Biologie. - Der tropische Regenwald gilt als eines der artenreichsten Ökosysteme. Besonders faszinierend ist für uns Europäer die Vielfalt der exotischen, fremdartige Flora. Ein Beispiel dafür sind fleischfressende Pflanzen. Während sich in unseren Breiten lediglich Sonnentau oder der Wasserschlauch von Tieren ernähren, gibt es in Tropen fast hundert verschiedene Arten von ''Kannenpflanzen'', deren Fangeinrichtungen groß wie Bierhumpen sein können. Derartige Exoten haben deutsche Zoologen im tropischen Regenwald genauer studiert - und sie sind mit erstaunlichen Befunden zurückgekehrt.
Wenn einer eine Reise tut, dann bringt er meist ein Andenken mit nach Hause. So auch die Zoologen Marlis und Dennis Merbach. Nur müsste man in ihrem Fall eher von einem wissenschaftlichen Beleg-Exemplar sprechen. Marlis Merbach:
Das sind getrocknete Blätter von Nepenthes bicalcarata. Das ist eine Kannenpflanze, die auf Borneo wächst. Sie ist also fleischfressend, das heißt sie bekommt Stickstoff und Phosphor von Beutetieren, die in die Kannen plumpsen.
Braun und ledrig sehen die Blätter aus. In natura sind sie lindgrün, tulpengroß und tragen an ihrem Ende ein markantes, flüssigkeitsgefülltes Anhängsel, die Kanne eben. Das Ganze wirkt wie eine langstielige Tabakspfeife.
Die Insekten, die dann hineinfallen in diese Kannenflüssigkeit, werden dort zersetzt. Und die Pflanze nimmt sich dann mit ihrem Blattgewebe halt die Nährstoffe, die sie braucht, heraus
erklärt Marlis Merbach. Auf Borneo kommen die Kannen- und Kletterpflanzen besonders zahlreich vor. Es gibt um die 30 verschiedene Arten. Marlis Merbach verbrachte Monate auf der indonesischen Tropeninsel, für ihre Doktorarbeit an der Universität Frankfurt. Ihr Mann Dennis begleitete sie mehrfach. Er kümmerte sich vor allem um die fotografische Dokumentation. Das Forscher-Paar stieß auf neue faszinierende Facetten im Leben der exotischen Fleischfresser.
Beispiel Nepenthes bicalcarata. Ein deutscher Name für diese Art existiert nicht. Aber bekannt ist von ihr, dass sie - wie andere Kannenpflanzen auch - bewohnt wird. So entwickeln sich zum Beispiel Insektenlarven in den Kannen. Und dann ist da, sagt Marlis Merbach,...
... außerdem noch eine Ameise, die auch so als Mieter in der Pflanze lebt. Die auch dann in dieser Kannenflüssigkeit taucht und dort frisch hineingefallene Beute herausholt und zum Teil auch die anderen Mieter, also die Larven, fängt.
Dass Ameisen tauchen, ist schon ungewöhnlich. Doch mit dieser Art hat es noch eine weitere, besondere Bewandtnis. Sie ist Dauermieter und zieht ihre Brut in den Blattstielen der Kannenpflanze auf. Marlis Merbach glaubt, dass die Ameisen, wie es bei anderen Ameisenpflanzen auch der Fall ist, eine Art Schutztruppe sind:
In diesem Fall ist es eine ganz schwierige Geschichte. Sie müssen zum einen ja die Pflanze gegen Fraßfeinde beschützen. Zum anderen dürfen sie aber auch nicht so aggressiv sein. Das ist ja eine fleischfressende Pflanze. Und sie dürfen ja nicht verhindern, dass Beute auf die Pflanze draufkommt. Die müssen sämtliche anderen Besucher auf der Pflanze zulassen, außer denen, die der Pflanze schaden.
Tropische Türsteher-Ameisen also, mit einer selektiven Feind-Wahrnehmung:
Diese Tiere sind, was wir beobachten konnten, aggressiv gegenüber einem gewissen Rüsselkäfer, der die Kannen, wenn sie noch klein, noch Knospen sind, anbohrt und damit natürlich bei der Pflanze eine Katastrophe auslöst.
Eine Wohnung im Grünen mit angeschlossenem Schwimm- und Tauchbecken - genügt das, um Ameisen zu Mietern auf Lebenszeit zu machen? Offenbar nicht! Es fehlt noch die Vollpension. In die Kannen der Wirtspflanze ragen jeweils zwei spitze Blattfortsätze hinein. Sie sehen aus wie Vampirzähne. Und sollen größeren Tieren den Zugang zu den Kannen verwehren. Das hieß es jedenfalls bisher. Tatsächlich sind es wohl Energie-Zapfsäulen für die Wachmannschaft, sagt Marlis Merbach:
Wenn man diese zahnartigen Dolche 'mal aufschneidet und da genau reinguckt, sieht man, dass da riesengroße Nektarien drinsitzen. Und diese Nektarien produzieren halt einen Haufen Nektar. Diese Mieterameisen, die rennen da ständig hin und ernten da den Nektar ab.
Kannenpflanzen sind eigenwillige Geschöpfe. Mal leben sie in enger Symbiose mit Insekten, mal in reiner Räuber-Beute-Beziehung zueinander. Auch dafür haben die Merbachs Beispiele gefunden und darüber bereits im Januar berichtet, im britischen Fachmagazin "Nature". Darin beschreiben sie eine Kannenpflanze, die Termiten fängt. Nicht Dutzende, sondern Hunderte oder sogar Tausende - in einer Kanne!
