen. (...)
Was kostet denn eine Fahrt über die ganze Strecke normalerweise?
Das ist unterschiedlich von der Kategorie. Softsleeper kostet von Xining nach Lhasa 810 Yuan, 80 Euro."
Aber es geht auch biliger - und unbequemer. Nur zum Sitzen gedacht ist die "Holzklasse" - die so heißt, auch wenn sie gepolstert ist. 98 Plätze hat hier jeder Waggon - und jeder einzelne ist besetzt. Mit Thermoskannen, Nudelsuppe und frischen Äpfeln haben die Männer und Frauen sich für die 48-stündige Fahrt nach Chengdu gerüstet.
"Die sind Straßenbauarbeiter.
Wie lange haben sie oben gearbeitet?
In diesem Mai sind sie nach Tibet gekommen, jetzt fahren sie alle zurück nach Hause.
Wie lange bleiben sie da?
Nach dem Frühlingsfest kommen sie wieder zurück nach Tibet. (…)
Gibt es unten keine Arbeit, oder wird’s oben besser bezahlt?
Beides gibt. Weil unten gibt es viele Leute, mehr Leute als in Tibet, die Konkurrenz ist so stark. Und in Tibet können die Leute auch mehr bezahlt werden.
Sie sind glücklich, dass sie zurückkommen?
Sie sind auch sehr froh, dass sie bald zu Hause werden. So um diese Jahreszeit die meisten Passagiere sind die Wanderarbeiter, die fahren alle zurück. (…) Zu dieser Jahreszeit es ist in Tibet auf der Hochebene so kalt, und der Straßenbau hört schon auf. Weil es ist so kalt, kann man nicht diese Zement, diese Beton mit Wasser machen.
Es sind auch die Hälfte Frauen, es arbeiten also auch Frauen?
Die meisten Frauen, die arbeiten als Haushilfe, die waschen für die Männer ihre Kleidungen, die kochen für die Männer, weil wenn die Männer allein draußen arbeiten, wird auch Probleme für die Familien. Es ist in China heute so, viele Jugendleute, die arbeiten draußen von dem Dorf. Auf dem Land, in dem Dorf sieht man heute nur so alte Leute und Kinder."
Wanderarbeiter waren auch beim Bau der Eisenbahn im Dauerfrostgebiet hier oben eingesetzt. 200.000 sollen es gewesen sein, sagt die "International Campaign for Tibet". Und viele von ihnen seien an der Höhenkrankheit gestorben, weil es an Druckausgleichskammern gefehlt habe. Reiseführer Li widerspricht und gibt die offizielle Lesart wieder:
"Nein, ich habe von der Zeitung gelesen, es gibt keine Bauarbeiter, die an der Höhenkrankheit gestorben ist. Bei der Baustelle pro 100 Kilometer hat die Regierung so eine Druckkabine eingerichtet, für den Druckausgleich. Wenn etwas passiert, kann der Patient in diese Druckkammer geschickt werden. In der Kabine ist Druckausgleich."
Ob jemand hier oben sein Leben gelassen hat oder wie viele Menschen es tatsächlich waren - die ganze Wahrheit kennt wohl nur die chinesische Regierung. Und einen Teil davon vielleicht auch manche Bauarbeiterfamilie.
Aber jetzt kommt endlich die Minibar vorbei.
"Es gibt in diesem kleinen wandernden Wagen verschiedene Dinge wie Imbiss, Kochen, Erdnüsse, getrockneten Yakfleisch, Bier, Wasser, Schnaps und auch Spielkarten. Eine Dose Bier kostet fünf Yuan - das sind umgerechnet 50 Cent."
Auch für Unterhaltung ist in der Tibet-Bahn gesorgt. Unsere zweite Begleiterin, Suudschi aus Peking, begeistert sich an chinesischer Comedy aus den Lautsprechern:
"Das ist so eine typisch chinesische Art, heißt Schang Scheng auf Chinesisch, ist meistens von zwei Männer, die sprechen irgend etwas Lustiges. Meistens geht es um wirkliche Doppelbedeutung usw. Es wird auch ziemlich viel gesungen, so Kopien von den anderen Leuten usw. Hier das heißt, einer soll die Akrobatik (…), und da sagt er de andere, du musst ja ein bisschen Musik machen, damit ich das richtig machen kann. Da macht der Dong Dong, da sagt der, nein, das passt ja doch nicht, das ist eine Musik, was man bei der Beerdigung es macht. - Bong bong bong bongbong."
