" Musikbeispiel: Johann Sebastian Bach - "Dir, dir, Jehova, will ich singen""
So klang das Titelstück der ersten CD des Leipziger Calmus Ensembles. Im Frühjahr 2002 erschien sie. Unter dem Motto "Dir, dir, Jehova, will ich singen" bot sie geistliche Musik. Ein Jahr später kam dann eine weltliche CD mit dem Titel "farb töne" heraus, die mit einem begehrten Schallplattenpreis für a-cappella-Musik ausgezeichnet wurde. Auch bei Wettbewerben war man damals erfolgreich: Im März 2002 wurde das Sextett beim Deutschen Musikwettbewerb mit einem Stipendium des Deutschen Musikrates ausgezeichnet und in die Bundesauswahl "Konzerte junger Künstler" aufgenommen, die für eine ganze Reihe Konzertmöglichkeiten über Leipzig hinaus sorgte. Beim Internationalen Robert-Schumann-Chorwettbewerb errang das Ensemble den 1. Preis, erhielt später ein Stipendium einer Lübecker Stiftung und nahm schließlich im Juli 2003 an einem Meisterkurs der King's Singers im Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festivals teil. Und wie diese berühmte Vokalgruppe ist auch das Calmus Ensemble offen für das ganze Spektrum der Möglichkeiten vom Volkslied über Spirituals und Jazz bis zu Folk und Rock, von parodistischen Songs à la Comedian Harmonists über ernste Gregorianik bis zu zeitgenössischer Vokalmusik. Die dritte CD des Ensembles zeigt das große Spektrum in der zeitlichen Achse, denn sie spannt den Bogen über ein ganzes Jahrtausend von einem gregorianischen Kyrie bis zu einem im Sommer 2003 entstandenen "Madrigal". Dazwischen liegen Stationen im 14., 15. und 16. Jahrhundert mit Guillaume de Machaut, Guillaume Dufay, Palestrina und Orlando di Lasso und in der Romantik mit Giuseppe Verdi und Max Reger. Damit das Ganze nicht zu einer Art Potpourri geriet, beschränkte man sich auf geistliche oder zumindest ernste Texte und fand eine klug ausgesuchte Form, die sich am Ablauf einer Messe orientiert. In einer solchen Messe gibt es die immer wiederkehrenden so genannten Ordinarium-Teile Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus und Agnus Dei, die ja durch die Jahrhunderte von einer Vielzahl von Komponisten immer wieder neu vertont wurden.
" Musikbeispiel: Giovanni Pierluigi da Palestrina - Credo aus "Missa Papae Marcelli"
Und wo im Gottesdienst dazwischen die dem Tag eigenen speziellen Gebete eingefügt werden, erscheinen hier Kompositionen, die direkten Bezug auf die Messe nehmen oder ihr kommentierend gegenüber stehen. So zum Beispiel das Kyrie von Ensemble-Mitglied Ludwig Böhme, dem das gregorianische "Kyrie in festis duplicibus" zugrunde liegt.
" Musikbeispiel: Ludwig Böhme - Kyrie (über "Kyrie in festis duplicibus")"
Verblüffend die Treffsicherheit, mit der das Calmus Ensemble zwischen Dissonanzen und traditionellen Harmonien changiert, die große dynamische Bandbreite, mit der der Ruf aus der Tiefe, das "Herr, erbarme dich" hier verdeutlicht wird. Die beiden romantischen Stücke der CD hinterlassen dagegen einen zwiespältigen Eindruck. Verdis "Vater unser" kann in dieser Einspielung nicht überzeugen. Es mag ja ein ganz interessantes Experiment sein, dieses bei seiner Uraufführung mit hunderten von Sängerinnen und Sängern dargebotene Stück einmal in solistischer Besetzung zu probieren, aber abgesehen vom Einwand einer nicht historisch begründbaren Aufführungspraxis wirkt es fast schon anrührend-komisch, wenn einzelne Sänger die hier öfter vorgesehenen Unisono-Passagen vortragen, tapfer, aber doch mutterseelenallein auf weiter Flur. Dem Nachtlied von Max Reger kann das längst nicht so gefährlich werden, denn es ist nicht auf Operngestus und schmetternde Bühnenstimmen hin angelegt, sondern rechnet mit schönen, ausdruckstarken Ensemblestimmen. Hier glänzt das Calmus Ensemble denn auch mit großer Klangschönheit, bewegendem Legato und dichter Chromatik.
