Personalchefs und Berater erklären: Wer das für die Stelle geforderte Know-how nicht hat, kann sich die Briefmarke sparen, denn bis eine Anzeige erscheint, hat man sich sehr viel überlegt, sagt Susanne Rausch. Die gelernte Personalfachfrau ist Geschäftsführerin der "act value management consult" am Kurfürstendamm in Berlin. Sie hat sich vor einigen Jahren selbständig gemacht und hilft mit ihrem Team von 18 Mitarbeitern vor allem mittelständischen Unternehmen bei der Personalauswahl. So eine Beratung beginnt immer damit, dass Susanne Rausch gemeinsam mit dem Unternehmer eine Bedarfsanalyse erarbeitet.
" Bei dieser Bedarfsanalyse geht es darum, wer wird gebraucht, was ist das für ein Profil, wie wir sagen, ein Anforderungsprofil, dass dahinter steht. D.h. da werden fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten zusammengetragen, Methodenkenntnisse zusammengetragen, der Ausbildungs- und berufliche Erfahrungshintergrund kurz skizziert und natürlich auch die berühmten sozialen und persönlichen Kompetenzen formuliert."
Erst danach spricht man über den Weg, auf dem gesucht wird, ob über Stellenanzeigen in Tageszeitungen, in Fachzeitschriften oder im Internet, an Hochschulen oder auf Messen. Manchmal initiiert act value management consult auch ein "Netzwerk-Marketing".
" Das heißt also, dass wir in ganz bestimmten professionellen Netzwerken die Information streuen und recherchieren, ob eine Person möglicherweise eine andere Person kennt, die diesem Profil entspricht und wir diese Person dann auch direkt ansprechen können."
Auch Stephan Schwarz und Ingo Specht ist der persönliche, direkte Weg am liebsten. Stephan Schwarz ist Präsident der Handwerkskammer Berlin und geschäftsführender Gesellschafter des Gebäudereinigungsunternehmens "GRG Dienstleistungsgruppe". Ingo Specht gehört die Käthe-Kollwitz-Buchhandlung in Prenzlauer Berg.
Schwarz:
" Wir haben über 40 Lehrlinge, die wir ausbilden in unserem Unternehmen. Wir schalten auch Anzeigen, wobei wir eine Reihe von guten Bewerbern auch aus dem Freundes- und Bekanntenkreis von Mitarbeitern bekommen. Unsere Mitarbeiter empfehlen uns als Ausbildungsbetrieb weiter. Es ist natürlich auch empfehlenswert, dass man ein Praktikum macht. Es gibt ja die Möglichkeit, während der Schulzeit schon ein Betriebspraktikum zu machen. Auch wir bieten so etwas an, dass wir jungen Menschen während ihrer Schulzeit die Möglichkeit geben, hier bei uns den Betrieb kennen zu lernen, aber auch das Berufsbild des Gebäudereinigers kennen zu lernen. Vielen ist die Gebäudereinigung als Berufsbild gar nicht so bekannt. Das wird häufig verbunden mit der "Unterhaltsreinigung", das heißt der Reinigung von Büros. Aber Gebäudereinigung ist weitaus mehr, da geht es auch um Glasreinigung, Fassadenreinigung, Desinfektion, Krankenhausreinigung."
Specht:
" Mir ist es persönlich am liebsten, es ruft jemand an und fragt. Dann gibt's schon mal so ein Zwei-Minuten-Gespräch am Telefon, ganz grob, und dann sag ich: 'Keine Unterlagen schicken, vorbeikommen.' Dann guck ich mir denjenigen an. Der sollte seine Zeugnisse dabei haben, sollte Beurteilungen dabei haben, und dann redet man einfach mal eine viertel Stunde, 20 Minuten miteinander. "
In der Kollwitz-Buchhandlung arbeiten vier Menschen, in der GRG-Dienstleistungsgruppe sind es 2.200, Siemens aber beschäftigt über 400.000 Mitarbeiter. Daher läuft die Personalauswahl dort auch anders: Nur bei der "Siemens Professional Education in Berlin" allein gehen in jedem Jahr rund 6.000 schriftliche Bewerbungen ein, einfach so, ohne dass eine Anzeige geschaltet wurde. Sie befasst sich mit Ausbildung im kaufmännischen und im technischen Bereich; und die unter diesem Dach arbeitende Werner-von-Siemens-Werkberufsschule ist eine private Berufsschule des Landes Berlin. Der Schulleiter ist Wolfgang Krüger, und zu seinen Aufgaben gehört es, die Bewerbungsunterlagen zu sichten:
Krüger:
" Manche Dinge sind auf den ersten Blick einfach nicht akzeptabel. Wenn zum Beispiel der Absender vergessen wird oder wenn sich zwar für einen bestimmten Beruf beworben wird, im Text, aber ein anderer Beruf angesprochen wird, weil das zum Beispiel die 33. Bewerbung ist und man vergessen hat, den Text entsprechend dem Anschreiben an die Firma Siemens anzupassen. Das gibt dort sogar manchmal sehr krasse Fälle. Wir erleben es schon, dass jemand sich für einen Handwerksberuf bewirbt und dieses bei der Firma Siemens tut, was sicherlich auf eine äußerst schlampige Vorbereitung des Bewerbers schließen lässt."