So langsam wird es Zeit fürs Abendessen. Koch Tsaiwi Ping, der seit 14 Jahren auf verschiedenen Zügen arbeitet, und seine vier Leute haben schon alles fertig:
"Hühnerfleisch mit Paprika. Schweinefleisch mit Lauch - solche Dinge. Und Chinakohl und Tofu.
Das Restaurant in der Stadt, dort zu kochen ist viel leichter als im Speisewagen. Größer und bequemer und viele Material, die haben nur nicht alles dabei. (…)
Fünf Tage arbeiten sie, dann haben sie wieder fünf Tage frei."
Was der bullige Mann in seiner kleinen Bordküche zaubert, kann sich durchaus sehen - und auch genießen - lassen. Finden jedenfalls die Mitglieder einer deutschen Reisegruppe an den Nebentischen. Einiges freilich bleibt umstritten:
"Also, hier gibt es etwas, das sieht so aus wie Mozarella in Tomatensoße. In Wirklichkeit scheint es Tofu zu sein. Das Problem dabei ist, man kann es etwas schwierig mit den Stäbchen fassen, weil es ist so weich und rutscht dann immer durch. Vom Geschmack her ist es sehr scharf, nun ja, ein bisschen schlabberig im Mund, aber vom Geschmack okay."
"Ich fand's eher ein bisschen glibberig, aber ich hab mich für die Gurken entschieden. Ich hätte nie gedacht, dass man an ne Gurke so viel Geschmack kriegen kann, mit ein bisschen Peperoni und Speck. Unbedingt weiterzuempfehlen. Werde ich zu Hause vielleicht sogar mal nachkochen."
"Mir schmecken diese grünen Paprika, die zusammen mit Speckschwarten im Topf gedünstet sind, am besten. Die Paprika ist sehr knackig, hat sehr viel Geschmack, ist etwas schärfer als die Paprika, die wir in Deutschland kennen, bestimmt auch sehr gesund. Und der Speck ist auch sehr intensiv, also es ist kein Schwein, was so gezüchtet wurde mit Hormonen, sondern auf der Wiese ganz normal das Gras gegessen hat, das kann man schmecken."
"Bei mir ist die Problematik, dass aus allen vier Gerichten oder fünf, ich mir die zusammenmixe, dass mir das dann sehr gut schmeckt. Das Einzige, was mir nicht so gut schmeckt, ist der Tofu. Der ist mir zu weich. Der schmeckt mir zu sehr nach Speck. Die Pilze sind sehr lecker, und das mit dem Brokkoli find ich auch sehr nett - was es genau ist, weiß ich nicht. Was kommt jetzt? Sieht nach Suppe aus. Wasser mit einem Ölfilm."
"Dieser Tofu ist großartig, und zwar: Im Gegensatz zu Deutschland ist die hier cremige, sie ist stichfest, aber zergeht auf der Zunge. Während in Deutschland ist der Tofu oft etwas derb. Man muss nur vorsichtig sein, wenn man dann diesen Keramiklöffel nimmt und das rausnimmt und über den Reisteller drüberschüttet: Das hat eine Schärfe, dass einem schon das nach oben steigt ins Hirn."
Vor dem Fenster spielt das Landschaftskino. Grasbüschel leuchten golden im Abendlicht, Flüsse schimmern wie stählerne Schlangen, und die Berge legen ein letztes zartes Violett auf, ehe rot glühende Lohe die Gipfel für einen Moment in Feuer setzt. Morgen früh wird der tibetische Bilderbogen draußen abgelöst sein von einem chinesischen. Um 14.30 wird Zug Nummer 24 in Lhanzou einrollen, einem Zwischenhalt, fast pünktlich nach 2.300 Kilometern Entfernung. Es ist ein gewaltiger Schritt, von der Grenze des Riesenreiches in seinen geographischen Mittelpunkt. Ein Sprung vom Nicht-mehr-Gestern ins Beinahe-schon-Morgen, in gerade mal 28 Stunden.
