Archiv


Tourismus an der Algarve-Küste

Die Küste der Algarve – für viele Synonym für einen zwar teuren aber paradisieschen Urlaub an weißen Stränden mit hohen Klippen und türkisfarbenem Wasser. Die Gegend im Süden Portugals ist die wichtigste Touristenregion des Landes mit knapp 10 Millionen Besuchern jährlich. Es gibt dort bereits rund 600.000 Touristenbetten, doch die Bauwut ist grenzenlos und droht Naturschätze zu zerstören.

Von Jochen Faget |
    Einst blühten hier im Frühling die Mandelbäume, jetzt wächst nur noch Beton: Bei dem Algarvestädtchen Almancil versprechen riesige Plakatwände an der Hauptstraße Luxusvillen direkt am Strand, werden Appartmentblöcke aus dem Boden gestampft. Auf viel zu engen Bürgersteigen drängen sich Fußgänger; Autohändler und verfallende Gewächshäuser verunstalten die Landschaft bis zum nächsten Schild, das einen neuen 'luxury seaside-resort’, eine weitere Feriensiedlung verspricht. Ein Paradies werde systematisch zerstört, warnt Nuno Lage von der Umweltschutzorganisation Quercus:

    "Die Ostalgarve ist schon nicht mehr viel besser als die Westalgarve. Nur noch wenige Küstenabschnitte sind unbebaut und für die meisten davon gibt es bereits genehmigte Bebauungspläne. Außer dem Waldgebiet von Monte Gordo, das Staatsbesitz ist, ist an der Ostküste von Natur nicht mehr viel übrig."

    Dabei war das Sotavento, die Gegend zwischen der Algarve-Hauptstadt Faro und der spanischen Grenze lange vom touristischen Wildwuchs verschont geblieben, gab es hier bis vor kurzem noch Fischerdörfer und unberührte Natur. Doch damit ist es - allen Gesetzen und Vorschriften zum Trotz – vorbei:

    "Der Staat hat zugelassen oder konnte nicht verhindern, dass in der Ostalgarve immer mehr öffentliche Grundstücke bebaut wurden,…"

    …erklärt Nuno Lage…

    "Das hat zu einem Gefühl der Straffreiheit geführt, das die Leute verleitet, noch mehr gegen Vorschriften zu verstoßen."

    Im Naturschutzgebiet Ria Formosa etwa, einem sensiblen, wattähnlichen Ökosystem mit vorgelagerten Inseln, das teilweise zum Natura-2000-Netzwerk der EU gehört. Dort wurden mehr als 1500 Ferienwohnungen gebaut – illegal natürlich und ohne dass irgendetwas dagegen unternommen wurde. Schlimmer noch: Die Häuser stehen und ein eigens ausgearbeiteter Küstenbebauungplan für die Ostalgarve ist nie in Kraft getreten:

    "Der Plan wurde schon vor zwei Jahren erstellt, aber nie veröffentlicht,…"

    … klagt Umweltschützer Lage…

    "Er existiert nur auf dem Papier, hat keinerlei legalen Wert."

    Der gesetzlich vorgeschriebene Raumordnungsplan für die gesamte Region Algarve leider auch nicht: Das 1991 aufgelegte Regelwerk wird seit Jahren überarbeitet, vorher wurde es ganz einfach - vor allem von den Gemeinden der Region – missachtet:

    "In den Ortsteilen Conceição und Cabanas werden verschiedene Tourismussiedlungen errichtet, obwohl sie zum Naturpark gehören, …"

    …weiß Rui Simeão, Bauzeichner aus dem Städtchen Tavira gleich nebenan….

    "Eines der Objekte ist bereits fertig und vollständig verkauft, obwohl noch eine Klage dagegen läuft. Ich kann mir nicht erklären, wie das möglich ist."

    Gegen den Tourismus hat die Natur fast nie eine Chance. Denn Feriensiedlungen lassen die Gemeindekassen klingeln – je mehr gebaut wird, desto mehr verdient die Kommune. Also weisen Stadtväter gern immer mehr Bauland aus – auch, wie im Fall Taviras, in Naturschutzgebieten. José Macário Correia, Bürgermeister von Tavira und Vorsitzender des Städteverbandes der Algarve, ist allerdings anderer Meinung:

    "Niemand kann behaupten, dass es keine Planung oder keine Regeln gibt. Im Gegenteil: Es gibt klare Richtlinien und die Raumordnungspläne werden gerade überarbeitet und verbessert."

    Genau darauf setzen jetzt die Umweltschutzorganisationen. Denn seit Februar hat Portugal eine neue Regierung, ist ein früherer Umweltminister Ministerpräsident. Der soll der Bauwut in der Ostalgarve jetzt Grenzen setzen.