Rausch:
" Es kommen auch immer mehr CD Roms. Da wird die Tatsache außer acht gelassen, dass wir bei so einem Vorauswahlverfahren gar nicht die Zeit haben, uns das alles so anzuschauen. Das heißt also, wenn die Grundvoraussetzungen nicht gegeben sind, dann kann die tollste CD Rom-Aufnahme da sein, die haben wir uns dann doch nicht angeguckt."
Für 90 Prozent aller Chefs ist die Analyse des Lebenslaufs das entscheidende Auswahlkriterium, hat das "Büro für Berufsstrategie" festgestellt. Deswegen schreiben Jürgen Hesse und Hans Christian Schrader in ihrem "Bewerbungshandbuch", dass beim Lebenslauf die Präsentation überzeugen muss und dass die Formulierungen sehr sorgfältig zu wählen seien. Danach kommt noch das Schreiben des Briefes usw. Stephan Schwarz, Susanne Rausch und Wolfgang Krüger sehen das genauso:
Schwarz:
" Das Erscheinungsbild der Bewerbungsunterlage muss ansprechend sein. Es muss sauber und aufgeräumt sein, klar und deutlich, und es muss vor allem deutlich werden in dem Anschreiben, dass der Bewerber ein wirkliches Interesse hat, diesen Beruf zu erlernen. Dinge, die nun auf jeden Fall vermieden werden sollten, wenn dort sprachliche, grammatikalische oder Rechtschreibfehler zu finden sind, dann ist das schon ein Ausschlusskriterium."
Rausch:
" Das abschreckendste Beispiel, das ich jemals bekommen habe, war eine Bewerbung auf eine Stelle eines Marketing-PR-Profis. Da haben wir tatsächlich eine Bewerbung bekommen, handschriftlich auf kariertem Papier. Da war kein Foto dabei, wir standen fassungslos davor und wussten überhaupt nicht, was wir damit anfangen sollten."
Krüger:
" Es gibt auch grundsätzliche Fehler im Lebenslauf, die wir nicht akzeptieren. Wenn Lebensläufe nicht vollständig sind oder uns deutlich wird, dass sie nicht mit den beigelegten Zeugnissen übereinstimmen. Also simple formale Fehler führen einfach dazu, dass hier ausgeschlossen wird."
Rausch:
" Wenn man einen Umschlag öffnet, und man nimmt die Unterlagen raus und sie riechen ganz extrem nach kaltem Rauch, dann ist das für jemanden, der das bearbeiten muss, unangenehm und das kommt natürlich auch nicht besonders gut an. In vielen Ratgebern sind ja so genannte Beispieltexte. Das fällt natürlich auf. Wenn man unter 100 Briefen 10 oder 20 hat, die alle den gleichen Wortlaut haben, dann ist das schon ein bisschen merkwürdig und lässt vermuten, dass derjenige selbst eigentlich nicht in der Lage ist, einen klaren Satz zu formulieren."
Schwarz:
" Wir erwarten aber auch, und das ist gerade im Dienstleistungsbereich ausgesprochen wichtig, dass die zukünftigen Auszubildenden auch über entsprechende soziale Kompetenzen verfügen, dass sie verlässliche Partner sind in einem Team."
Dazu gehört auch, dass man pünktlich ist und gute Umgangsformen hat. Ein Händedruck der Marke "toter Fisch" oder "Knochenbrecher" kommt nicht gut an. Im allgemeinen durchlaufen Bewerbungsunterlagen drei Auswahlrunden: In der ersten wird nur geprüft, ob der Kandidat oder die Kandidatin, die fachlichen Mindestvoraussetzungen erfüllt. Dafür stehen pro Bewerbungsmappe oft nur anderthalb Minuten zur Verfügung. In der zweiten Runde geht es um den Gesamteindruck der Bewerbung. Und in der letzten Runde werden die Unterlagen noch einmal genau mit dem Bewerberprofil verglichen. Stimmen sie zu 100 Prozent überein, ruft "act value management consult" den Kandidaten oder die Kandidatin an. Susanne Rausch:
Rausch:
" Die Stimme ist ja sehr aussagekräftig und die sprachlichen Fähigkeiten, Kompetenzen wie Kontaktstärke, Kommunikation, Flexibilität, Kundenorientierung, das kann man am Telefon sehr gut heraushören. Da wird zum Beispiel auch abgeprüft schon, ob die, wenn gefordert, englischen Sprachkenntnisse vorhanden sind."
Nicht alle Firmen und Personalberater tätigen Testanrufe, aber als Stellensuchender sollte man damit rechnen und sich zum Beispiel immer korrekt mit seinem Nachnamen melden, wenn das Telefon klingelt. Doch einmal zum Grundsätzlichen: Was ist das Entscheidende, worauf reagiert beispielsweise Wolfgang Krüger, der Leiter der Werner-von-Siemens-Werkberufsschule?
Krüger:
" Eine Bewerbung, die uns sehr spontan zu einer sofortigen Einladung bringt, beinhaltet außer einem vernünftig geschriebenen Lebenslauf und einem normalen Anschreiben, bewerbe mich um, für, in dieser Art, drei, vier Sätze, die vielleicht zusätzlich in diesem Anschreiben stehen oder auch eine extra stehende halbe DIN-A4-Seite, in der der Bewerber uns beschreibt, warum er zu uns möchte und warum er aus seiner Sicht genau in diesem Beruf bei uns arbeiten möchte. Wenn das so geschrieben ist, dass für uns erkennbar ist, dass hier Emotionen sichtbar werden, dass eine Begeisterung sichtbar wird, dann wollen wir diesen Bewerber sehen."