Und es werden immer mehr Touristen in Lhasa. Die Stadt ist im Aufbruch. Innerhalb von nur zwei Jahren hat sich die Zahl der Besucher angeblich verdoppelt. Der Grund dafür ist vor allem ein Eisenbahnzug - von dem später noch die Rede sein wird. Erst einmal bleibt genügend Zeit, sich die tibetische Hauptstadt näher anzusehen. Führen wird uns der 36-jährige Li Jun aus Chongqing in Zentralchina, ausgebildeter Germanist mit großem Interesse am Buddhismus.
Der erste Gang in Lhasa führt natürlich zum Potala-Palast, dem Wahrzeichen der Stadt und der Ikone Tibets, das heute die zweitgrößte Provinz Chinas ist. Wie ein aufgelaufener strahlend weißer Dampfer mit ockerfarbenen Aufbauten thront er auf seinem roten Hügel. Fast 200 Stufen führen hinauf.
"Der Potala ist der Sanskrit-Name für den Wohnsitz, wo die Dalai Lamas wohnen. (…) Der Palast wurde ursprünglich im 7. Jahrhundert gebaut, während der Regierungszeit von dem 33. König von der Tubo-Dynastie, das war im 7. Jahrhundert nach Christus. Später wurde der Potala niedergebrannt, während des Krieges oder Erdbebens. Die meisten Gebäude wurden erst seit Mitte des 17. Jahrhunderts wieder aufgebaut bis zum heutigen Umfang.
Er ist ziemlich groß, wenn man hier oben ist, es zieht sich endlos. (...)
Das ganze Gebäude ist insgesamt 117 Meter hoch, der Palast hat insgesamt 13 Geschosse. Der Potala hat insgesamt 999 Räume.
Wenn wir hochgucken, sehen wir einen strahlend weißen Teil und darüber einen braunen. Ist das zweigeteilt?
Dieser Palast besteht aus zwei Teilen, aus dem Roten Palast und aus dem Weißen Palast. (...) Diese zwei Paläste haben verschiedene Funktionen: Der Weiße Palast war früher die Regierungsresidenz vom Dalai Lama. Der Rote Palast war der Kultraum und das Mausoleum für die gestorbenen Dalai Lamas."
Was sich zu Füßen des Palastes ausbreitet, passt allerdings nicht so recht zu dem schönen Bau. Verwinkelte Gassen erwartet man, Gebetsfahnen und hochbeladene Yaks. In Wirklichkeit erstreckt sich, zehn Kilometer lang und zwei bis drei Kilometer breit, eine Stadt aus flachen, gekachelten Blöcken, in der 200.000 Menschen leben. Auf den breiten Boulevards sind mehr Autos als Rikschas unterwegs, in der Morgensonne glitzern silberne Säulen, blaues Büroglas und schreiend bunte Ladenschilder. Chinesische Soldaten tragen in Plastiktüten ihre Einkaufsschätze in die Kasernen, vor deren riesigen Toren Kollegen in "Hab acht!" erstarrt sind. Dazwischen aber schreiten verhutzelte Frauen in zerschlissenen schwarzen Mänteln zügig aus und drehen ihre Gebetsmühlen. Das alte Lhasa, der "Platz der Götter", ist noch nicht untergegangen. Es findet sich mitten in der Stadt, rund um den Jokhang-Tempel, das wichtigste Heiligtum des tibetischen Buddhismus.
