Sie können ganz schön fies brüllen, der Nachtkönig und seine Armee der Untoten. Kein Wunder, denn in "Game of Thrones" repräsentiert der Nachtkönig das Böse, die ultimative Bedrohung, die potenzielle Vernichtung der gesamten Menschheit.
Wer die Welt in dem TV-Epos vor dem Nachtkönig retten kann, das ist nach mittlerweile sieben Staffeln noch immer nicht klar. Mehr noch, es ist eines der wesentlichen Rätsel von "Game of Thrones". Welche der zahlreichen Hauptfiguren ist am Ende der wahre Held der Serie – oder die wahre Heldin?
Noch sind so einige Namen im Rennen, und um sich die zweijährige Wartezeit vor der finalen Staffel zu vertreiben, stellen die Fans diverse Helden-Theorien auf – im Internet in Foren Blogs und Videos.
Fanvideo: "Innerhalb der Serie wird immer wieder von einem großen Erlöser gesprochen, der das Böse besiegt und die Ordnung in Westeros wiederherstellt."
Jesus Christus als Helden-Vorbild
Um diesen Erlöser ausfindig zu machen, suchen Fans unter anderem Parallelen zur realen Religionsgeschichte. Vor allem monotheistische Religionen kennen Erlösergestalten, die eines Tages eine neue, bessere Welt errichten sollen: der jüdische Messias, der christliche Messias, also Jesus Christus, oder im Islam der verborgene Imam Mahdi.
Im Westen ist das Erlösermotiv dermaßen kulturprägend, dass es hineinreicht bis in Science-Fiction und Fantasy. Von "Superman" bis "Harry Potter", von "Star Wars" bis "Herr der Ringe": Überall finden sich Erlöserfiguren, und sie weisen oft Attribute von Jesus Christus auf. Die Schablone der Erlöserfigur schlechthin wird übertragen auf Bücher, Filme, Serien. Auch in "Game of Thrones" suchen Fans also so eine jesushafte Figur – und sie werden fündig:
Fanvideo: "Sieben Staffeln lang hat ‚Game of Thrones‘ einen Helden aufgebaut; ihn vom herumgereichten Bastard zum gewählten Anführer erhoben; ihn vom angeblichen Verräter zum möglichen Auserwählten gemacht."
"Sie halten Dich für irgendeinen Gott"
Ein junger Mann mit Vollbart und langen Haaren, der von den Toten wiederaufersteht. Er praktiziert Nächsten- und sogar Feindesliebe, und wird vom "Geist" begleitet.
Serienausschnitt: "Sie halten Dich für irgendeinen Gott. Der Mann, der von den Toten zurückgekehrt ist."
Klarer Fall also, dieser nordische Jesus-Verschnitt wird in "Game of Thrones" die Welt vor dem Bösen retten. Sogar christliche Theologen haben Aufsätze darüber geschrieben. Aber liegen sie wirklich richtig? Denn wie das so ist bei Erlösern und Propheten: Immer gibt es Konkurrenz.
Eine junge Frau, die die Verdammten und Entrechten der Erde befreit und hinter sich vereint – und von ihnen "Mhysa" gerufen wird. Mhysa, das klingt fast wie Messiah, Maschiach, Messias. Den Fans ist das natürlich nicht entgangen.
"Wer wird die Welt retten?"
Sie zerbrechen sich außerdem den Kopf über eine weitere Erlöserfigur - und zwar eine fiktive, eine, die es in echten Religionen so nicht gibt, die in "Game of Thrones" aber eine zentrale Rolle spielt: Azor Ahai.
In der Serie – und vor allem in den Büchern dazu – ist das der prophezeite Retter der Welt. Er hat sich allerdings noch nicht offenbart – beziehungsweise ist von den Machern noch nicht offenbart worden. Also versuchen die Fans, es selbst herauszufinden: Welche der Figuren ist dieser Erlöser?
Fanvideo: "Wer wird die Welt retten? Wer zur Hölle ist eigentlich Azor Ahai?"
"In den alten Büchern steht geschrieben ..."
Autor George R. R. Martin hat hier und da Informationen über Azor Ahai gestreut, und die Fans werden so endgültig zu Exegeten: Wie Menschen seit Jahrtausenden die Bibel nach Hinweisen auf den Messias untersuchen, durchkämmt die weltweite Fangemeinde Martins Bücher nach Hinweisen darauf, wer der fiktive Erlöser Azor Ahai sein könnte.
Was also besagt die Prophezeiung über diesen Azor Ahai?
Serienausschnitt: "In den alten Büchern steht geschrieben: Dereinst zieht ein Krieger ein brennendes Schwert aus dem Feuer, und dieses Schwert soll Lichtbringer sein."
Wiedergeboren "inmitten von Salz und Rauch"
Noch ist dieses brennende Schwert allerdings nicht aufgetaucht. Also müssen die Fans sich an die weniger eindeutigen Aspekte der Prophezeiung halten. Azor Ahai hat die Welt vor tausenden Jahren bereits einmal gerettet. Und wenn die Menschheit erneut bedroht ist, soll er wiedergeboren werden "inmitten von Salz und Rauch".
Salz und Rauch – dieser Teil der Prophezeiung ist so vage, dass Fans ihn schon auf alle möglichen Figuren der Serie angewendet haben.
Fanvideo: "Man kann sich sogar Argumente für Sandor Clegane, Beric Dondarrion und Davos Seaworth aus den Fingern ziehen. Das werden wir hier aber nicht."
Der Böse als Erlöser?
Ein oder zwei Fans hätten das Ende der Serie bereits richtig vorhergesagt, erklärte Mastermind George R. R. Martin. Ändern will er es deshalb nicht – verraten aber natürlich auch nicht. Und so geht die quasi-religiöse Exegese weiter, bis das Epos zu Ende erzählt ist.
Die meisten Erlöser-Theorien werden sich dann als haltlos erweisen, als falsche Prophezeiungen. Das Publikum will erlöst werden, doch "Game of Thrones" wäre nicht, was es ist, wenn es ihm diesen Gefallen einfach so tun würde.
Vieles kommt in der Serie anders, als man es gewohnt ist von Hollywood und Co. – und wer weiß, vielleicht ist am Ende gar der vermeintliche Böse der gute Erlöser: nämlich der Nachtkönig. Auch diese Auslegung gibt es natürlich schon in der Fangemeinde.