Jetzt gilt es, mit seinem Auftritt einen guten Eindruck zu machen. Bei der Wahl der Kleidung allerdings ist das Image der Firma entscheidend: Ein gediegener, dunkler Anzug kommt zwar in einer Bank oder in einer konservativen Firma gut an, in einer jungen, schrillen Werbeagentur jedoch nicht.
Krüger:
" Bei einem Vorstellungsgespräch gibt es zuerst die Beurteilung eines Gesamteindrucks, ob die Person, die den Raum betritt, für sich schlüssig aussieht, also ob die Sprache, die er hat, die Kleidung, die Botschaft, die vermittelt wird, zueinander passt. Aus unserer Sicht ist es sichtbar, wenn jemand sich einfach nur einen Anzug anzieht, um auf uns entsprechend zu wirken, in Wirklichkeit diesen aber nicht trägt oder wir sagen manchmal so schön, diesen Anzug nicht ausfüllt."
Schwarz:
" Wir sind natürlich ein Gebäudereinigungsunternehmen, und da ist es klar, dass wir bei unseren Mitarbeitern auch darauf achten, dass sie gepflegt aussehen. "
Specht:
" Wenn hier ein Punker rein kommt oder ein Irokesenschnitt, dann funktioniert das natürlich nicht. Ich muss schon gucken, passt der zu meinen Kunden. Ein Grufti geht auch nicht, genauso wenig wie wir hier so'n Bankertypen gebrauchen können."
Krüger:
" Es gibt sehr zurückhaltende Kandidaten, die so zurückhaltend sind, dass sie wirklich nur auf direktes Ansprechen reagieren und auch in diesen Fällen mit relativ kurzen Sätzen antworten und es nicht schaffen, ihre Person darzustellen."
Wer Glück hat und auf einen erfahrenen Entscheider trifft, kommt auch mit legerer Kleidung durch - vorausgesetzt, er ist wirklich das, was man einen "ungeschliffenen Diamanten" nennt. Wolfgang Krüger hatte jüngst so einen Fall:
Krüger:
" Der junge Mann kam in Jeans mit Hemd, aber hatte schon eine schriftliche Bewerbung abgegeben, die mit einigen Sätzen versehen war, die uns klar machten, dass er nicht nur sich schon ein wenig im Thema auskannte, sondern dass er sich auch engagierte und im Internet schon gearbeitet hatte und schon selber seine eigene Homepage gemacht hatte. Selbstverständlich haben wir dieses dann als Frage aufgegriffen, ob er übers Hobby drauf gekommen ist oder wie auch immer. Was wir dann hörten, das war einfach eine tolle spannende Geschichte insoweit, dass er an der Schule schon eine Homepage gemacht hatte und dass man versucht hatte, mit Mitschülern gemeinsam so ein kleines Hilfssystem fürs Lernen, für Klassenarbeiten und ähnliches aufzuziehen. Es war ein hinreißendes Gespräch. Wir waren alle begeistert."
Der letzte Schritt, bevor sich Siemens für jemanden entscheidet, ist ein "Gruppenauswahlgespräch". Bei dem sitzen vier oder fünf Bewerber drei Beurteilenden gegenüber und müssen Aufgaben erledigen. Ziel der Übung ist es, die Teamfähigkeit der Bewerber zu prüfen.
Krüger:
" An einem Termin hatten wir mal einen Kandidaten dabei, der wunderschön zeigte, wie man fast perfekt nicht sein sollte. Der hat es geschafft bei den Antworten sich permanent an der falschen Stelle einzumischen, von sich aus. Selbst auf Versuche von uns, als wir ihn darauf hingewiesen haben, dass er doch bitte etwas zurückhaltender sein möchte, hat er es weiterhin geschafft, immer wieder seine persönliche Botschaft uns vermitteln zu müssen. Das hat natürlich auch dazu geführt, dass wir ihn nicht berücksichtigt haben."
Die Persönlichkeit des Kandidaten entscheidet also über den Erfolg einer Bewerbung. Und beim Vorstellungsgespräch ist es wichtig, die Sympathie des künftigen Chefs für sich zu mobilisieren. Denn niemand gibt einem Kotzbrocken eine Stelle. Man muss angenehm rüberkommen - und viele Menschen wissen nicht, wie man das macht, hat Jürgen Hesse, Diplom-Psychologe und Geschäftsführer des "Büros für Berufsstrategie" festgestellt:
Hesse:
" Die meisten Leute wissen sofort, wie sie gut unsympathisch rüberkommen, da fällt denen sofort ein: Ich muss einfach nur jemanden nicht angucken, demonstrativ Fragen nicht beantworten, mich schlecht, hässlich, aggressiv hinsetzen, dann komm ich so gut unsympathisch rüber. Aber jetzt positiv ausgedrückt: Wie komme ich sympathisch rüber? Also man muss jemanden anschauen, man muss ein bisschen lächeln. Aber das Entscheidende ist natürlich, dass man etwas von sich erzählt, damit sozusagen etwas von sich preisgibt, wo der andere sich wieder findet. Sympathie, sehr einfach ausgedrückt, ist ein Prozess der Identifikation. Und viele unserer Klienten haben den Job erobert, weil sie Stichworte angeboten haben, auf die ihr Gegenüber, der Entscheider, eingestiegen ist und gesagt hat: 'Das ist ja interessant!'"