Hier sind die Pilger unterwegs. Frauen mit Türkisohrringen und Jacken aus geblümtem Brokat schlurfen über den Barkor, die Straße, die im Viereck um den Tempel herumführt. Schwarz gebrannte, hochgewachsene Kerle mit verfilzten Zöpfen und Messern im Gürtel werfen sich auf ihrer Matte vor dem Tempel nieder, wieder und wieder und wieder. So beschwingt wie neugierig schlendern die Besucher aus abgelegenen Dörfern durch die Gassen, bestaunen Trachtenpuppen, bunte Schals und die im Winter eher seltenen Touristen. Sie befingern Stoffballen aus schwarzer Yakwolle und gönnen dem Kleinsten ein paar neue weiße Turnschuhe, Marke Nike-Kopie. Es ist, als seien Menschen aus einer fernen Zeit in die Gegenwart gefallen. Und es kommen Hunderte, Tag für Tag, jetzt, wo die Feldarbeit getan ist. Denn dies ist nicht nur eine Wallfahrt, es ist auch ein Fest, ein Ausbruch aus der täglichen Fron, ein Hintersichlassen von Yakdunghaufen, Dorfstreitereien und den immergleichen Gesichtern.
Im Innern des Tempels funkeln Lüster. Ganz hinten, zwischen Straußenfedern und bunten Vorhängen, wartet das Allerheiligste:
"In der kleinen Kapelle ist die heiligste Statue auf der ganzen Welt. Das ist die Statue, die von dem himmlischen Künstler zu Buddhas Lebzeit gemacht wurde. Das ist die Statue von Buddha Shakyamuni, als er zwölf Jahre alt war. Diese Statue wurde von der chinesischen Prinzessin nach Tibet gebracht. Die Statue selber ist original, über ein paar Tausend Jahre alt, aber die Dekorationen sind später nachgemacht. (…) Jedes Jahr kommen viele Pilger und spenden etwas Goldtinte, da wird die Statue immer mit Goldtinte verziert. Deswegen ist die Statue selber mehr dick als früher gworden.
Er sieht nicht mehr nach zwölf Jahren aus, sondern schon ein bisschen älter.
Ja, schon wie ein Erwachsener."
Die Religion lebt in Tibet. Sie wird von den chinesischen Behörden misstrauisch beobachtet - aber toleriert. Auch die Mönche im Sera-Kloster dürfen ihre tägliche zweistündige Debattierrunde öffentlich abhalten. Hunderte rot bekleideter Männer sitzen jeden Nachmittag von drei bis fünf in Gruppen im Schatten der Bäume und knallen sich, man muss es fast so sagen, mit großer Begeisterung Argumente an den Kopf - untermalt von heftigem Händeklatschen.
"Die Mönche vom Sera-Kloster diskutieren miteinander in diesem Hof. Das gilt als Debatte.
Es geht über religiöse Fragen?
Nicht nur. Die Fragen sind über alles. Das gilt auch als ein Erfahrungsaustausch, die sind alle Schulkollegen, so sie tauschen ihre Erfahrungen oder ihre Kenntnisse aus. Was sie vom Buddhimus gelernt haben oder verstanden haben.
Sie klatschen sich zwischendurch in die Hände, was hat das zu bedeuten?
In der Mitte steht ein junger Mönch, der klatscht ab und zu. Mit dem Klatschen stellt er eine Frage meistens. Er argumentiert mit diesem Klatschen. Die anderen sitzenden Mönche sollen diese Fragen beantworten. (...) Und diese Diskussion gilt als die Vorbereitung für die Doktorprüfung (…)."
Noch lebt sie, die Religion. Aber Tibet und insbesondere die Stadt Lhasa machen gewaltige Veränderungen durch. Ein neuer Flughafen wurde gebaut, der erste Bahnhof eröffnet. Tag für Tag spülen vier Züge aus dem restlichen China 2000 bis 3000 Besucher nach Tibet - ein gewaltiger Zulauf für die einst "Verbotene Stadt". Waren werden aufgrund der besseren Transportmöglichkeiten jetzt billiger, an den Rändern der Hauptstadt erschließt man neue Entwicklungsgebiete. Chinas Regierung setzt auf Fortschritt und Verbesserung des Lebensstandards, um die einstige Annexion zu legitimieren. Von der anderen Seite - Pressezensur, verseuchte Landschaften, eingesperrte Mönche - erfährt der Kurzbesucher natürlich nichts. Gleichzeitig entstehen neue Luxushotels, Spielhallen und Diskotheken. Wie lange junge Tibeter ihrer eigenen Kultur da noch die Treue halten werden, gegen den Import aus China, wird sich erst zeigen.
