Samstag, 20. April 2024

Archiv


Tödliche Wachmacher?

Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle oder Nierenversagen: Laut Foodwatch sind dies alles mögliche Nebenwirkungen von sogenannten Energy Shots, die Wachmacher wie Koffein und Taurin in hoher Konzentration enthalten. Deshalb fordert der Verein das Verbot dieser womöglich sogar tödlichen Energielieferanten.

Von Daniela Siebert | 05.07.2013
    Kreislauf, Herz und Nieren – womöglich sogar das Leben – können in Gefahr sein durch den Konsum von Energy Drinks wie Red Bull oder Monster und erst recht durch die kleinen Energy Shots, warnt Matthias Wolfschmidt von Foodwatch. Ursache seien die darin enthaltenen Substanzen Koffein und Taurin, die in den 60-Milliliter-Energy-Shot-Fläschchen etwa in gleicher Menge enthalten sind wie in den gebräuchlichen 250-Millliliter-Dosen der Energy Drinks.

    "Die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat verkündet, dass in den letzten vier Jahren 13 Todesfälle gemeldet worden seien in Amerika, bei denen es eine Verbindung zu Energy Shots gegeben haben könnte, das untersuchen die - die Shots in Amerika sind teilweise noch konzentrierter als die hier in Deutschland vertriebenen.

    Wissenschaftlich gesehen ist es offensichtlich so, dass nicht jede einzelne Substanz für problematisch erachtet wird, sondern die Kombination aus Koffein, Taurin und Glucuronolacton, man kann die Mischung nur indirekt aufgrund dieser gemeldeten Todesfälle und aufgrund des Zusammenhangs mit Energy Shots bewerten, das ist wissenschaftlich schwierig, aber es gibt offensichtlich starke Hinweise darauf, dass es sich hier um problematische Produkte handelt."

    Besonders problematisch würden die Wirkstoffe, wenn sie in Kombination mit Alkohol und sportlicher Anstrengung eingenommen oder wenn sie stark überdosiert werden. Die Tagesdosis Koffein sei beispielsweise schon mit einer einzigen Getränkedose erreicht, unter jugendlichen Konsumenten gebe es aber auch etliche, die ein Vielfaches davon trinken, so Wolfschmidt unter Verweis auf eine Untersuchung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA. Foodwatch sieht deshalb dringenden Nachholbedarf bei der Politik:

    "Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr den Eindruck erweckt, mithilfe einer Änderung der Fruchtsaftverordnung, das Problem eines zu hohen Konsums von Taurin- und Koffeinhaltigen Getränken einen Riegel vorgeschoben zu haben, allerdings gilt diese Fruchtsaftverordnung nur für Energy Drinks, die als Lebensmittel gelten, nicht für die Shots, die als Nahrungsergänzungsmittel verkauft werden, und Nahrungsergänzungsmittel sind bislang gar nicht geregelt."

    Über die Fruchtsaftverordnung sei eine Höchstgrenze von 320 Milligramm Koffein pro Liter Getränk festgesetzt worden. Außerdem 4000 Milligramm Taurin pro Liter. Die mindestens ebenso wirkpotenten Energy Shots verleiteten Verbraucher dazu, mehrere Packungen in kurzer Zeit zu konsumieren und sollten daher verboten werden, fordert Foodwatch.

    Das hatte 2009 auch schon das Bundesinstitut für Risikobewertung empfohlen. Klaus Richter, Humanmediziner beim BfR, erklärt die empfohlene Verzehrmenge von nur einer Dose für entscheidend:

    "Das Problem sehen wir darin, dass wir denken, dass der Verbraucher die nicht einhält, dass er sozusagen mehr von diesen Shots zu sich nimmt als die Empfehlung beinhaltet, und da sehen wir ein gewisses Problem, weil dann es eben zu einer überhöhten Koffeinzufuhr kommt."

    Mit gesundheitlichen Konsequenzen. Besonders das marktführende Unternehmen Red Bull wird von Foodwatch mit seiner Verbotsforderung frontal angegangen. Auf Deutschlandradio-Anfrage, inwiefern sie für Ihre Energy-Getränke gesundheitliche Unbedenklichkeit garantieren können, antwortet Red Bull schriftlich, die EFSA habe die Inhaltsstoffe 2009 für unbedenklich erklärt, und das BfR habe festgestellt, dass bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine Einwände bestehen.

    Genau hier liegt aber der Hase im Pfeffer. Auch aus Sicht des BfR. Denn vielen Konsumenten ist nach wie vor nicht klar, wie der bestimmungsgemäße Gebrauch aussehen sollte. Auf Red Bull Energy Drinks steht beispielsweise nur: "Für Kinder, schwangere oder stillende Frauen nicht empfohlen. In moderaten Mengen konsumieren." Und auf Red Bull Energy Shots findet sich im Kleingedruckten ganz unten sogar der Hinweis "Empfohlene Tagesdosis: 1 Flasche. Die empfohlene Tagesdosis nicht überschreiten."

    Doch wie so oft im Leben ignorieren viele Konsumenten das Kleingedruckte. Die Energy Drinks sollten nach Ansicht von Foodwatch nur noch an Personen über 18 verkauft werden und mit einer deutlichen Aufschrift versehen werden, wie hoch die Tagesdosis maximal sein darf. Außerdem sollte auch diese Warnung draufstehen, so Matthias Wolfschmidt:

    "Dass dieses Produkt nicht in Verbindung mit Alkohol oder sportlicher Betätigung konsumiert werden soll und dass bei Nichtbeachtung der Verzehrempfehlungen tatsächlich gesundheitliche Folgen wie Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle oder Nierenversagen nicht ausgeschlossen werden können. Und es muss auch sehr deutlich gemacht werden, dass es für Kinder, Schwangere, Stillende, Koffeinempfindliche Personen und natürlich auch Personen oder Patienten mit Herzrhythmusstörungen überhaupt nicht geeignet ist, ein solches Produkt zu konsumieren."