Wer eine Buchhandlung betritt, um einen Bewerbungsratgeber zu kaufen, wird von ihrer Vielzahl fast erschlagen. Solche Textmengen kann man beim besten Willen nicht lesen. Aber es gibt einen gravierenden Unterschied: Die meisten Ratgeber teilen mehr oder weniger professionell mit, was Firmen wollen, einige aber drehen den Spieß um. Und das ist vermutlich es ein besserer Weg, sich erst einmal darüber klar zu werden, was man sich wünscht. Jürgen Hesse und Hans Christian Schrader haben mehr als 100 Bücher geschrieben, sich auch mit den "Neurosen der Chefs" befasst und geben Tipps, wie man mit ihnen fertig wird.
Hesse:
" Es gibt zum Beispiel also den sehr charmanten Strahlemannchef sozusagen, der gerne sich reden hört, der gerne sein Unternehmen und was er geleistet hat, eben präsentiert, und sagen wir mal das Gegenteil, es gibt vielleicht einen eher schweigsamen, etwas düster dreinblickenden, strengen Chef, der Anforderungen stellt, wo man schon das Gefühl hat beim ersten Termin, also eigentlich bin ich doch pünktlich, aber warum krieg ich jetzt Schuldgefühle, dass ich hier bin, dass ich vielleicht nicht ordentlich genug da sitze, dass ich so wenig anzubieten habe. Die sehen erst mal ganz normal aus, aber sind in der Art und Weise des Umgangs also so angenehm wie eine Schleiflackkommode, also glatt, man rutscht ab, man weiß nicht, was man davon denken oder halten soll und hat so das Gefühl, was immer ich sage, hört der mir eigentlich überhaupt zu, stör ich den nicht grade sozusagen. Aber der hat mich doch eingeladen."
Der Selbstdarsteller-Chef genießt es, wenn man ihm mit Bewunderung zuhört und dann sagt, wie toll man das alles findet und dass man gerade deswegen gern in seiner Firma arbeiten möchte. Der Typ des Schizoiden wünschst sich kein sehr langes Gespräch und entscheidet meist, wenn man wieder weg ist. Dann gibt es auch noch Chefs, die kumpelhaft auftreten und unkompliziert wirken. Wenn sie aber etwas Überfürsorgliches an sich haben, ist Vorsicht geboten. So ein Chef stellt auch ungeniert intime Fragen und erzählt, was er im Urlaub macht. Zu Anfang ist der Umgang mit ihm angenehm, aber später könnte er unter Umständen übergriffig werden. Bei ihm sollte man sich als Mensch zu erkennen zu geben. Außerdem warnt Jürgen Hesse vor Chefs, die kleinkariert und zwanghaft sind, alles kritisch überprüfen und einem nichts zutrauen. Bei diesem Typ empfiehlt er, präzise zu sein und möglichst alle Daten parat zu haben.
Hesse:
" Die stellen dann auch sehr dezidierte Fragen, warum man den einen Arbeitsplatz verlassen hat, warum man gewechselt hat, was einen da gereizt hat und was schief gegangen ist beim letzten Arbeitsplatz. Die können einem schon auch ziemlich Angst machen, wenn sie dann sagen: 'Wenn ich jetzt Ihren Chef anrufen würde, den letzten, was würde der Meyer wohl über Sie erzählen?' Ich hab das schon erlebt, dass dann Kandidaten eingeknickt sind und gesagt haben: 'Bitte, bitte lieber nicht.'"
Wer auf so eine Frage gefasst ist, kann beim Vorstellungsgespräch souveräner reagieren. Trotzdem betont Jürgen Hesse:
Hesse:
" Es ist ganz wichtig, dass Sie in sich hineinhorchen und auf ihr Gefühl achten, wie wirkt das ganze Unternehmen auf mich. Das fängt ja schon mit der Atmosphäre an: Wie ist das, wenn ich das Gelände betrete oder das Haus betrete, wenn sich die Tür öffnet, wenn ich da im Vorraum sitze, wie kommen mir die anderen Menschen entgegen, wie riecht es da, wie ist das Interieur? Das alles sind Zeichen; und dann natürlich der direkte Vorgesetzte: Was löst der in mir aus? Wenn ich mich da nicht wohl fühle, wenn ich da das Gefühl habe, wir passen nicht zusammen, dann ist es besser, Sie verzichten auf so einen Job."
Wer von Mihaly Csikszentmihalyi das Buch "Flow im Beruf - Das Geheimnis des Glücks am Arbeitsplatz" gelesen hat, wird dem zustimmen. Der Autor stellt klar, dass Glücksgefühle dann entstehen, wenn wir unser Bestes tun. Das Gefühl des Erfüllt-Seins stellt sich dann ein, wenn wir unsere Möglichkeiten ganz ausschöpfen: "Das Aufgehen im eigenen Tun ist Freude und Genuss - das beschwingende Gefühl, ganz und lebendig zu sein." Und im Idealfall sollte es auch bei der Stellesuche darum gehen, einen Platz zu finden, wo man sich "Flow" verspricht, also Freude und Genuss bei der Arbeit.