Doch nun wird es Zeit, sich zum Bahnhof zu begeben, der erst im Juli 2006 eröffnet wurde. Am blitzblanken Bahnsteig wartet Zug Nummer 24 von Lhasa nach Chengdu. Und er fährt pünktlich ab. Langsam nimmt der Zug Fahrt auf, gleitet hinaus aus dem Bahnhof, vorbei an Hochspannungsleitungen und Äckern, und von ferne grüßt ein letztes Mal der Potala.
Die Tibet-Eisenbahn verkehrt seit Juli 2006. Zu diesem Zeitpunkt wurde das letzte Stück der Strecke, 1.142 Kilometer von Golmud nach Lhasa, nach nur fünfjähriger Bauzeit in Betrieb genommen. Unser Führer Li ist sehr stolz auf die Leistung:
"Das ist die längste Eisenbahn auf der Hochebene, über 4.000 Meter, und die längste Strecke über die Dauerfrostzone und der höchste Tunnel der ganzen Welt."
Dazu führt sie über den höchsten Pass und hält am höchstgelegenen Bahnhof der Welt. Und auch um die Tierwelt haben die Ingenieure sich gekümmert.
"In dieser Gegend leben viele wilde Tiere (...), tibetische Antilopen. Die ziehen im Frühling von dieser Gegend zu anderer Gegend, um die Kinder zu bekommen. Wenn die Eisenbahn gebaut wird, das heißt, der Weg für die Tiere wird unterbrochen. Aber die chinesischen Techniker haben das geachtet. Sie haben bei bestimmten Strecken einen Tunnel für die Tiere gebaut. Dazu führt sie über den höchsten Pass und hält am höchstgelegenen Bahnhof der Welt."
Der Standard der Vierbettkabine - "Softsleeper" heißt die erste Klasse - ist westlich. Der Platz reicht aus, zumindest, wenn sie nur mit zwei Personen belegt ist. Über den Flachbildschirm flimmert ein Film mit Jackie Chan ohne Ton, aus dem Lautsprecher dröhnt Popmusik. Was aber, wenn jemand in 5.000 Meter Höhe Probleme mit der dünnen Luft bekommt?
"Wenn es nötig ist, kann man von dem Zugpersonal so Sauerstoffmasken verlangen. Über jedem Bett gibt es eine Sauerstoffsteckdose. (…) Man kann diese Sauerstoffmaske von der Packung rausnehmen. Dann - hier ist diese "oxygen supply" - hineinstecken, man kann diese zwei Schläuche in die Nase stecken, dann kriegt man Sauerstoff."
Vor den Fenstern zieht mittlerweile eine weite ockerfarbene Hochebene vorbei, dahinter ragen weiß bepuderte Hügelketten wie Sägezähne hoch. Irgendwo im Nirgendwo repariert ein Mann mit goldenem Hut sein Motorrad.
"Wir sind jetzt ungefähr in der Nähe von Nadsch, über 4.000 Meter (…). Das ist das Hauptgebiet von den Nomaden, dieses nördliche tibetische Grasland. - Deswegen sieht man auch viele Yaks draußen - viele Yaks, viele Schafe, viele Tiere von den Nomaden gehalten - kleine Dörfer, kleine Ansammlungen gibt’s nur gelegentlich zwischendrin (...). Es führt aber eine Straße entlang, wir haben Stromleitungen, es ist alles schon erschlossen. - Das ist die Landstraße von Lhasa nach Peking, die Eisenbahn wird entlang dieser Landstraße gebaut (…) Diese Landstraße wurde schon in 1954 fertig. Vor der Eisenbahn wird Tibet alles von dieser Landstraße versorgt, Benzin auch, alle Lebensmittel werden von den Lkw transportiert. (...) Wie gesagt, werden viele Dinge billiger sein als früher, das ist ein großer Vorteil für die Einheimischen. Für die Pilger auch. Mit der Eisenbahn können sie günstiger als früher in Lhasa ankommen, um ihre Pilgerreise in Tibet zu machen. (...)
Was kostet denn eine Fahrt über die ganze Strecke normalerweise?
Das ist unterschiedlich von der Kategorie. Softsleeper kostet von Xining nach Lhasa 810 Yuan, 80 Euro."
