Learys Jenseitsvorstellungen sind erfreulich unsentimental und überraschend nüchtern, obwohl er sich häufiger auf literarische als auf wissenschaftliche Quellen beruft: "Wir werden", sagt er, "zu dem DNA-Code, auf dem das ganze Drehbuch basiert. Das Bewußtsein kehrt zum genetischen Code zurück." Dem Buch sind noch Erinnerungen von Freunden beigefügt, aus denen unter anderem und vor allem hervorgeht, was auch die Texte Learys selbst beweisen: Daß dieser Mann nämlich Humor gehabt und sich selber weit weniger ernst genommen hat, als seine Gegner ihn ernst nahmen. Timothy Leary starb am 31. Mai 1996. Die Urne mit seiner Asche wurde, seinem Wunsch gemäß, in den Weltraum geschossen. Eine letzte, große Inszenierung, die inzwischen zur Anekdote geworden ist. "Die Sache ist nur", sagt Leary in seinem Totenbuch, "daß die ganze Welt aus Anekdoten besteht."
Timothy Learys Totenbuch
"Ich bin nicht gerade ein Anhänger der Political Correctness. Immer wieder fällt sie in die schönen Wortgebilde des Normalbürgers ein und stülpt ihnen gespreizte, bürokratisch klingende Wortkombinationen über. So steht beispielsweise nicht Timothy Learys ‚Lebenserwartung in Frage', er ist vielmehr ganz einfach am Sterben - beziehungsweise tot, wenn Sie das lesen." Das ist der unverwechselbare O-Ton einer Ikone der amerikanischen Gegenkultur, wie sie leibte, lebte - und starb: Timothy Leary, ehemaliger Psychologieprofessor an der renommierten Universität Harvard, Veteran der Beat- und Hippiegeneration, Drogenguru der sechziger Jahre, Provokateur und Selbstdarsteller, New-Age-Apostel und Partylöwe, langjähriger Gefängnisinsasse und Anhänger einer totalen, telematischen Kommunikationsfreiheit im Zeichen des Internets, seriöser Wissenschaftler und bissiger Gesellschaftskritiker, passionierter Antidogmatiker, der hinter fast alle religiösen, wissenschaftlichen und logischen Überzeugungen seiner Gegenwart Fragezeichen gesetzt hat. Als er von seiner unheilbaren Krebserkrankung erfuhr, beschloß er, so öffentlich zu sterben, wie er gelebt hatte. "Ich wollte meine Gedanken und Handlungen offenlegen, selbst wenn sie tabu oder illegal sein sollten, so daß ich die zwangsläufige Aufmerksamkeit nutzen konnte, um gegen die Scham, die die Gesellschaft angesichts des Todes empfindet, anzugehen."
Learys Jenseitsvorstellungen sind erfreulich unsentimental und überraschend nüchtern, obwohl er sich häufiger auf literarische als auf wissenschaftliche Quellen beruft: "Wir werden", sagt er, "zu dem DNA-Code, auf dem das ganze Drehbuch basiert. Das Bewußtsein kehrt zum genetischen Code zurück." Dem Buch sind noch Erinnerungen von Freunden beigefügt, aus denen unter anderem und vor allem hervorgeht, was auch die Texte Learys selbst beweisen: Daß dieser Mann nämlich Humor gehabt und sich selber weit weniger ernst genommen hat, als seine Gegner ihn ernst nahmen. Timothy Leary starb am 31. Mai 1996. Die Urne mit seiner Asche wurde, seinem Wunsch gemäß, in den Weltraum geschossen. Eine letzte, große Inszenierung, die inzwischen zur Anekdote geworden ist. "Die Sache ist nur", sagt Leary in seinem Totenbuch, "daß die ganze Welt aus Anekdoten besteht."