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"Tragen Sie einen Bademantel, Frau Ferres?"

Hat ein Sender wenig Zuschauer, so hat er zwei Möglichkeiten: er setzt komplett auf Billigproduktionen oder er versucht durch hochkarätige Angebote sein Image aufzupolieren. Der Sender "Das Vierte" geht letzteren Weg und hat sich die Interviewerlegende Paul Sahner ins Studio geholt. Keine gute Idee.

Von Bettina Schmieding | 10.03.2007
    Der Gottvater der Intimbeichte hat sie schon alle im Stuhl gehabt, den Foffi von Hohenzollern, den Boris, den Scharping, die Naddel. Paul Sahner ist eine Institution der deutschen Boulevard Presse, er kennt sie alle, duzt die meisten und weiß zu schweigen. Wenn er was schreibt, dann ist das oft unverschämt, aber nie langweilig. Sagt zumindest das Vierte, ein Sender, bei dem Sahner jetzt auch vor der Kamera Intimbeichten abnehmen darf. Im Vierten, das es wohl bei den wenigsten Zuschauer bisher tatsächlich auf Platz Vier der Fernbedienung gebracht hat, kann man übrigens schon ab Viertel nach acht "love" an die 77077 schicken.

    Aber dafür kann Herr Sahner ja nichts. Soll er seine Chance kriegen. Außerdem: Langweilige Talkshows gibt es schon genug, unverschämt wäre da mal schön.

    " Wie wird man La Ferres?"

    Gut, das saß jetzt nicht wirklich, aber er fängt ja auch erst an. Falls Sie es nicht gesehen haben: Gefilmt wird durch deckenhohe Fenster in die Kaminstube eines echten Hauses und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, da sieht es aus wie bei Sahners. 93 Kerzen, rote Ledersofas und nach zwei Minuten ist schon alles klar. In Amerika verdienen die Schauspieler viel besser, die Franzosen ehren diesen Berufsstand wirklich und Veronica Ferres hat kein Privatleben mehr.

    " Du kennst mich auch Paul. Ich kann immer nur so leben, wie ich leben will."

    Gut, dieser O-Ton an dieser Stelle ist nicht fair, weil aus dem Zusammenhang gerissen. Aber was war noch mal der Zusammenhang?

    " Könntest du dir vorstellen, dass ich nicht Paul Sahner bin, sondern Steven Spielberg und du bist hier zum Vorsprechen? Du hast eine Minute Zeit. Was prädestiniert dich für eine Hollywood-Produktion mit Steven Spielberg?"

    Das möchte La Ferres jetzt aber nicht sagen und erzählt lieber von den zwölf Filmen, die sie schon im Ausland gedreht hat. Auch gut, denkt da der Paul und fragt rasch nach etwas anderem.

    " Ist das Demut, die dein Leben prägt?"

    Boh, das war aber jetzt unverschämt. Was der sich alles traut.

    Wie lauft ihr zuhause rum, im Trainingsanzug oder im Bademantel?

    Ja, meine Damen und Herren, Frau Ferres scheut auch vor diesem Einblick in ihr Intimleben nicht zurück. Sie trägt in der Tat einen Bademantel. Manchmal, morgens. Dann wäre das auch geklärt.

    Und dann schwenkt Frau Ferres rasch vom Papst über Nelson Mandela zu Bill Clinton, denen sie schon mal die Hand schütteln durfte. Aber das ist Paul Sahner zu offiziell. Zur Erinnerung, er ist der, den die taz für den Gottvater der Intimbeichte hält und so kommt es zur unvermeidlichen Frage aller Fragen eigentlich sind es mindestens drei in einer.

    " Hat es bei den Dreharbeiten mit Depardieu mehr geknistert als hier im Kamin?"

    Oh oh

    " Gab es eine Beziehung, die für beide ausgebrochen ist oder hätte ausbrechen können."

    Eine Beziehung, die hätte ausbrechen können ... ?

    " Ich will nicht allzu indiskret sein."

    Ja, warum eigentlich nicht, dafür werden Sie doch seit Jahren von der Bunten bezahlt. Und wieso geht das im Fernsehen nicht? Weil alle zugucken, vielleicht? Okay, Herr Sahner, ich gucke in Zukunft weg.