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Tüftler unter sich

Technik. - Der Nürnberger Trichter gilt schon seit Jahrhunderten als Synonym guter Ideen. Seit Mehr als einem halben Jahrhundert gilt Nürnberg aber auch als Marktplatz für Erfinder, die dort die Früchte ihrer. Arbeit ernten. Manche Erfindung wurde zunächst belächelt, dann ein Welterfolg. Heute öffnet die Fachmesse IENA ihre Tore auf dem Nürnberger Messegelände. Das Kürzel steht für "Ideen, Erfindungen, Neuheiten-Ausstellung".

Von Wolfgang Noelke |
    Ein Kaffee gefällig? Frisch geröstet? - Kein Problem, denn frischer geht's wirklich nicht mehr: Vor dem Luftstrahl eines modifizierten Heißluftgebläses rotiert eine durchlöcherte Edelstahltrommel - und darin: die Kaffeebohnen. Entweder Tasse für Tasse, oder für die ganze Kanne lässt sich mit der pfiffigen nicht ganz uneigennützigen Idee eines Bremer Kaffeerösters die Technik des Frühstückstisches aufrüsten. Oder duschen Sie morgens gern und lieben es, sich dabei den Rücken zu schrubben? Auch dieses Problem ist gelöst: Sie haben die Wahl zwischen dem Typ Autowaschbürste mit Schlauchanschluss, oder Sie entscheiden sich für den Duschhammer der Klaudia Wagenhofer. Sie entfernt noch schnell den im hohlen Hammerstil befindlichen Schraubenzieher - bevor sie den Hammer in einen Duschkopf verwandelt..:

    Mit diesem Hammer können Sie Schnitzel klopfen, Sie können mit dem Hammer hämmern, Sie können sich duschen und den Rücken gleichzeitig bürsten. Das ist eigentlich dafür gedacht, wenn man Campingurlaub macht.

    Es sind die kleinen Probleme des täglichen Lebens, für die in Nürnberg oft eine kuriose Lösung geboten wird - dennoch: der volkswirtschaftliche Faktor kleiner Erfindungen sei beträchtlich, sagt Beate Treu vom Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft:

    Es sind nicht immer nur High-Tech- Produkte, die ihren Weg in den Markt finden und somit mehr Wachstum und Arbeitsplätze schaffen. Mehr als ein Viertel des Gesamtumsatzes des verarbeitenden Gewerbes wird in Deutschland durch Neuheiten aus dem Lowtech- Bereich erwirtschaftet. Das heißt, es muss nicht immer der große Technikwurf sein, mit dem wirtschaftliche Erfolge erzielt werden.

    Die Basis dieser künftigen wirtschaftlichen Erfolge ist Nürnberg: Hier wurde der Vorläufer der Inline-Skates und das Skateboard vorgestellt, der Wasserstopper für die Toilettenspülung, die Antirutschmatte für den Kofferraum, die aufrollbare Hundeleine, der Unfalldatenschreiber sowie der Sicherheitsgurt für Autofahrer - Dinge, die heute zum täglichen Leben dazugehören, im Jahre ihrer Vorstellung oft genug zunächst Kopfschütteln verursachten. Heiß begehrt bei den Autoherstellern ist in diesem Jahr Andreas Kaiser: Fast alle Klein- und Kompaktwagen sind nämlich geeignet, darin auch Fahrräder zu transportieren, wenn man den Rücksitz nach vorn klappt und in die beiden nun am Boden liegenden Sitzverriegelungen die von Andreas Kaiser konstruierte Querschiene einrasten lässt: Fertig ist der Fahrradständer: Andreas Kaiser zeigt es und entfernt mittels Schnellspanner das Vorderrad seines Rades:

    Ich hebe jetzt über den Kofferraum das Fahrrad in den Innenraum. Das Fahrzeug selber ist ein Audi A3- Sportback, also, das ist schon sehr klein, aber selbst hier haben wir genügend Platz für die Fahrräder, um die zu befestigen. Ich befestige jetzt die Gabel des Fahrrad am Schnellspanner, der am Fahrradträger ist , und so habe ich einen ordentlichen Halt des Fahrrads im Innenraum. Es wird stehend transportiert. Also liegend würde ich auch keine zwei Fahrräder hineinbekommen. Stehend bekomme ich sogar bis zu vier Fahrräder in den Fahrzeuginnenraum.

    Höherer Verbrauch durch die starke Windlast vormals auf dem Dach montierter Fahrräder ist Vergangenheit, Einfahrten in Tiefgaragen sind wieder möglich und statt des teureren Stellplatzes auf Fähren oder Autozügen hat sich Andreas Kaisers sogenannter "Radstand" dann spätestens in diesem Fall amortisiert.

    Ob es nun noch die Handyladestation fürs Fahrrad ist, oder der unter dem Fahrradsattel aufrollbare Regenschutz - der Eingang für den Hasenstall, der die Hasen zwar rein lässt, den hungrigen Fuchs aber draußen, oder die Schubkarre mit zuschaltbarem Elektroantrieb. Selbst die Gardinenstange, die man zur Gardinenwäsche wie eine Theaterkulisse herunterlassen kann, oder die mittels Wasserdruck aus dem Gartenschlauch betriebene hydraulische Astschere. All die in Nürnberg ausgestellten Produkte sind sichtbarer Teil der 20.000 Gebrauchsmuster, oder der mehr als 24.300 Patente, die im letzten Jahr in Deutschland angemeldet wurden. Ab Samstag darf dann jeder sehen, was bis dahin nur Produzenten und Fachbesucher gezeigt wird.