Ein internationales Forscherteam um Armin Heils von der Klinik für Epileptologie an der Universität Bonn machte bei der Suche nach den Mechanismen dieser Krampfanfälle jetzt eine verblüffende Entdeckung. Wie das Fachmagazin "Nature Genetics" am Montag meldete, konnten die Neurowissenschaftler ein einzelnes Gen ausmachen, das für mehrere unterschiedliche Formen der Epilepsie verantwortlich zu sein scheint. Bei insgesamt 15 Prozent aller manifesten Krampfleiden soll das Gen namens CLCN2 beteiligt sein. Dazu gehören beispielsweise so genannte "Aufwach-Grand Mal"-Anfälle: Bei dieser klassischen Form epileptischer Krisen verlieren die Betroffenen das Bewusstsein und stürzen zu Boden, während die Muskulatur von heftigen Krämpfen erschüttert wird. Diese spezielle Form der Epilepsie erhielt ihre Bezeichnung aus dem Phänomen, besonders nach dem Aufwachen gehäuft aufzutreten. Doch auch bei weit weniger spektakulären Ausprägungen der Epilepsie, den so genannten Absencen, bei denen die Patienten nahezu träumerisch abwesend wirken, spielt CLCN2 offenbar ein Rolle. Diese Variante firmiert auch unter dem Namen "Hans guck in die Luft"-Phänomen, weil sie besonders bei Kindern auftritt, die dabei Kopf und Augen leicht in den Himmel eindrehen und überdies nicht auf Ansprache durch die Eltern reagieren.
Die Krampfanfälle sind Folge eines Ungleichgewichtes zwischen zwei antagonistisch angelegten Systemen von Nervenzellen. Während die Zellen des so genannten "erregenden" Systems sich permanent gegenseitig Impulse zusenden und so gegenseitig quasi anstacheln, besteht die Aufgabe des hemmenden Zellverbundes darin, die Fortleitung von Impulsen im erregenden System zu unterbinden und so in Bahnen zu halten. Diese Balance stört ein bestimmter Kanal für Chloridionen in der Zellwand der Nervenzellen, für den eben jenes Gen CLCN2 kodiert. Dieser defekte Ionentunnel sorgt für eine höhere Chlor-Konzentration innerhalb der Neurone. Dadurch aber wird die Wirkung des Botenstoffes aus dem hemmenden Zellsystem aufgehoben - der erregende Anteil der Nervenzellen wird quasi entfesselt. Damit beginnt die Ausbreitung einer Stimulationswelle im Gehirn, die in so verschiedene Symptome wie des Grand Mal oder einer Absence münden kann.
Doch das Gen entscheidet nicht allein über das Auftreten einer Epilepsie. So spielen nur bei rund 40 Prozent der Krampfleiden genetische Faktoren überhaupt eine Rolle. Überdies wird die Mehrzahl davon durch die Kombination vieler verschiedener Gene hervorgerufen. Umgekehrt verursacht nur in fünf Prozent der erblichen Epilepsien ein Gen allein die Krankheit. Trägt eine Person einen oder mehrere dieser Faktoren, muss es dennoch nicht zu einem Anfall kommen. Oft ereignen sie sich erst bei Hinzutreten von bestimmten Umwelteinflüssen wie etwa Schlafmangel oder Drogenkonsum. Eine direkte Auswirkung für Betroffene hat die Entdeckung von CLCN2 derzeit indes nicht. Doch es ist immerhin ein Puzzlesteinchen auf dem Weg zu einer genetischen Karte der Epilepsie, mit deren Hilfe zukünftig möglicherweise gezielt Medikamente hergestellt werden könnten.
[Quelle: Kristin Raabe]
Die Krampfanfälle sind Folge eines Ungleichgewichtes zwischen zwei antagonistisch angelegten Systemen von Nervenzellen. Während die Zellen des so genannten "erregenden" Systems sich permanent gegenseitig Impulse zusenden und so gegenseitig quasi anstacheln, besteht die Aufgabe des hemmenden Zellverbundes darin, die Fortleitung von Impulsen im erregenden System zu unterbinden und so in Bahnen zu halten. Diese Balance stört ein bestimmter Kanal für Chloridionen in der Zellwand der Nervenzellen, für den eben jenes Gen CLCN2 kodiert. Dieser defekte Ionentunnel sorgt für eine höhere Chlor-Konzentration innerhalb der Neurone. Dadurch aber wird die Wirkung des Botenstoffes aus dem hemmenden Zellsystem aufgehoben - der erregende Anteil der Nervenzellen wird quasi entfesselt. Damit beginnt die Ausbreitung einer Stimulationswelle im Gehirn, die in so verschiedene Symptome wie des Grand Mal oder einer Absence münden kann.
Doch das Gen entscheidet nicht allein über das Auftreten einer Epilepsie. So spielen nur bei rund 40 Prozent der Krampfleiden genetische Faktoren überhaupt eine Rolle. Überdies wird die Mehrzahl davon durch die Kombination vieler verschiedener Gene hervorgerufen. Umgekehrt verursacht nur in fünf Prozent der erblichen Epilepsien ein Gen allein die Krankheit. Trägt eine Person einen oder mehrere dieser Faktoren, muss es dennoch nicht zu einem Anfall kommen. Oft ereignen sie sich erst bei Hinzutreten von bestimmten Umwelteinflüssen wie etwa Schlafmangel oder Drogenkonsum. Eine direkte Auswirkung für Betroffene hat die Entdeckung von CLCN2 derzeit indes nicht. Doch es ist immerhin ein Puzzlesteinchen auf dem Weg zu einer genetischen Karte der Epilepsie, mit deren Hilfe zukünftig möglicherweise gezielt Medikamente hergestellt werden könnten.
[Quelle: Kristin Raabe]