" Musikbeispiel: Max Reger - Nachtlied, op. 138 Nr. 3"
Das Calmus Ensemble Leipzig mit dem Nachtlied von Max Reger.
Besonders beeindruckend ist die Bonhoeffer-Motette von Manfred Schlenker. Ihr liegen zwei Gedichte aus dem Jahre 1944 zugrunde. Das erste, "Stationen auf dem Wege zur Freiheit", schrieb der von den Nazis internierte Geistliche und Widerstandskämpfer am Abend des 21. Juli 1944 in einer Zelle des Militärgefängnisses Berlin-Tegel, nachdem er die Nachricht vom Fehlschlag des Attentates auf Adolf Hitler erhalten hatte. Das andere mit dem Titel "Von guten Mächten" schrieb Dietrich Bonhoeffer zum Jahresende 1944. Komponist Manfred Schlenker gestaltete die innigen und zeitlosen Verse des Gedichts "Von guten Mächten" als Choräle, während die fordernden Anweisungen der "Stationen" als Spruchmotette mit deutlich dissonanterer Struktur konzipiert sind. Beide Gedichtvertonungen sind jede für sich einzeln aufführbar; die Tonarten sind aber darüber hinaus so aufeinander abgestimmt, dass auch eine gemischte Aufführung - wie hier produziert - möglich ist und mit ihren wirkungsvollen Kontrasten inhaltlicher und musikalischer Art auch Sinn macht.
" Musikbeispiel: Manfred Schlenker - Choral - Tod - Choral aus: Bonhoeffer-Motette"
Die neue Platte - in unserer heutigen Ausgabe dieser Reihe ging es um das Calmus Ensemble Leipzig und seine CD "Carmina fati", die beim Label Querstand erschienen ist. Zuletzt hörten Sie einen Ausschnitt aus der Bonhoeffer-Motette von Manfred Schlenker. Mit guten Wüschen für einen schönen Tag der Deutschen Einheit verabschiedet sich hier im Studio Ludwig Rink.
So klang das Titelstück der ersten CD des Leipziger Calmus Ensembles. Im Frühjahr 2002 erschien sie. Unter dem Motto "Dir, dir, Jehova, will ich singen" bot sie geistliche Musik. Ein Jahr später kam dann eine weltliche CD mit dem Titel "farb töne" heraus, die mit einem begehrten Schallplattenpreis für a-cappella-Musik ausgezeichnet wurde. Auch bei Wettbewerben war man damals erfolgreich: Im März 2002 wurde das Sextett beim Deutschen Musikwettbewerb mit einem Stipendium des Deutschen Musikrates ausgezeichnet und in die Bundesauswahl "Konzerte junger Künstler" aufgenommen, die für eine ganze Reihe Konzertmöglichkeiten über Leipzig hinaus sorgte. Beim Internationalen Robert-Schumann-Chorwettbewerb errang das Ensemble den 1. Preis, erhielt später ein Stipendium einer Lübecker Stiftung und nahm schließlich im Juli 2003 an einem Meisterkurs der King's Singers im Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festivals teil. Und wie diese berühmte Vokalgruppe ist auch das Calmus Ensemble offen für das ganze Spektrum der Möglichkeiten vom Volkslied über Spirituals und Jazz bis zu Folk und Rock, von parodistischen Songs à la Comedian Harmonists über ernste Gregorianik bis zu zeitgenössischer Vokalmusik. Die dritte CD des Ensembles zeigt das große Spektrum in der zeitlichen Achse, denn sie spannt den Bogen über ein ganzes Jahrtausend von einem gregorianischen Kyrie bis zu einem im Sommer 2003 entstandenen "Madrigal". Dazwischen liegen Stationen im 14., 15. und 16. Jahrhundert mit Guillaume de Machaut, Guillaume Dufay, Palestrina und Orlando di Lasso und in der Romantik mit Giuseppe Verdi und Max Reger. Damit das Ganze nicht zu einer Art Potpourri geriet, beschränkte man sich auf geistliche oder zumindest ernste Texte und fand eine klug ausgesuchte Form, die sich am Ablauf einer Messe orientiert. In einer solchen Messe gibt es die immer wiederkehrenden so genannten Ordinarium-Teile Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus und Agnus Dei, die ja durch die Jahrhunderte von einer Vielzahl von Komponisten immer wieder neu vertont wurden.