" Bei dieser Bedarfsanalyse geht es darum, wer wird gebraucht, was ist das für ein Profil, wie wir sagen, ein Anforderungsprofil, dass dahinter steht. D.h. da werden fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten zusammengetragen, Methodenkenntnisse zusammengetragen, der Ausbildungs- und berufliche Erfahrungshintergrund kurz skizziert und natürlich auch die berühmten sozialen und persönlichen Kompetenzen formuliert."
Erst danach spricht man über den Weg, auf dem gesucht wird, ob über Stellenanzeigen in Tageszeitungen, in Fachzeitschriften oder im Internet, an Hochschulen oder auf Messen. Manchmal initiiert act value management consult auch ein "Netzwerk-Marketing".
" Das heißt also, dass wir in ganz bestimmten professionellen Netzwerken die Information streuen und recherchieren, ob eine Person möglicherweise eine andere Person kennt, die diesem Profil entspricht und wir diese Person dann auch direkt ansprechen können."
Auch Stephan Schwarz und Ingo Specht ist der persönliche, direkte Weg am liebsten. Stephan Schwarz ist Präsident der Handwerkskammer Berlin und geschäftsführender Gesellschafter des Gebäudereinigungsunternehmens "GRG Dienstleistungsgruppe". Ingo Specht gehört die Käthe-Kollwitz-Buchhandlung in Prenzlauer Berg.
Schwarz:
" Wir haben über 40 Lehrlinge, die wir ausbilden in unserem Unternehmen. Wir schalten auch Anzeigen, wobei wir eine Reihe von guten Bewerbern auch aus dem Freundes- und Bekanntenkreis von Mitarbeitern bekommen. Unsere Mitarbeiter empfehlen uns als Ausbildungsbetrieb weiter. Es ist natürlich auch empfehlenswert, dass man ein Praktikum macht. Es gibt ja die Möglichkeit, während der Schulzeit schon ein Betriebspraktikum zu machen. Auch wir bieten so etwas an, dass wir jungen Menschen während ihrer Schulzeit die Möglichkeit geben, hier bei uns den Betrieb kennen zu lernen, aber auch das Berufsbild des Gebäudereinigers kennen zu lernen. Vielen ist die Gebäudereinigung als Berufsbild gar nicht so bekannt. Das wird häufig verbunden mit der "Unterhaltsreinigung", das heißt der Reinigung von Büros. Aber Gebäudereinigung ist weitaus mehr, da geht es auch um Glasreinigung, Fassadenreinigung, Desinfektion, Krankenhausreinigung."
Specht:
" Mir ist es persönlich am liebsten, es ruft jemand an und fragt. Dann gibt's schon mal so ein Zwei-Minuten-Gespräch am Telefon, ganz grob, und dann sag ich: 'Keine Unterlagen schicken, vorbeikommen.' Dann guck ich mir denjenigen an. Der sollte seine Zeugnisse dabei haben, sollte Beurteilungen dabei haben, und dann redet man einfach mal eine viertel Stunde, 20 Minuten miteinander. "
In der Kollwitz-Buchhandlung arbeiten vier Menschen, in der GRG-Dienstleistungsgruppe sind es 2.200, Siemens aber beschäftigt über 400.000 Mitarbeiter. Daher läuft die Personalauswahl dort auch anders: Nur bei der "Siemens Professional Education in Berlin" allein gehen in jedem Jahr rund 6.000 schriftliche Bewerbungen ein, einfach so, ohne dass eine Anzeige geschaltet wurde. Sie befasst sich mit Ausbildung im kaufmännischen und im technischen Bereich; und die unter diesem Dach arbeitende Werner-von-Siemens-Werkberufsschule ist eine private Berufsschule des Landes Berlin. Der Schulleiter ist Wolfgang Krüger, und zu seinen Aufgaben gehört es, die Bewerbungsunterlagen zu sichten:
Krüger:
" Manche Dinge sind auf den ersten Blick einfach nicht akzeptabel. Wenn zum Beispiel der Absender vergessen wird oder wenn sich zwar für einen bestimmten Beruf beworben wird, im Text, aber ein anderer Beruf angesprochen wird, weil das zum Beispiel die 33. Bewerbung ist und man vergessen hat, den Text entsprechend dem Anschreiben an die Firma Siemens anzupassen. Das gibt dort sogar manchmal sehr krasse Fälle. Wir erleben es schon, dass jemand sich für einen Handwerksberuf bewirbt und dieses bei der Firma Siemens tut, was sicherlich auf eine äußerst schlampige Vorbereitung des Bewerbers schließen lässt."
Rausch:
" Es kommen auch immer mehr CD Roms. Da wird die Tatsache außer acht gelassen, dass wir bei so einem Vorauswahlverfahren gar nicht die Zeit haben, uns das alles so anzuschauen. Das heißt also, wenn die Grundvoraussetzungen nicht gegeben sind, dann kann die tollste CD Rom-Aufnahme da sein, die haben wir uns dann doch nicht angeguckt."
