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Tod eines Eroberers vor 475 Jahren
Francisco Pizarro wird ermordet

Francisco Pizarro wuchs in ärmlichen Verhältnissen in der spanischen Region Extremadura auf. Mit königlicher Gunst zum "Eroberer" aufgestiegen, setzte der Analphabet mit wenig mehr als 200 Mann den Zusammenbruch des Inka-Reiches in Gang. Doch trotz seiner Erfolge ist sein Ruf bis heute negativ und führte bei seinen Gegnern vor 475 Jahren zu einem tödlichen Plan.

Von Mathias Schulenburg | 26.06.2016
    Extremadura in Spanien.
    Die Extremadura in Spanien - hier wuchs Pizarro in ärmlichen Verhältnissen auf. (picture-alliance / dpa / Leo F. Postl)
    Es war Christoph Kolumbus, Mitte 1496 von seiner zweiten Amerikafahrt zurückgekehrt, der das spanische Eroberungsfieber in Gang gesetzt hatte, dem auch der junge Francisco Pizarro erlag. Der des Lesens und Schreibens unkundige Sohn eines Soldaten und einer Magd aus der Region Extremadura bestieg ein Schiff und verschwand in der Neuen Welt, auf der Suche nach Ruhm und Geld.
    Im Spätherbst 1532 erreichte diese Suche nach zahlreichen Abenteuern einen Höhepunkt, der an Absurdität kaum zu überbieten war. Der wahrscheinlich 54-jährige Francisco Pizzaro, nunmehr Entdecker und Eroberer, schickte sich an, den König des peruanischen Inka-Reiches, Atahualpa, in seine Gewalt zu bringen. Der hielt sich mit einem 30.000–Mann–Heer in der Stadt Cajamarca auf, 350 Kilometer Luftlinie vom spanischen Basislager San Miguel entfernt. Dagegen, so der Zeitzeuge Pater Pedro de Cieza de León, Pizarros Streitmacht:
    "87 Mann zu Fuß, bewaffnet mit Lanze und Schwert, 67 Reiter, 20 Bogenschützen, drei Büchsenschützen, dazu etwa 25 Indianer als Diener und Träger und als Artillerie zwei sogenannte Feldschlangen, Kleingeschütze."
    Ein Sinnbild hinterlistiger Gemeinheit
    Insgesamt wenig mehr als 200 Köpfe. Am Ende hatte der spanische Haufen 4.000 schwach bewaffnete Höflinge getötet, den Inka festgesetzt, Unmengen an Gold und Silber erpresst und den Herrscher gegen alle Absprachen erdrosselt. Egon Friedell, in den 1930er-Jahren ein respektierter Kulturphilosoph, bilanzierte:
    "Der Name des Schurken Franzisco Pizarro [...] würde es verdienen, als sprichwörtliches Sinnbild hinterlistiger Gemeinheit, schamloser Raubgier und viehischer Rohheit [...] in der Erinnerung der Nachwelt fortzuleben."
    Nach der Nachricht vom Tode Atahualpas löste sich dessen Armee auf. Pizarro marschierte auf die königliche Hauptstadt Cuzco zu, die er ohne Widerstand einnahm.
    "Sie behandelten uns wie Hunde"
    Als die Macht der Spanier so gefestigt war, dass sie glaubten, keinerlei Rücksichten mehr nehmen zu müssen, kam es zu Aufständen. Eine Rede des Inka Manco Cápacs gibt Aufschluss:
    "Sie behandeln uns wie Hunde und nennen uns auch so. Ihre Gier ist so groß, dass es keinen Palast und keinen Tempel mehr gibt, den sie nicht ausgeplündert hätten. In der Tat, selbst wenn sich aller Schnee in Gold und Silber verwandeln würde, wären sie immer noch nicht zufrieden."
    Pizarro gründete die spätere Hauptstadt Lima, widmete den Rest seines Lebens der Festigung der spanischen Macht in Peru und der Verteidigung des familiären Reichtums. Aber die Vergangenheit holte ihn ein:
    "Die Indianer sagten, die Tage des Marquis seien gezählt, und dass er von denen aus Chile getötet würde. Und eine Reihe von Frauen, Geliebten der Spanier, sagten denen das weiter. Pizarro, gewarnt, lachte und sagte, auf das Geschwätz der Indianer dürfe man nichts geben."
    Eine schwere Wahl
    Über Jahre hatte der Clan Diego de Almagros, des einstigen Waffengefährten Pizarros, auf Rache für erlittene Kränkungen gesonnen. Am 26. Juni 1541 schien eine Gelegenheit gekommen. Die Verschwörer hatten sich im Haus des Sohnes von Diego de Almagro versammelt als die Nachricht kam: Pizarro werde nicht zur Messe kommen und das Haus nicht verlassen. Die sich enttarnt glaubenden Männer sahen sich vor eine schwere Wahl gestellt:
    "Ehrenwerte Herren, wenn wir jetzt Entschlossenheit zeigen und unsere Kraft reicht, den Marquis zu töten, werden wir den Tod Almagros rächen und reich für diesen Dienst am König belohnt werden. Anderenfalls werden wir an den Galgen des Platzes hängen. Jeder Einzelne hat nun die Wahl."
    Die Verschwörer liefen schwer bewaffnet auf das Haus Pizarros am zentralen Platz Limas zu. Pizarro saß mit einer Gesellschaft zu Tisch, als die Almagristas die Stufen herauf drängten, die Gegenwehr niederschlugen und ihn töteten.
    Die Inkas hatten nichts davon, dreißig Jahre später war das letzte Widerstandsnest ihres einst so mächtigen Reiches ausgehoben.