" Musikbeispiel: Giovanni Pierluigi da Palestrina - Credo aus "Missa Papae Marcelli"
Und wo im Gottesdienst dazwischen die dem Tag eigenen speziellen Gebete eingefügt werden, erscheinen hier Kompositionen, die direkten Bezug auf die Messe nehmen oder ihr kommentierend gegenüber stehen. So zum Beispiel das Kyrie von Ensemble-Mitglied Ludwig Böhme, dem das gregorianische "Kyrie in festis duplicibus" zugrunde liegt.
" Musikbeispiel: Ludwig Böhme - Kyrie (über "Kyrie in festis duplicibus")"
Verblüffend die Treffsicherheit, mit der das Calmus Ensemble zwischen Dissonanzen und traditionellen Harmonien changiert, die große dynamische Bandbreite, mit der der Ruf aus der Tiefe, das "Herr, erbarme dich" hier verdeutlicht wird. Die beiden romantischen Stücke der CD hinterlassen dagegen einen zwiespältigen Eindruck. Verdis "Vater unser" kann in dieser Einspielung nicht überzeugen. Es mag ja ein ganz interessantes Experiment sein, dieses bei seiner Uraufführung mit hunderten von Sängerinnen und Sängern dargebotene Stück einmal in solistischer Besetzung zu probieren, aber abgesehen vom Einwand einer nicht historisch begründbaren Aufführungspraxis wirkt es fast schon anrührend-komisch, wenn einzelne Sänger die hier öfter vorgesehenen Unisono-Passagen vortragen, tapfer, aber doch mutterseelenallein auf weiter Flur. Dem Nachtlied von Max Reger kann das längst nicht so gefährlich werden, denn es ist nicht auf Operngestus und schmetternde Bühnenstimmen hin angelegt, sondern rechnet mit schönen, ausdruckstarken Ensemblestimmen. Hier glänzt das Calmus Ensemble denn auch mit großer Klangschönheit, bewegendem Legato und dichter Chromatik.
" Musikbeispiel: Max Reger - Nachtlied, op. 138 Nr. 3"
Das Calmus Ensemble Leipzig mit dem Nachtlied von Max Reger.
Besonders beeindruckend ist die Bonhoeffer-Motette von Manfred Schlenker. Ihr liegen zwei Gedichte aus dem Jahre 1944 zugrunde. Das erste, "Stationen auf dem Wege zur Freiheit", schrieb der von den Nazis internierte Geistliche und Widerstandskämpfer am Abend des 21. Juli 1944 in einer Zelle des Militärgefängnisses Berlin-Tegel, nachdem er die Nachricht vom Fehlschlag des Attentates auf Adolf Hitler erhalten hatte. Das andere mit dem Titel "Von guten Mächten" schrieb Dietrich Bonhoeffer zum Jahresende 1944. Komponist Manfred Schlenker gestaltete die innigen und zeitlosen Verse des Gedichts "Von guten Mächten" als Choräle, während die fordernden Anweisungen der "Stationen" als Spruchmotette mit deutlich dissonanterer Struktur konzipiert sind. Beide Gedichtvertonungen sind jede für sich einzeln aufführbar; die Tonarten sind aber darüber hinaus so aufeinander abgestimmt, dass auch eine gemischte Aufführung - wie hier produziert - möglich ist und mit ihren wirkungsvollen Kontrasten inhaltlicher und musikalischer Art auch Sinn macht.
" Musikbeispiel: Manfred Schlenker - Choral - Tod - Choral aus: Bonhoeffer-Motette"
Die neue Platte - in unserer heutigen Ausgabe dieser Reihe ging es um das Calmus Ensemble Leipzig und seine CD "Carmina fati", die beim Label Querstand erschienen ist. Zuletzt hörten Sie einen Ausschnitt aus der Bonhoeffer-Motette von Manfred Schlenker. Mit guten Wüschen für einen schönen Tag der Deutschen Einheit verabschiedet sich hier im Studio Ludwig Rink.
Diskografische Angaben
CD 1:
Titel: "Dir, dir, Jehova, will ich singen"
Chor: Calmus Ensemble
Label: Querstand
Labelcode: LC 03722
Bestellnr.: VKJK 0204
CD 2:
Titel: "Carmina fati"
Chor: Calmus Ensemble
Label: Querstand
Labelcode: LC 03722
Bestellnr.: VKJK 0401