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TUDAG – Wissenschaft, die Geld einbringt

Professoren, Doktoranden und Assistenten erarbeiten wertvolles Wissen. Damit muss sich doch Geld verdienen lassen, dachte sich vor zwölf Jahren die TU Dresden und gründete eine eigene Aktiengesellschaft. Die "TUDAG" ist deutschlandweit einmalig und wirtschaftlich ausgesprochen erfolgreich.

Von Liane Shutov | 23.03.2012
    Wie eine aufgestellte, doppelköpfige Kobra: Die neue Tischlampe der Firma "Novaled" glänzt durch futuristisches Design in Bordeauxrot und Schwarz. Das tatsächlich Revolutionäre aber ist die Lichtquelle. Es ist eine hauchdünne Pulverschicht aus speziellen Kohlenstoff-Wasserstoff-Verbindungen. Diese organischen Leuchtdioden, kurz OLEDs, können zum Beispiel auf Glas oder Metall aufgedampft und in Smartphones, Fernseher oder eben auch Lampen eingebaut werden. Eine Idee, an der Wissenschaftler der TU Dresden schon Ende der 90er-Jahre erfolgreich forschten, so wie Jan Blochwitz-Nimoth als Doktorand:

    "Wir haben auch die Gefahr gespürt, dass die Dotierungstechnik, die wir entwickelt hatten, von anderen aufgekauft werden könnte oder einfach in die Schublade gelegt wird. Also, wir haben so gespürt, wir haben, da ein interessantes Projekt, ein Baby, was was werden kann, warum also nicht selbst probieren. Und es gab auch Interesse aus der Industrie und aus diesen ganzen Diskussionen heraus haben wir gesagt: Okay, dann gründen wir jetzt mal `ne Firma und schauen mal, wie wir die weiterentwickeln können."

    Der promovierte Physiker gehörte zu den drei Wissenschaftlern, die "Novaled" gründeten. Die dafür notwendigen Patente konnte die Firma zu ausgesprochen günstigen Konditionen von der Uni kaufen. Ganz grundsätzliche Unterstützung gab es dabei von der "TU Dresden Aktiengesellschaft" – kurz TUDAG, die sich bei aktuellen Ausgründungen auch am Stammkapital beteiligt. Ohne die Aktiengesellschaft wäre das Verwerten von Uni-Patenten bei Ausgründungen rechtlich extrem kompliziert, erklärt TUDAG-Vorstandsvorsitzender Ullrich Assmann:

    "Naja, wenn eine Uni sich selber beteiligen will, braucht sie auf jeden Fall erst einmal einen Rektoratsbeschluss, wahrscheinlich auch Hochschulrat. Sie muss dann das Wissenschaftsministerium fragen, sie muss das Finanzministerium fragen. So ein Start-up wandelt sich von einer GmbH in eine Aktiengesellschaft, will dann vielleicht einen Börsengang machen, wenn man sich da immer die ganzen Zustimmungen holen will, das ist ein endloser Lauf, wirklich nicht ratsam für eine Universität."

    Und so hatten die Dresdner im Jahr 2000 eine clevere Idee: Die gemeinnützige "Gesellschaft von Freunden und Förderern der TU" gründete eine Aktiengesellschaft, die dem Verein damals wie heute zu 100 Prozent gehört. Es entstand die TUDAG. Diese übernimmt als wirtschaftlich eigenständige Firma Aufgaben, die die TU aufgrund rechtlicher Regelungen nicht so flexibel und knallhart kalkuliert umsetzen kann. Darunter fallen Aufbaustudiengänge, Sprachkurse und Firmenausgründungen ebenso wie die Akquise von Forschungsaufträgen aus der Wirtschaft. Ehemalige Industriemanager besetzen Schlüsselpositionen bei der TUDAG, so wie der heutige Vorstand Ulrich Assmann, der verschiedene Führungsposten bei Siemens und SAP innehatte:

    "Man muss ein Verständnis für die Industrie haben, die tickt anders als die Wissenschaft. Das Zweite ist: Wir sind privatwirtschaftlich. Das heißt: Wir müssen wissen, dass wir jeden Monat unsere Gehälter und unsere Aktivitäten neu zu verdienen haben und drittens: Themen wie, Vertrieb, Finanzierung, Umwandlung von Gesellschaften oder an die Börse bringen, da sind wir einfach firm drin und das können wir natürlich echt beisteuern."

    Das Konzept geht auf: Seit Anfang an schreibt die TUDAG, die immer ohne Fördergelder auskommen und sich selbst tragen musste, schwarze Zahlen. Im vergangenen Jahre machte sie einen Umsatz von rund 37 Mio. Euro. Der Gewinn von circa 2,5 Millionen Euro vor Steuern wurde größtenteils wieder investiert, zum Beispiel in den Ausbau der ebenfalls als private Unternehmung der TUDAG geführten "Dresden International University". Die TU selbst erhielt über die "Gesellschaft von Freunden und Förderern" 250.000 Euro ausgezahlt, erzählt Rektor Hans Müller-Steinhagen:

    "Das Geld kommt vielen gemeinnützigen Aktivitäten der Uni zugute. Das heißt gerade, wenn wir von 210 sprechen, ist viel als Kofinanzierung in die Deutschlandstipendien investiert worden, weiterhin zum Beispiel für Auslandsreisen für Studierende und Doktoranten, die an Konferenzen teilnehmen wollen, musikalische Aktivitäten, wir haben auch Preise für beste Lehrleistungen. Es kommt der ganzen Uni zugute, es kommt immer darauf an, was für Anträge wir vorliegen haben."

    Darüber hinaus entstanden mehrere Hundert Arbeitsplätze zum einen bei der TUDAG selbst und zum anderen durch die Uni-Ausgründungen mit ihren High-Tech-Jobs. Und so profitiert letztlich die gesamte Region von der "Aktiengesellschaft der TU Dresden".