Für 90 Prozent aller Chefs ist die Analyse des Lebenslaufs das entscheidende Auswahlkriterium, hat das "Büro für Berufsstrategie" festgestellt. Deswegen schreiben Jürgen Hesse und Hans Christian Schrader in ihrem "Bewerbungshandbuch", dass beim Lebenslauf die Präsentation überzeugen muss und dass die Formulierungen sehr sorgfältig zu wählen seien. Danach kommt noch das Schreiben des Briefes usw. Stephan Schwarz, Susanne Rausch und Wolfgang Krüger sehen das genauso:
Schwarz:
" Das Erscheinungsbild der Bewerbungsunterlage muss ansprechend sein. Es muss sauber und aufgeräumt sein, klar und deutlich, und es muss vor allem deutlich werden in dem Anschreiben, dass der Bewerber ein wirkliches Interesse hat, diesen Beruf zu erlernen. Dinge, die nun auf jeden Fall vermieden werden sollten, wenn dort sprachliche, grammatikalische oder Rechtschreibfehler zu finden sind, dann ist das schon ein Ausschlusskriterium."
Rausch:
" Das abschreckendste Beispiel, das ich jemals bekommen habe, war eine Bewerbung auf eine Stelle eines Marketing-PR-Profis. Da haben wir tatsächlich eine Bewerbung bekommen, handschriftlich auf kariertem Papier. Da war kein Foto dabei, wir standen fassungslos davor und wussten überhaupt nicht, was wir damit anfangen sollten."
Krüger:
" Es gibt auch grundsätzliche Fehler im Lebenslauf, die wir nicht akzeptieren. Wenn Lebensläufe nicht vollständig sind oder uns deutlich wird, dass sie nicht mit den beigelegten Zeugnissen übereinstimmen. Also simple formale Fehler führen einfach dazu, dass hier ausgeschlossen wird."
Rausch:
" Wenn man einen Umschlag öffnet, und man nimmt die Unterlagen raus und sie riechen ganz extrem nach kaltem Rauch, dann ist das für jemanden, der das bearbeiten muss, unangenehm und das kommt natürlich auch nicht besonders gut an. In vielen Ratgebern sind ja so genannte Beispieltexte. Das fällt natürlich auf. Wenn man unter 100 Briefen 10 oder 20 hat, die alle den gleichen Wortlaut haben, dann ist das schon ein bisschen merkwürdig und lässt vermuten, dass derjenige selbst eigentlich nicht in der Lage ist, einen klaren Satz zu formulieren."
Schwarz:
" Wir erwarten aber auch, und das ist gerade im Dienstleistungsbereich ausgesprochen wichtig, dass die zukünftigen Auszubildenden auch über entsprechende soziale Kompetenzen verfügen, dass sie verlässliche Partner sind in einem Team."
Dazu gehört auch, dass man pünktlich ist und gute Umgangsformen hat. Ein Händedruck der Marke "toter Fisch" oder "Knochenbrecher" kommt nicht gut an. Im allgemeinen durchlaufen Bewerbungsunterlagen drei Auswahlrunden: In der ersten wird nur geprüft, ob der Kandidat oder die Kandidatin, die fachlichen Mindestvoraussetzungen erfüllt. Dafür stehen pro Bewerbungsmappe oft nur anderthalb Minuten zur Verfügung. In der zweiten Runde geht es um den Gesamteindruck der Bewerbung. Und in der letzten Runde werden die Unterlagen noch einmal genau mit dem Bewerberprofil verglichen. Stimmen sie zu 100 Prozent überein, ruft "act value management consult" den Kandidaten oder die Kandidatin an. Susanne Rausch:
Rausch:
" Die Stimme ist ja sehr aussagekräftig und die sprachlichen Fähigkeiten, Kompetenzen wie Kontaktstärke, Kommunikation, Flexibilität, Kundenorientierung, das kann man am Telefon sehr gut heraushören. Da wird zum Beispiel auch abgeprüft schon, ob die, wenn gefordert, englischen Sprachkenntnisse vorhanden sind."
Nicht alle Firmen und Personalberater tätigen Testanrufe, aber als Stellensuchender sollte man damit rechnen und sich zum Beispiel immer korrekt mit seinem Nachnamen melden, wenn das Telefon klingelt. Doch einmal zum Grundsätzlichen: Was ist das Entscheidende, worauf reagiert beispielsweise Wolfgang Krüger, der Leiter der Werner-von-Siemens-Werkberufsschule?
Krüger:
" Eine Bewerbung, die uns sehr spontan zu einer sofortigen Einladung bringt, beinhaltet außer einem vernünftig geschriebenen Lebenslauf und einem normalen Anschreiben, bewerbe mich um, für, in dieser Art, drei, vier Sätze, die vielleicht zusätzlich in diesem Anschreiben stehen oder auch eine extra stehende halbe DIN-A4-Seite, in der der Bewerber uns beschreibt, warum er zu uns möchte und warum er aus seiner Sicht genau in diesem Beruf bei uns arbeiten möchte. Wenn das so geschrieben ist, dass für uns erkennbar ist, dass hier Emotionen sichtbar werden, dass eine Begeisterung sichtbar wird, dann wollen wir diesen Bewerber sehen."
Jetzt gilt es, mit seinem Auftritt einen guten Eindruck zu machen. Bei der Wahl der Kleidung allerdings ist das Image der Firma entscheidend: Ein gediegener, dunkler Anzug kommt zwar in einer Bank oder in einer konservativen Firma gut an, in einer jungen, schrillen Werbeagentur jedoch nicht.
