
Wirbelstürme im tropischen Pazifik und im Indischen Ozean haben ihre Zugbahnen in den letzten drei Jahrzehnten verlagert – weg vom Äquator in Richtung der Pole. Das legen die Ergebnisse der neuen Studie aus den USA nahe. Den Trend entdeckten die Forscher sowohl in globalen Wetteraufzeichnungen wie auch in eigenen Analysen, bei denen sie sich auf Satelliten-Beobachtungen stützen. Jim Kossin von der NOAA, der Fachbehörde für Ozean- und Atmosphärenüberwachung in den USA:
"Wir haben zunächst einmal herausgefunden, daß es den Trend sowohl auf der Nord- wie auch auf der Südhalbkugel gibt. Und daß sich die Stellen, an denen die Wirbelstürme ihre größte Stärke erreichen, polwärts verlagert haben. Also nach Süden auf der Südhalbkugel. Und nach Norden auf der Nordhalbkugel. Im Durchschnitt ist es ungefähr ein halber Breitengrad pro Jahrzehnt. Das sind rund 55 Kilometer, auf jeder der beiden Halbkugeln."
Am klarsten ist dieser Trend offenbar dort ausgeprägt, wo es die meisten und besonders starke Wirbelstürme gibt: im nördlichen Westpazifik. Die Zugbahnen dieser Taifune liegen im allgemeinen zwischen dem 5. und 30. Breitengrad und können mehrere Hunderte Kilometer breit sein. Wenn sich die Wirbelstürme im Nordwest-Pazifik vom Äquator entfernen, wie es scheint, dann sinkt das Risiko für Sturmfluten und Überschwemmungen in den inneren Tropen. An anderer Stelle dagegen steigt es. Kossin:
"Wir können da zum Beispiel über Küstenstädte in Japan sprechen. Es ist nicht so, daß ihnen Taifune fremd sind. Aber die Stürme könnten dort intensiver werden. In äquatornahen Regionen wie den Süd-Philippinen könnte die Wirbelsturm-Aktivität dagegen nachlassen.
Im Atlantik sieht die Sache ganz anders aus. Hier machen Hurricanes keine Anstalten, aus den inneren Tropen abzuwandern. Was Jim Kossin allerdings auch nicht überrascht:
"Der Atlantik benimmt sich ganz anders als die anderen Ozeane. Wirbelstürme sind hier in den letzten 30 Jahren eindeutig stärker, häufiger und langlebiger geworden. Solche Trends sehen wir anderswo nicht. Dahinter stecken vermutlich natürliche Zyklen sowie Schmutzpartikel in der Atmosphäre. Was immer es auch sein mag – es dominiert jedenfalls das Geschehen im tropischen Atlantik. Und wirkt so der Verlagerung von Hurricanes entgegen."
Der Spurwechsel der Wirbelstürme passt zu den Befunden von Klimaforschern. Die beobachten schon länger, daß sich die Tropen polwärts ausdehnen Und das in etwa mit der gleichen Geschwindigkeit, mit der auch die Wirbelstürme ihre Zugbahnen verlegen. Der gebürtige Chinese Qiang Fu, Professor für Atmosphärenwissenschaften an der Universität von Washington in Seattle:
"Wenn wir sagen, die Tropen bewegen sich polwärts, dann ist damit gemeint, daß sich die Hadley-Zellen ausdehnen. Das ist die Luft-Zirkulation in den Tropen und Subtropen."
Die Hadley-Zellen sind im Prinzip gigantische Windwalzen. Bei ihrer Ausdehnung nehmen sie offenbar die Wirbelstürme mit ins Schlepptau, könnte man sagen. Denn dabei verändern sich auch die Scherwinde über dem Ozean. Sie können Wirbelstürme regelrecht zerzausen und in ihrer Entwicklung bremsen. In den inneren Tropen wehen diese Scherwinde nun kräftiger. Deshalb verlagern sich die Sturmbahnen wahrscheinlich polwärts. Für die Expansion der tropischen Klimazone mitsamt der Hadley-Zellen werden verschiedene Ursachen diskutiert. Noch einmal Jim Kossin:
"Die meisten stimmen darin überein, daß Treibhausgase eine große Rolle spielen. Und daneben auch noch der Abbau der Ozonschicht und die Luftverschmutzung mit Staub-Partikeln. Lauter Einflüsse des Menschen."
Auch die Verlagerung der tropischen Taifune könnte also letztlich vom Menschen verursacht sein. Eine interessante These, die die Forscher aber noch untermauern müssen.