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Türkisches Exilmagazin
"Özgürüz" jetzt auch gedruckt

Can Dündar ist türkischer Journalist, Dokumentarfilmer und Buchautor. Als Chefredakteur der Zeitung "Cumhuriyet" wurde er wegen eines kritischen Artikels angeklagt und verurteilt. Das war im Sommer letzten Jahres. Seither ist Dündar in Deutschland und veröffentlichte Anfang des Jahres ein türkisches Exil-Onlineportal: "Özgürüz". Jetzt erscheint es auch gedruckt.

Von Kai Rüsberg |
    Ein Mann mit grauen Haaren steht vor einer Bücherwand
    Der türkische Exiljournalist Can Dündar (dpa / picture alliance / Maurizio Gambarini)
    "Özgürüz means, we are free, wir sind frei"
    Can Dündar ist Gründer des Online-Magazins Özgürüz mit Sitz in Berlin. In der Türkei darf er wie hunderte andere Journalisten nicht mehr berichten. Nun will er aus Deutschland heraus die Stimme der freien Presse in der Türkei sein.
    "Özgürüz": "Wir sind frei"
    In einem Video präsentiert sich das Magazin auf seiner Webseite. Ein kleines Team von insgesamt elf Journalisten veröffentlicht hier Artikel auf Deutsch und Türkisch. Schon das Video macht klar, dass hier eine deutliche Sprache gesprochen und niemand mit Samthandschuhen angefasst wird. Die in Berlin produzierten Nachrichten sind für ein Publikum in der Türkei gedacht:
    "Özgürüz, die Stimme der anderen Türkei."
    Dündar versucht mit dem Portal Özgürüz die Informationen in seine Heimat zu senden, die er selbst vor Ort nicht mehr publizieren darf.
    Türken brauchen zusätzliche Informationsquellen
    "Die Türken brauchen diese investigativen Informationen, um die Zusammenhänge zu verstehen, wohin das Land driftet. Gleichzeitig richten wir uns an Deutsche, die sich für die Türkei interessieren: Investoren, Wissenschaftler, Journalisten. Sie sind unser Publikum."
    Ein großer Teil der Berichte stammt von Mitarbeitern aus der Türkei. Während die türkischsprachige Internetseite auf die Nachrichten-Versorgung von Menschen in der Türkei ausgerichtet ist, wendet sich die deutschsprachige an die hier lebenden Migranten. Jetzt ist erstmals auch ein gedrucktes zweisprachiges Magazin erschienen, das mehr Platz für hintergründige Geschichten bieten soll, erklärt Marghareta Bettoni, Redakteurin bei Özgürüz:
    "Ein Türkeistämmiger in der dritten Generation aus Bottrop, der interessiert sich jetzt nicht unbedingt für die Entwicklung der Sozialdemokraten in der Türkei, weil er eigentlich halt eher Deutschland kennt als sein eigenes Land. Deswegen haben wir zum Beispiel auch in unserem Magazin Themen, die wirklich auf Deutschland bezogen sind, wir haben einen Stück zum Beispiel über den NSU Skandal."
    Das Magazin besteht aus Hintergrundberichten über türkische Politik und die wirtschaftliche Situation, aber auch über Versäumnisse deutscher Terrorermittlungen. "Wir tauchen in die Tiefe", heißt es im Vorwort. Die erste Ausgabe soll zunächst dazu dienen, den Spendern und Abonnenten eine Gegenleistung zu bieten. Denn Özgürüz ist zur Zeit wesentlich auf Zuwendungen von verschiedenen Geldgebern angewiesen. Geldgebern wie der Bochumer GLS Treuhand. Geschäftsführer Hermann Falk:
    Internationaler Erfahrungsaustausch
    "Besonders interessant finde ich, dass auch die Journalisten grenzüberschreitend arbeiten, teils eben mit ausländischen Kollegen, teils wie Özgürüz aus Deutschland in die Türkei. Sein Optimismus, sein Mut inspiriert Menschen auch hier im Kleinen, was ich und Sie und alle bewirken können, auch mehr zu tun. Das heißt zum Beispiel auch eine kritische Öffentlichkeit zu schaffen."
    Das neue Magazin war noch gar nicht gedruckt, da entstand bereits die nächste Idee, sagt Marghareta Bettoni:
    "Özgürüz" will auch senden
    "Einer unserer Träume wäre halt, eine freie türkischsprachige und deutschsprachige Radiostation zu gründen, quasi weil wir eben das Gefühl haben, dass die Türkeistämmige Gemeinde in Deutschland sich zum größten Teil über türkische Medien informiert. Und wir möchten halt eine andere Stimme sein, eine nicht regierungsorientierte Stimme sein, die halt andere Nachrichten rausbringt."
    Im Gespräch ist auch, in Deutsch und auch von weiteren Standorten wie dem Ruhrgebiet zu senden. Der Start soll aber in Berlin sein, sagt Dündar.
    "Als ich nach Berlin kam, habe ich beobachtet, dass alle türkischen Taxifahrer türkisches Radio hören, aber nur mit Musik. Wir haben jetzt eine Sendelizenz beantragt, um sie zunächst per Radio und vielleicht anschließend per TV zu erreichen."
    Also auch einen Fernsehsender hat der umtriebige ehemalige Chefredakteur von "Cumhuriyet" in Planung. Dafür müssten aber zunächst dauerhafte Einnahmen gesichert werden. Das Magazin Özgürüz schließt hingegen melancholisch. Mit einer mehrseitigen düster gezeichneten Story im Comicstil, über einen Deutsch-Türken, der nach dem Putschversuch nach Istanbul zum Heimatbesuch kommt, und sich dort nicht mehr zurechtfindet.