Krüger:
" Bei einem Vorstellungsgespräch gibt es zuerst die Beurteilung eines Gesamteindrucks, ob die Person, die den Raum betritt, für sich schlüssig aussieht, also ob die Sprache, die er hat, die Kleidung, die Botschaft, die vermittelt wird, zueinander passt. Aus unserer Sicht ist es sichtbar, wenn jemand sich einfach nur einen Anzug anzieht, um auf uns entsprechend zu wirken, in Wirklichkeit diesen aber nicht trägt oder wir sagen manchmal so schön, diesen Anzug nicht ausfüllt."
Schwarz:
" Wir sind natürlich ein Gebäudereinigungsunternehmen, und da ist es klar, dass wir bei unseren Mitarbeitern auch darauf achten, dass sie gepflegt aussehen. "
Specht:
" Wenn hier ein Punker rein kommt oder ein Irokesenschnitt, dann funktioniert das natürlich nicht. Ich muss schon gucken, passt der zu meinen Kunden. Ein Grufti geht auch nicht, genauso wenig wie wir hier so'n Bankertypen gebrauchen können."
Krüger:
" Es gibt sehr zurückhaltende Kandidaten, die so zurückhaltend sind, dass sie wirklich nur auf direktes Ansprechen reagieren und auch in diesen Fällen mit relativ kurzen Sätzen antworten und es nicht schaffen, ihre Person darzustellen."
Wer Glück hat und auf einen erfahrenen Entscheider trifft, kommt auch mit legerer Kleidung durch - vorausgesetzt, er ist wirklich das, was man einen "ungeschliffenen Diamanten" nennt. Wolfgang Krüger hatte jüngst so einen Fall:
Krüger:
" Der junge Mann kam in Jeans mit Hemd, aber hatte schon eine schriftliche Bewerbung abgegeben, die mit einigen Sätzen versehen war, die uns klar machten, dass er nicht nur sich schon ein wenig im Thema auskannte, sondern dass er sich auch engagierte und im Internet schon gearbeitet hatte und schon selber seine eigene Homepage gemacht hatte. Selbstverständlich haben wir dieses dann als Frage aufgegriffen, ob er übers Hobby drauf gekommen ist oder wie auch immer. Was wir dann hörten, das war einfach eine tolle spannende Geschichte insoweit, dass er an der Schule schon eine Homepage gemacht hatte und dass man versucht hatte, mit Mitschülern gemeinsam so ein kleines Hilfssystem fürs Lernen, für Klassenarbeiten und ähnliches aufzuziehen. Es war ein hinreißendes Gespräch. Wir waren alle begeistert."
Der letzte Schritt, bevor sich Siemens für jemanden entscheidet, ist ein "Gruppenauswahlgespräch". Bei dem sitzen vier oder fünf Bewerber drei Beurteilenden gegenüber und müssen Aufgaben erledigen. Ziel der Übung ist es, die Teamfähigkeit der Bewerber zu prüfen.
Krüger:
" An einem Termin hatten wir mal einen Kandidaten dabei, der wunderschön zeigte, wie man fast perfekt nicht sein sollte. Der hat es geschafft bei den Antworten sich permanent an der falschen Stelle einzumischen, von sich aus. Selbst auf Versuche von uns, als wir ihn darauf hingewiesen haben, dass er doch bitte etwas zurückhaltender sein möchte, hat er es weiterhin geschafft, immer wieder seine persönliche Botschaft uns vermitteln zu müssen. Das hat natürlich auch dazu geführt, dass wir ihn nicht berücksichtigt haben."
Die Persönlichkeit des Kandidaten entscheidet also über den Erfolg einer Bewerbung. Und beim Vorstellungsgespräch ist es wichtig, die Sympathie des künftigen Chefs für sich zu mobilisieren. Denn niemand gibt einem Kotzbrocken eine Stelle. Man muss angenehm rüberkommen - und viele Menschen wissen nicht, wie man das macht, hat Jürgen Hesse, Diplom-Psychologe und Geschäftsführer des "Büros für Berufsstrategie" festgestellt:
Hesse:
" Die meisten Leute wissen sofort, wie sie gut unsympathisch rüberkommen, da fällt denen sofort ein: Ich muss einfach nur jemanden nicht angucken, demonstrativ Fragen nicht beantworten, mich schlecht, hässlich, aggressiv hinsetzen, dann komm ich so gut unsympathisch rüber. Aber jetzt positiv ausgedrückt: Wie komme ich sympathisch rüber? Also man muss jemanden anschauen, man muss ein bisschen lächeln. Aber das Entscheidende ist natürlich, dass man etwas von sich erzählt, damit sozusagen etwas von sich preisgibt, wo der andere sich wieder findet. Sympathie, sehr einfach ausgedrückt, ist ein Prozess der Identifikation. Und viele unserer Klienten haben den Job erobert, weil sie Stichworte angeboten haben, auf die ihr Gegenüber, der Entscheider, eingestiegen ist und gesagt hat: 'Das ist ja interessant!'"
Wer eine Buchhandlung betritt, um einen Bewerbungsratgeber zu kaufen, wird von ihrer Vielzahl fast erschlagen. Solche Textmengen kann man beim besten Willen nicht lesen. Aber es gibt einen gravierenden Unterschied: Die meisten Ratgeber teilen mehr oder weniger professionell mit, was Firmen wollen, einige aber drehen den Spieß um. Und das ist vermutlich es ein besserer Weg, sich erst einmal darüber klar zu werden, was man sich wünscht. Jürgen Hesse und Hans Christian Schrader haben mehr als 100 Bücher geschrieben, sich auch mit den "Neurosen der Chefs" befasst und geben Tipps, wie man mit ihnen fertig wird.