Aber es geht auch biliger - und unbequemer. Nur zum Sitzen gedacht ist die "Holzklasse" - die so heißt, auch wenn sie gepolstert ist. 98 Plätze hat hier jeder Waggon - und jeder einzelne ist besetzt. Mit Thermoskannen, Nudelsuppe und frischen Äpfeln haben die Männer und Frauen sich für die 48-stündige Fahrt nach Chengdu gerüstet.
"Die sind Straßenbauarbeiter.
Wie lange haben sie oben gearbeitet?
In diesem Mai sind sie nach Tibet gekommen, jetzt fahren sie alle zurück nach Hause.
Wie lange bleiben sie da?
Nach dem Frühlingsfest kommen sie wieder zurück nach Tibet. (…)
Gibt es unten keine Arbeit, oder wird’s oben besser bezahlt?
Beides gibt. Weil unten gibt es viele Leute, mehr Leute als in Tibet, die Konkurrenz ist so stark. Und in Tibet können die Leute auch mehr bezahlt werden.
Sie sind glücklich, dass sie zurückkommen?
Sie sind auch sehr froh, dass sie bald zu Hause werden. So um diese Jahreszeit die meisten Passagiere sind die Wanderarbeiter, die fahren alle zurück. (…) Zu dieser Jahreszeit es ist in Tibet auf der Hochebene so kalt, und der Straßenbau hört schon auf. Weil es ist so kalt, kann man nicht diese Zement, diese Beton mit Wasser machen.
Es sind auch die Hälfte Frauen, es arbeiten also auch Frauen?
Die meisten Frauen, die arbeiten als Haushilfe, die waschen für die Männer ihre Kleidungen, die kochen für die Männer, weil wenn die Männer allein draußen arbeiten, wird auch Probleme für die Familien. Es ist in China heute so, viele Jugendleute, die arbeiten draußen von dem Dorf. Auf dem Land, in dem Dorf sieht man heute nur so alte Leute und Kinder."
Wanderarbeiter waren auch beim Bau der Eisenbahn im Dauerfrostgebiet hier oben eingesetzt. 200.000 sollen es gewesen sein, sagt die "International Campaign for Tibet". Und viele von ihnen seien an der Höhenkrankheit gestorben, weil es an Druckausgleichskammern gefehlt habe. Reiseführer Li widerspricht und gibt die offizielle Lesart wieder:
"Nein, ich habe von der Zeitung gelesen, es gibt keine Bauarbeiter, die an der Höhenkrankheit gestorben ist. Bei der Baustelle pro 100 Kilometer hat die Regierung so eine Druckkabine eingerichtet, für den Druckausgleich. Wenn etwas passiert, kann der Patient in diese Druckkammer geschickt werden. In der Kabine ist Druckausgleich."
Ob jemand hier oben sein Leben gelassen hat oder wie viele Menschen es tatsächlich waren - die ganze Wahrheit kennt wohl nur die chinesische Regierung. Und einen Teil davon vielleicht auch manche Bauarbeiterfamilie.
Aber jetzt kommt endlich die Minibar vorbei.
"Es gibt in diesem kleinen wandernden Wagen verschiedene Dinge wie Imbiss, Kochen, Erdnüsse, getrockneten Yakfleisch, Bier, Wasser, Schnaps und auch Spielkarten. Eine Dose Bier kostet fünf Yuan - das sind umgerechnet 50 Cent."
Auch für Unterhaltung ist in der Tibet-Bahn gesorgt. Unsere zweite Begleiterin, Suudschi aus Peking, begeistert sich an chinesischer Comedy aus den Lautsprechern:
"Das ist so eine typisch chinesische Art, heißt Schang Scheng auf Chinesisch, ist meistens von zwei Männer, die sprechen irgend etwas Lustiges. Meistens geht es um wirkliche Doppelbedeutung usw. Es wird auch ziemlich viel gesungen, so Kopien von den anderen Leuten usw. Hier das heißt, einer soll die Akrobatik (…), und da sagt er de andere, du musst ja ein bisschen Musik machen, damit ich das richtig machen kann. Da macht der Dong Dong, da sagt der, nein, das passt ja doch nicht, das ist eine Musik, was man bei der Beerdigung es macht. - Bong bong bong bongbong."
