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Träumen in Fremdsprachen

Biologie. - In einem französischen Safari-Park hat ein Forscherteam per Zufall eine erstaunliche Entdeckung gemacht: Die Delfine dort können singen wie Wale – ohne, dass sie jemals einen zu Gesicht bekommen hätten. Das französisch-deutsche Forscherteam ist der Sache auf den Grund gegangen und hat entdeckt: Wahrscheinlich lernen Delfine ganz ähnlich wie wir Menschen – im Schlaf.

Von Marieke Degen |
    Fünf Delfine schießen durch das Wasser. Auf Handzeichen schrauben sie sich meterhoch in die Luft, winken mit ihren Vorderflossen oder recken ihre Hinterflosse in die Höhe. Die Delfinshow ist die Attraktion im Planète Sauvage, einem Safari-Park in der Nähe von Nantes. Jeden Tag kommen Hunderte Besucher. Martine Hausberger ist Verhaltensforscherin an der Universität von Rennes, und auch für sie sind die Delfine eine echte Sensation: Sie können nämlich singen wie Buckelwale. Auch wenn das noch nie ein Zuschauer gehört hat. Die Delfine singen nämlich nur nachts.
    "Für uns war das eine große Überraschung."

    Eigentlich wollten Martine Hausberger und ihre Kollegen herausfinden, welche Geräusche Delfine in der Nacht machen. Darüber weiß man nämlich so gut wie nichts. Also haben sie Unterwassermikrofone ins Aquarium gehängt und hatten auf einmal sehr ungewöhnliche Laute auf dem Band.

    "Diese Laute haben sich extrem unterschieden von allen Geräuschen, die die Delfine tagsüber machen. Irgendwann haben wir bemerkt, dass diese Geräusche eher nach einem Wal klingen und nicht nach einem Delfin."

    So hört sich ein Buckelwal an. Und so klingen die Delfine bei Nacht. Doch wie haben die Delfine die Walgesänge gelernt? Sie haben ihr ganzes Leben in Aquarien verbracht und nie einen Buckelwal kennengelernt. Die Forscher haben die Quelle schnell gefunden: Es ist der Soundtrack, der während der Delfinshow gespielt wird. Im Soundtrack kommen auch Gesänge von Buckelwalen vor.

    "Wir wissen, dass Delfine Geräusche nachmachen können, wir sehen das vor allem bei Tieren in Gefangenschaft. Sie können das aber nur im direkten Kontext, also während sie das Geräusch hören. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Delfine andere Delfinarten nachahmen können, aber eben nur, wenn sie direkt mit ihnen zu tun haben. Dass Delfine Wale nachahmen, davon habe ich noch nie etwas gehört. Das ist neu. Und was noch verblüffender ist: Die Tiere haben die Walgesänge nicht nachgemacht, als sie den Soundtrack gehört haben - sondern Stunden später, in der Nacht."

    Die große Frage ist: Warum machen die Delfine das?

    "Als wir die Geräusche aufgenommen haben, waren die Delfine sehr ruhig. Sie sind ganz langsam geschwommen. Es könnte sein, dass sie sich ausgeruht oder vielleicht geschlafen haben um diese Zeit. Wir gehen davon aus, dass sie nachts ihre Erlebnisse, die sie während der Show hatten, wieder aufleben lassen. Und weil sie sich an die Show erinnern, machen sie die dazu passenden Geräusche. Für uns ist das die beste Erklärung."

    Die Delfine lernen eine Menge während der Show. Sie werden belohnt für das, was sie machen, und die Menschen um sie herum sind begeistert. Für die Tiere ist das wahrscheinlich alles sehr aufregend. Vielleicht können sie sich gerade deshalb so gut an die Show erinnern.

    "Das zeigt immerhin, dass sich die Tiere zeitversetzt an etwas erinnern können, und dass sie in der Lage sind, Geräusche auch außerhalb der Situation nachzuahmen. Es könnte auch sein, dass sie – wie wir Menschen – das Erlernte im Schlaf verarbeiten und sich dadurch vielleicht verbessern."

    Als nächstes wollen die Forscher herausfinden, ob die Delfine auch wirklich schlafen, wenn sie die Walgesänge anstimmen. Um sicherzugehen, will Martine Hausberger die Hirnaktivität der Delfine messen, mit einem EEG, wie beim Menschen. Doch dafür müssen die Forscher erst einmal ein delfintaugliches EEG entwickeln.