Hesse:
" Es gibt zum Beispiel also den sehr charmanten Strahlemannchef sozusagen, der gerne sich reden hört, der gerne sein Unternehmen und was er geleistet hat, eben präsentiert, und sagen wir mal das Gegenteil, es gibt vielleicht einen eher schweigsamen, etwas düster dreinblickenden, strengen Chef, der Anforderungen stellt, wo man schon das Gefühl hat beim ersten Termin, also eigentlich bin ich doch pünktlich, aber warum krieg ich jetzt Schuldgefühle, dass ich hier bin, dass ich vielleicht nicht ordentlich genug da sitze, dass ich so wenig anzubieten habe. Die sehen erst mal ganz normal aus, aber sind in der Art und Weise des Umgangs also so angenehm wie eine Schleiflackkommode, also glatt, man rutscht ab, man weiß nicht, was man davon denken oder halten soll und hat so das Gefühl, was immer ich sage, hört der mir eigentlich überhaupt zu, stör ich den nicht grade sozusagen. Aber der hat mich doch eingeladen."
Der Selbstdarsteller-Chef genießt es, wenn man ihm mit Bewunderung zuhört und dann sagt, wie toll man das alles findet und dass man gerade deswegen gern in seiner Firma arbeiten möchte. Der Typ des Schizoiden wünschst sich kein sehr langes Gespräch und entscheidet meist, wenn man wieder weg ist. Dann gibt es auch noch Chefs, die kumpelhaft auftreten und unkompliziert wirken. Wenn sie aber etwas Überfürsorgliches an sich haben, ist Vorsicht geboten. So ein Chef stellt auch ungeniert intime Fragen und erzählt, was er im Urlaub macht. Zu Anfang ist der Umgang mit ihm angenehm, aber später könnte er unter Umständen übergriffig werden. Bei ihm sollte man sich als Mensch zu erkennen zu geben. Außerdem warnt Jürgen Hesse vor Chefs, die kleinkariert und zwanghaft sind, alles kritisch überprüfen und einem nichts zutrauen. Bei diesem Typ empfiehlt er, präzise zu sein und möglichst alle Daten parat zu haben.
Hesse:
" Die stellen dann auch sehr dezidierte Fragen, warum man den einen Arbeitsplatz verlassen hat, warum man gewechselt hat, was einen da gereizt hat und was schief gegangen ist beim letzten Arbeitsplatz. Die können einem schon auch ziemlich Angst machen, wenn sie dann sagen: 'Wenn ich jetzt Ihren Chef anrufen würde, den letzten, was würde der Meyer wohl über Sie erzählen?' Ich hab das schon erlebt, dass dann Kandidaten eingeknickt sind und gesagt haben: 'Bitte, bitte lieber nicht.'"
Wer auf so eine Frage gefasst ist, kann beim Vorstellungsgespräch souveräner reagieren. Trotzdem betont Jürgen Hesse:
Hesse:
" Es ist ganz wichtig, dass Sie in sich hineinhorchen und auf ihr Gefühl achten, wie wirkt das ganze Unternehmen auf mich. Das fängt ja schon mit der Atmosphäre an: Wie ist das, wenn ich das Gelände betrete oder das Haus betrete, wenn sich die Tür öffnet, wenn ich da im Vorraum sitze, wie kommen mir die anderen Menschen entgegen, wie riecht es da, wie ist das Interieur? Das alles sind Zeichen; und dann natürlich der direkte Vorgesetzte: Was löst der in mir aus? Wenn ich mich da nicht wohl fühle, wenn ich da das Gefühl habe, wir passen nicht zusammen, dann ist es besser, Sie verzichten auf so einen Job."
Wer von Mihaly Csikszentmihalyi das Buch "Flow im Beruf - Das Geheimnis des Glücks am Arbeitsplatz" gelesen hat, wird dem zustimmen. Der Autor stellt klar, dass Glücksgefühle dann entstehen, wenn wir unser Bestes tun. Das Gefühl des Erfüllt-Seins stellt sich dann ein, wenn wir unsere Möglichkeiten ganz ausschöpfen: "Das Aufgehen im eigenen Tun ist Freude und Genuss - das beschwingende Gefühl, ganz und lebendig zu sein." Und im Idealfall sollte es auch bei der Stellesuche darum gehen, einen Platz zu finden, wo man sich "Flow" verspricht, also Freude und Genuss bei der Arbeit.
Weiterführende Bücher
Berufsstrategie: Das Hesse/Schrader Bewerbungshandbuch - Alles, was Sie für ein erfolgreiches Berufsleben wissen müssen, Eichborn Verlag, Frankfurt/Main.
Berufsstrategie: Hesse/Schrader: Die perfekte Bewerbungsmappe für nicht perfekte Lebensläufe, Eichborn Verlag, Frankfurt/Main.
Hesse/Schrader: Die Neurosen der Chefs und wie Sie mit ihnen fertig werden, Serie Piper, Piper Verlag München.
Richard Nelson Bolles: Durchstarten zum Traumjob - Das Handbuch für Ein-, Um- und Aufsteiger, Campus Verlag, Frankfurt/Main.
Mihaly Csikszentmihalyi: Flow im Beruf - Das Geheimnis des Glücks am Arbeitsplatz, Klett-Cotta, Stuttgart.