So langsam wird es Zeit fürs Abendessen. Koch Tsaiwi Ping, der seit 14 Jahren auf verschiedenen Zügen arbeitet, und seine vier Leute haben schon alles fertig:
"Hühnerfleisch mit Paprika. Schweinefleisch mit Lauch - solche Dinge. Und Chinakohl und Tofu.
Das Restaurant in der Stadt, dort zu kochen ist viel leichter als im Speisewagen. Größer und bequemer und viele Material, die haben nur nicht alles dabei. (…)
Fünf Tage arbeiten sie, dann haben sie wieder fünf Tage frei."
Was der bullige Mann in seiner kleinen Bordküche zaubert, kann sich durchaus sehen - und auch genießen - lassen. Finden jedenfalls die Mitglieder einer deutschen Reisegruppe an den Nebentischen. Einiges freilich bleibt umstritten:
"Also, hier gibt es etwas, das sieht so aus wie Mozarella in Tomatensoße. In Wirklichkeit scheint es Tofu zu sein. Das Problem dabei ist, man kann es etwas schwierig mit den Stäbchen fassen, weil es ist so weich und rutscht dann immer durch. Vom Geschmack her ist es sehr scharf, nun ja, ein bisschen schlabberig im Mund, aber vom Geschmack okay."
"Ich fand's eher ein bisschen glibberig, aber ich hab mich für die Gurken entschieden. Ich hätte nie gedacht, dass man an ne Gurke so viel Geschmack kriegen kann, mit ein bisschen Peperoni und Speck. Unbedingt weiterzuempfehlen. Werde ich zu Hause vielleicht sogar mal nachkochen."
"Mir schmecken diese grünen Paprika, die zusammen mit Speckschwarten im Topf gedünstet sind, am besten. Die Paprika ist sehr knackig, hat sehr viel Geschmack, ist etwas schärfer als die Paprika, die wir in Deutschland kennen, bestimmt auch sehr gesund. Und der Speck ist auch sehr intensiv, also es ist kein Schwein, was so gezüchtet wurde mit Hormonen, sondern auf der Wiese ganz normal das Gras gegessen hat, das kann man schmecken."
"Bei mir ist die Problematik, dass aus allen vier Gerichten oder fünf, ich mir die zusammenmixe, dass mir das dann sehr gut schmeckt. Das Einzige, was mir nicht so gut schmeckt, ist der Tofu. Der ist mir zu weich. Der schmeckt mir zu sehr nach Speck. Die Pilze sind sehr lecker, und das mit dem Brokkoli find ich auch sehr nett - was es genau ist, weiß ich nicht. Was kommt jetzt? Sieht nach Suppe aus. Wasser mit einem Ölfilm."
"Dieser Tofu ist großartig, und zwar: Im Gegensatz zu Deutschland ist die hier cremige, sie ist stichfest, aber zergeht auf der Zunge. Während in Deutschland ist der Tofu oft etwas derb. Man muss nur vorsichtig sein, wenn man dann diesen Keramiklöffel nimmt und das rausnimmt und über den Reisteller drüberschüttet: Das hat eine Schärfe, dass einem schon das nach oben steigt ins Hirn."
Vor dem Fenster spielt das Landschaftskino. Grasbüschel leuchten golden im Abendlicht, Flüsse schimmern wie stählerne Schlangen, und die Berge legen ein letztes zartes Violett auf, ehe rot glühende Lohe die Gipfel für einen Moment in Feuer setzt. Morgen früh wird der tibetische Bilderbogen draußen abgelöst sein von einem chinesischen. Um 14.30 wird Zug Nummer 24 in Lhanzou einrollen, einem Zwischenhalt, fast pünktlich nach 2.300 Kilometern Entfernung. Es ist ein gewaltiger Schritt, von der Grenze des Riesenreiches in seinen geographischen Mittelpunkt. Ein Sprung vom Nicht-mehr-Gestern ins Beinahe-schon-Morgen, in gerade mal 28 Stunden.