Auch hier lockt die Tropenpflanze mit Nahrung: Die Termiten stürzen sich förmlich auf einen Saum weißer Haare am Kannenrand und weiden ihn ab. Warum, weiß kein Mensch. Doch die Pflanze hat ihren Nutzen davon: In dem Gedränge rutschen ständig Termiten über den Kannenrand und damit in ihr Verderben...
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Weitere Informationen zur Nephentes bicalcarata und ihren Verwanden sind auf der Homepage von Marlis und Dennis Merbach zu finden.
Wenn einer eine Reise tut, dann bringt er meist ein Andenken mit nach Hause. So auch die Zoologen Marlis und Dennis Merbach. Nur müsste man in ihrem Fall eher von einem wissenschaftlichen Beleg-Exemplar sprechen. Marlis Merbach:
Das sind getrocknete Blätter von Nepenthes bicalcarata. Das ist eine Kannenpflanze, die auf Borneo wächst. Sie ist also fleischfressend, das heißt sie bekommt Stickstoff und Phosphor von Beutetieren, die in die Kannen plumpsen.
Braun und ledrig sehen die Blätter aus. In natura sind sie lindgrün, tulpengroß und tragen an ihrem Ende ein markantes, flüssigkeitsgefülltes Anhängsel, die Kanne eben. Das Ganze wirkt wie eine langstielige Tabakspfeife.
Die Insekten, die dann hineinfallen in diese Kannenflüssigkeit, werden dort zersetzt. Und die Pflanze nimmt sich dann mit ihrem Blattgewebe halt die Nährstoffe, die sie braucht, heraus
erklärt Marlis Merbach. Auf Borneo kommen die Kannen- und Kletterpflanzen besonders zahlreich vor. Es gibt um die 30 verschiedene Arten. Marlis Merbach verbrachte Monate auf der indonesischen Tropeninsel, für ihre Doktorarbeit an der Universität Frankfurt. Ihr Mann Dennis begleitete sie mehrfach. Er kümmerte sich vor allem um die fotografische Dokumentation. Das Forscher-Paar stieß auf neue faszinierende Facetten im Leben der exotischen Fleischfresser.
Beispiel Nepenthes bicalcarata. Ein deutscher Name für diese Art existiert nicht. Aber bekannt ist von ihr, dass sie - wie andere Kannenpflanzen auch - bewohnt wird. So entwickeln sich zum Beispiel Insektenlarven in den Kannen. Und dann ist da, sagt Marlis Merbach,...
... außerdem noch eine Ameise, die auch so als Mieter in der Pflanze lebt. Die auch dann in dieser Kannenflüssigkeit taucht und dort frisch hineingefallene Beute herausholt und zum Teil auch die anderen Mieter, also die Larven, fängt.
Dass Ameisen tauchen, ist schon ungewöhnlich. Doch mit dieser Art hat es noch eine weitere, besondere Bewandtnis. Sie ist Dauermieter und zieht ihre Brut in den Blattstielen der Kannenpflanze auf. Marlis Merbach glaubt, dass die Ameisen, wie es bei anderen Ameisenpflanzen auch der Fall ist, eine Art Schutztruppe sind:
In diesem Fall ist es eine ganz schwierige Geschichte. Sie müssen zum einen ja die Pflanze gegen Fraßfeinde beschützen. Zum anderen dürfen sie aber auch nicht so aggressiv sein. Das ist ja eine fleischfressende Pflanze. Und sie dürfen ja nicht verhindern, dass Beute auf die Pflanze draufkommt. Die müssen sämtliche anderen Besucher auf der Pflanze zulassen, außer denen, die der Pflanze schaden.
Tropische Türsteher-Ameisen also, mit einer selektiven Feind-Wahrnehmung:
Diese Tiere sind, was wir beobachten konnten, aggressiv gegenüber einem gewissen Rüsselkäfer, der die Kannen, wenn sie noch klein, noch Knospen sind, anbohrt und damit natürlich bei der Pflanze eine Katastrophe auslöst.
Eine Wohnung im Grünen mit angeschlossenem Schwimm- und Tauchbecken - genügt das, um Ameisen zu Mietern auf Lebenszeit zu machen? Offenbar nicht! Es fehlt noch die Vollpension. In die Kannen der Wirtspflanze ragen jeweils zwei spitze Blattfortsätze hinein. Sie sehen aus wie Vampirzähne. Und sollen größeren Tieren den Zugang zu den Kannen verwehren. Das hieß es jedenfalls bisher. Tatsächlich sind es wohl Energie-Zapfsäulen für die Wachmannschaft, sagt Marlis Merbach:
Wenn man diese zahnartigen Dolche 'mal aufschneidet und da genau reinguckt, sieht man, dass da riesengroße Nektarien drinsitzen. Und diese Nektarien produzieren halt einen Haufen Nektar. Diese Mieterameisen, die rennen da ständig hin und ernten da den Nektar ab.
Kannenpflanzen sind eigenwillige Geschöpfe. Mal leben sie in enger Symbiose mit Insekten, mal in reiner Räuber-Beute-Beziehung zueinander. Auch dafür haben die Merbachs Beispiele gefunden und darüber bereits im Januar berichtet, im britischen Fachmagazin "Nature". Darin beschreiben sie eine Kannenpflanze, die Termiten fängt. Nicht Dutzende, sondern Hunderte oder sogar Tausende - in einer Kanne!
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