Mal eben dem Bus hinterherlaufen? Für einen Menschen mit Herzinsuffizienz ist das unmöglich. Selbst eine kleine Treppe kann für ihn schon zum unüberwindbaren Hindernis werden. Je schlimmer die Krankheit wird, desto schneller wird ihm die Luft knapp; bald ist er nicht mehr in der Lage, seinen Alltag zu bewältigen.
Ursachen für solch eine Herzschwäche gibt es viele: Jahrelang zu fettes Essen, Zigaretten, zu wenig Bewegung, Krankheiten oder manchmal auch einfach Veranlagung. Das Ergebnis ist immer das gleiche: Das Herz kann nicht mehr ausreichend Blut durch den Körper pumpen. Die Organe werden nicht mehr richtig versorgt, oft staut sich Wasser in der Lunge oder das Herz selbst gerät obendrein aus dem Takt.
Medikamente wie ACE-Hemmer oder Betablocker haben sich inzwischen als Therapie etabliert. Mit den Ergebnissen sind Mediziner wie Doktor Andrew Remppis, Oberarzt an der Ludolf-Krehl-Klinik in Heidelberg, allerdings noch nicht zufrieden:
Wir haben in den letzten 10 Jahren deutliche Therapieerfolge erzielt in der Kombination mit ACE-Hemmern, mit Betablockern, in Zukunft mit Sicherheit auch mit Statinen; wir haben nach der Kombination all dieser Therapiestrategien dennoch immer noch eine Sterblichkeit, die Vergleichbar ist mit Tumorerkrankungen.
Darum haben sich Forscher auf die Suche nach neuen Therapie-Ansätzen gemacht. Fündig geworden sind sie bei einem Stoff, den wahrscheinlich jeder kennt: Dem Kalzium. -- Kalzium sorgt unter anderem dafür, dass Muskeln sich zusammenziehen und wieder entspannen. Ist das Mineral frei innerhalb der Zellen vorhanden, zieht sich die Zelle zusammen; ohne freies Kalzium, entspannt die Zelle. Im Herzen läuft dieser Prozess in jeder einzelnen Zelle bei jedem einzelnen Schlag einmal ab. Nur wenn das Kalzium ständig im Fluss ist, kann es vernünftig pumpen.
Untersuchungen haben gezeigt, dass, egal welche Ursache der Herzinsuffizienz zu Grunde liegt, am Ende der Kalziumhaushalt der Kardiomyozyte, also der Herzmuskelzelle gestört ist.
Doktor Remppis und seine Kollegen haben herausgefunden, warum das so ist. Dazu haben sie Herzen untersucht, die so schwach waren, dass ihre Besitzer ein neues, ein Spenderherz brauchten. Und stellten fest: Diesen "unbrauchbar gewordenen" Organen fehlte ein ganz spezielles Eiweiß, das so genannte S100A1. -- S100A1 gehört zur großen Gruppe Kalzium bindender Proteine, von denen wir bisher über 250 verschiedene Proteine kennen, die das Kalziumsignal als Sensor entgegennehmen und dann in eine spezifische intrazelluläre Antwort übersetzen. Diese Proteine sind sozusagen die Übersetzer eines Kalziumsignals.
Um die Wirkung des Kalzium-Sensors S100A1 genauer zu untersuchen, haben die Mediziner eine ganze Reihe von Laborversuchen gemacht. Zunächst haben sie einzelnen, gesunden Herzmuskelzellen zu viel mehr S100A1 verholfen, als es eine normale Zelle hat.
Hier konnten wir beobachten, dass die Herzmuskelzellen, die etwas 5 mal so viel S100A1 produzierten wie die Kontrollzellkulturen deutlich schneller sich verkürzten und auch deutlich schneller wieder erschlafften.
Bei den Zellen mit zusätzlichem S100A1 floss viel mehr Kalzium viel schneller hin und her als bei den unbehandelten. Sie hatten also anscheinend genau das im Überfluss, was den Zellen in schwachen Herzen fehlt.
Bei gesunden Mäusen waren die Forscher ebenso erfolgreich: Mit zusätzlichen Kalzium-Sensoren waren sie gesund und aktiv wie vorher. Aber unter Belastung oder Stress waren ihre Herzen wesentlich leistungsfähiger: Ihre, wie der Fachmann sagt, kardiale Reserve war deutlich größer. Jetzt müssen Remppis und seine Kollegen noch beweisen, dass ihre Therapie nicht nur bei gesunden Herzen wirkt:
Wir sind derzeit dabei, en letztendlichen Beweis zu erbringen, dass der Gentransfer von S100A1 in der Tat auch das kranke Herz in seiner Funktion verbessern kann. So laufen derzeit Versuche am Infarktmodell der Ratte und des Kaninchens, den S100A1-Gentransfer als therapeutische Maßnahme zu erproben. Danach wird man dann auf ein größeres Tiersystem wechseln müssen, um im Vorfeld der Klinik ausreichend Daten zu gewinnen, ob dies z.B. auch am Schweinemodell nachzuvollziehen ist.
Wenn auch die Schweineherzen positiv und ohne schlimme Nebenwirkungen auf die Behandlung reagieren, dann endlich können die Mediziner daran denken, mit ihrer neuen Therapie auch Menschen zu behandeln. Bis die S100A1-Therapie zum Alltag für Herzkranke wird, kann es also noch eine Weile dauern. 5-10 Jahre bestimmt, rechnen die Experten.
Beitrag als Real-Audio
021112-Herzschwaeche.ram
Ursachen für solch eine Herzschwäche gibt es viele: Jahrelang zu fettes Essen, Zigaretten, zu wenig Bewegung, Krankheiten oder manchmal auch einfach Veranlagung. Das Ergebnis ist immer das gleiche: Das Herz kann nicht mehr ausreichend Blut durch den Körper pumpen. Die Organe werden nicht mehr richtig versorgt, oft staut sich Wasser in der Lunge oder das Herz selbst gerät obendrein aus dem Takt.
Medikamente wie ACE-Hemmer oder Betablocker haben sich inzwischen als Therapie etabliert. Mit den Ergebnissen sind Mediziner wie Doktor Andrew Remppis, Oberarzt an der Ludolf-Krehl-Klinik in Heidelberg, allerdings noch nicht zufrieden:
Wir haben in den letzten 10 Jahren deutliche Therapieerfolge erzielt in der Kombination mit ACE-Hemmern, mit Betablockern, in Zukunft mit Sicherheit auch mit Statinen; wir haben nach der Kombination all dieser Therapiestrategien dennoch immer noch eine Sterblichkeit, die Vergleichbar ist mit Tumorerkrankungen.
Darum haben sich Forscher auf die Suche nach neuen Therapie-Ansätzen gemacht. Fündig geworden sind sie bei einem Stoff, den wahrscheinlich jeder kennt: Dem Kalzium. -- Kalzium sorgt unter anderem dafür, dass Muskeln sich zusammenziehen und wieder entspannen. Ist das Mineral frei innerhalb der Zellen vorhanden, zieht sich die Zelle zusammen; ohne freies Kalzium, entspannt die Zelle. Im Herzen läuft dieser Prozess in jeder einzelnen Zelle bei jedem einzelnen Schlag einmal ab. Nur wenn das Kalzium ständig im Fluss ist, kann es vernünftig pumpen.
Untersuchungen haben gezeigt, dass, egal welche Ursache der Herzinsuffizienz zu Grunde liegt, am Ende der Kalziumhaushalt der Kardiomyozyte, also der Herzmuskelzelle gestört ist.
Doktor Remppis und seine Kollegen haben herausgefunden, warum das so ist. Dazu haben sie Herzen untersucht, die so schwach waren, dass ihre Besitzer ein neues, ein Spenderherz brauchten. Und stellten fest: Diesen "unbrauchbar gewordenen" Organen fehlte ein ganz spezielles Eiweiß, das so genannte S100A1. -- S100A1 gehört zur großen Gruppe Kalzium bindender Proteine, von denen wir bisher über 250 verschiedene Proteine kennen, die das Kalziumsignal als Sensor entgegennehmen und dann in eine spezifische intrazelluläre Antwort übersetzen. Diese Proteine sind sozusagen die Übersetzer eines Kalziumsignals.
Um die Wirkung des Kalzium-Sensors S100A1 genauer zu untersuchen, haben die Mediziner eine ganze Reihe von Laborversuchen gemacht. Zunächst haben sie einzelnen, gesunden Herzmuskelzellen zu viel mehr S100A1 verholfen, als es eine normale Zelle hat.
Hier konnten wir beobachten, dass die Herzmuskelzellen, die etwas 5 mal so viel S100A1 produzierten wie die Kontrollzellkulturen deutlich schneller sich verkürzten und auch deutlich schneller wieder erschlafften.
Bei den Zellen mit zusätzlichem S100A1 floss viel mehr Kalzium viel schneller hin und her als bei den unbehandelten. Sie hatten also anscheinend genau das im Überfluss, was den Zellen in schwachen Herzen fehlt.
Bei gesunden Mäusen waren die Forscher ebenso erfolgreich: Mit zusätzlichen Kalzium-Sensoren waren sie gesund und aktiv wie vorher. Aber unter Belastung oder Stress waren ihre Herzen wesentlich leistungsfähiger: Ihre, wie der Fachmann sagt, kardiale Reserve war deutlich größer. Jetzt müssen Remppis und seine Kollegen noch beweisen, dass ihre Therapie nicht nur bei gesunden Herzen wirkt:
Wir sind derzeit dabei, en letztendlichen Beweis zu erbringen, dass der Gentransfer von S100A1 in der Tat auch das kranke Herz in seiner Funktion verbessern kann. So laufen derzeit Versuche am Infarktmodell der Ratte und des Kaninchens, den S100A1-Gentransfer als therapeutische Maßnahme zu erproben. Danach wird man dann auf ein größeres Tiersystem wechseln müssen, um im Vorfeld der Klinik ausreichend Daten zu gewinnen, ob dies z.B. auch am Schweinemodell nachzuvollziehen ist.
Wenn auch die Schweineherzen positiv und ohne schlimme Nebenwirkungen auf die Behandlung reagieren, dann endlich können die Mediziner daran denken, mit ihrer neuen Therapie auch Menschen zu behandeln. Bis die S100A1-Therapie zum Alltag für Herzkranke wird, kann es also noch eine Weile dauern. 5-10 Jahre bestimmt, rechnen die Experten.
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